Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 1
Die Tatbestände des sog. Banden- und gewaltsamen Schmuggels (§ 373 Abs. 2 AO) waren früher in §§ 146, 148 VZG (Vereinszollgesetz des Norddeutschen Bundes) vom 1.7.1869 geregelt. In § 146 VZG wurde die sog. Kontrebande (§ 134 VZG) – der heutige Bannbruch nach § 372 AO – und die sog. Defraudation (§ 135 VZG) – die heutige Zollhinterziehung (§ 370 AO) – im Falle bandenmäßiger Begehung unter zusätzliche Strafe gestellt; in § 148 VZG war eine Strafschärfung für die Fälle vorgesehen, in denen der Täter Waffen oder gefährliche Werkzeuge bei sich führte. Eine dem § 373 Abs. 1 AO entsprechende Regelung (gewerbsmäßiger Schmuggel) existierte hingegen nicht.
Rz. 2
Durch Gesetz zur Änderung der Reichsabgabenordnung vom 4.7.1939 sind die Bestimmungen der §§ 146, 148 VZG – in ihren tatbestandlichen Voraussetzungen im Wesentlichen unverändert – in die Reichsabgabenordnung (RAO) übernommen worden. Sie wurden durch Art. 1 Nr. 15 unter dem Oberbegriff Schmuggel zusammengefasst, um den bis dahin im Zoll- und Steuerstrafrecht unbekannten Tatbestand des gewerbsmäßigen Schmuggels erweitert und als § 401b in die RAO eingefügt.
Rz. 3
Durch das zweite Gesetz zur Änderung strafrechtlicher Vorschriften der Reichsabgabenordnung und anderer Gesetze (2. AO-StrafÄndG) vom 12.8.1968 erhielt der bisherige § 401b RAO die Paragraphennummer 397. Der Anwendungsbereich der Vorschrift wurde um die Hinterziehung von Eingangsabgaben (bisher lediglich "Zölle") erweitert. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten dadurch die in der Legaldefinition des § 1 Abs. 3 ZG näher bezeichneten Abgaben erfasst werden. Mit der Verwirklichung der Zollunion der Europäischen Wirtschaftsunion würde die "erweiterte Fassung" nach Meinung des Gesetzgebers "eine besondere Bedeutung gewinnen", da "durch den Schmuggel von Waren über die Binnengrenzen der Mitgliedstaaten innerhalb der Wirtschaftsgemeinschaft nur noch Umsatzausgleichsteuer und andere Verbrauchsteuern verkürzt werden". Darüber hinaus wurden in § 397 Abs. 2 Nr. 1 RAO die Worte "gemeinschaftlich mit ihnen" durch die Worte "mit mindestens zwei von ihnen" ersetzt.
Rz. 4
Durch die AO 1977 wurde die Strafschärfung für gewerbsmäßigen Bannbruch auf Zuwiderhandlungen gegen Monopolvorschriften beschränkt (§ 373 Abs. 1 AO). Dies bedeutet, dass gewerbsmäßige Zuwiderhandlungen gegen andere Ein-, Aus- und Durchfuhrverbote dem Strafrahmen des § 370 Abs. 1 und 2 AO (§ 372 Abs. 2 AO) unterliegen. § 373 Abs. 2 AO wurde gegenüber § 397 Abs. 2 RAO in verschiedenen Punkten geändert und dabei dem Wortlaut der Vorschrift des § 244 StGB über den Diebstahl mit Waffen und den Bandendiebstahl angepasst.
Rz. 5
Eine terminologische Angleichung der Vorschrift an den Zollkodex der Gemeinschaft erfolgte durch Art. 8 Nr. 25 des StÄndG 2001 vom 20.12.2001, in Kraft seit dem 23.12.2001. Der frühere Begriff "Eingangsabgaben" in § 373 Abs. 1 und 2 Nr. 1–3 AO wurde geändert in "Einfuhr- und Ausfuhrabgaben".
Rz. 6
Die seit dem 1.1.2008 geltende Fassung hat die Vorschrift durch das Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG vom 12.12.2007 erhalten. Hierbei nutzte der Gesetzgeber die Chance zur Vereinfachung und Bereinigung bislang umstrittener Problembereiche, vor allem der Wertungswidersprüche zwischen bandenmäßiger Umsatzsteuer- oder Verbrauchsteuerhinterziehung einerseits (§ 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 AO) und gewerbs- oder bandenmäßigem Schmuggel oder Steuerhehlerei (§§ 373, 374 AO) andererseits. Seitdem ist der – auch dem § 370 Abs. 3 AO angepasste und angehobene – Strafrahmen in § 373 Abs. 1 AO selbst ausdrücklich geregelt (s. Rz. 120). Gleiches gilt für die Versuchsstrafbarkeit in Abs. 3. Durch die Verweisung im neuen Abs. 4 sind auch Einfuhr- und Ausfuhrabgaben, die von anderen EU-Staaten oder EFTA-Staaten verwaltet werden, erfasst. Auch auf Auslandstaten findet § 373 AO Anwendung. Bei der bandenmäßigen Begehung gem. § 373 Abs. 2 Nr. 3 AO wurde auf das Merkmal der Tatausführung "unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds" verzichtet.
Rz. 7
Trotz der offenkundigen Parallelen zu den Qualifikationstatbeständen der §§ 244, 250 StGB (gegenüber §§ 242, 249 StGB) hat es der Gesetzgeber verabsäumt, im Rahmen des 6. StrRG 1998 und auch bei den zuletzt genannten Änderungen durch das Gesetz vom 21.12.2007 eine entsprechende vollständige Angleichung und Klarstellung einiger Streitfragen bei § 373 AO vorzunehmen (s. Rz. 10, 33, 58, 69).
Rz. 8– 9
Einstweilen frei.