Rz. 75
Jeder Stpfl. darf die Bearbeitung von steuerlichen Angelegenheiten auf Angestellte übertragen (z.B.: Mitarbeiter der Steuerabteilung), die eine hinreichende Sachkunde in Steuerfragen besitzen. Macht der Stpfl. von dieser Möglichkeit Gebrauch, so hat er sich innerhalb des ihm Möglichen und Zumutbaren zu vergewissern, ob die Hilfspersonen die ihnen übertragenen Arbeiten ordnungsgemäß ausführen. Namentlich trifft ihn insoweit eine Auswahl-, Unterweisungs- und Überwachungspflicht. Hierdurch soll die Zuverlässigkeit und die Sachkunde der Hilfskraft gewährleistet werden.
Kommt der Stpfl. einer dieser Pflichten nicht nach, so kann dies den Leichtfertigkeitsvorwurf i.S.v. § 378 AO begründen, vgl. das LG Hagen:
"Dieser Verantwortung kann er sich nicht mit dem Hinweis entziehen, daß er die Bearbeitung der steuerlichen Angelegenheiten und die Erstellung der Buchführung des Zeugen S. einem Angestellten übertragen habe, auf den er sich habe verlassen können. Der Angeklagte hat sich nicht darauf berufen, daß er diese Angestellten, darunter den seit 1955 für ihn tätig gewesenen Buchhalter F., bei ihrer Anstellung oder als er ihnen die Arbeiten für den Zeugen S. übertrug, auf ihre Kenntnisse und Fähigkeiten überprüft und ordnungsgemäß eingewiesen hat. Die Art, wie die Angelegenheiten des Zeugen bearbeitet worden sind, zeigt auch, daß das nicht der Fall gewesen sein kann. Der Angeklagte hat darüber hinaus eingeräumt, daß er sich während der gesamten Zeit mit der Sache S. nicht persönlich befaßt habe. Es wäre aber seine Pflicht gewesen, sich jedenfalls stichprobenartig und wenigstens bei der Erstellung der Jahreserklärung davon zu überzeugen, daß seine Angestellten den ihnen erteilten Auftrag ordnungsmäßig und ohne Verstoß gegen die steuerlichen Bestimmungen bearbeiteten. Wäre das geschehen, dann hätte er angesichts seiner Qualifikation als Helfer in Steuersachen und der äußerst mangelhaft geführten Bücher auch ohne weiteres erkannt, daß der buchmäßige Nachweis nicht erbracht war und somit die Großhandelsvergünstigungen nicht in Anspruch genommen werden konnten. Das gilt auch, soweit für die Jahre 1954 und 1955 die Umsatzsteuererklärungen anhand der Aufzeichnungen des Zeugen S. erstellt worden sind. Daß der Angeklagte solche Stichproben über einen Zeitraum von fünf Jahren nicht gemacht hat, läßt erkennen, wie leicht er es sich jedenfalls in diesem Falle mit der Erledigung des ihm erteilten Auftrages gemacht hat."
Voraussetzung für ein vorwerfbares Verhalten ist aber stets, dass positiv feststeht, dass auch ein sorgfältiges Verhalten, d.h. die angemessene Durchführung von Stichproben und sonstigen Überwachungsmaßnahmen, gerade die konkret vorgeworfenen Steuerverkürzungen verhindert hätte. Schwierigkeiten hinsichtlich dieses Nachweises ergeben sich dann, wenn dem Stpfl. bzw. dem steuerlichen Berater nicht ganz konkrete, auf spezielle Geschäftsvorfälle bezogene Überwachungsmaßnahmen, sondern nur allgemein die Zuverlässigkeit und sachgerechte Arbeit des Mitarbeiters überwachende Maßnahmen obliegen. Eine Verantwortlichkeit nach § 378 AO ist nicht gegeben, wenn nicht mit Sicherheit geklärt werden kann, dass die allgemeine stichprobenweise Überwachung gerade auch den Verkürzungsvorgang betroffen hätte. Die Aufsichtspflichtverletzung kann aber u.U. als Ordnungswidrigkeit nach § 130 OWiG (s. § 377 Rz. 171 ff.) geahndet werden.
Rz. 76
Im Einzelnen ist der Stpfl. zunächst gehalten, die mit der Erledigung seiner steuerlichen Angelegenheiten betrauten Mitarbeiter sorgfältig auszuwählen und hierbei auf eine angemessene Aus- und Vorbildung zu achten, d.h. sich schon bei der Einstellung von den Fähigkeiten und Kenntnissen der Anzustellenden zu überzeugen. Eine erhöhte Sorgfaltspflicht besteht, wenn der Mitarbeiter zur Erledigung seiner Aufgaben über keine ausreichenden Kenntnisse verfügt.
Der Umfang der Überwachung richtet sich zum einen nach der Qualifikation der Angestellten und zum anderen danach, ob der Stpfl. in der Vergangenheit im Rahmen einer Betriebsprüfung auf etwaige Mängel aufmerksam gemacht worden ist. Eine stichprobenweise Prüfung der den Angestellten übertragenen Aufgaben ist stets durchzuführen, auch wenn der Stpfl. diese für zuverlässig hält. Die Nachprüfungspflicht ist umso größer, je mehr Grund zu der Annahme besteht, die Hilfskräfte seien unzuverlässig oder ihrer Aufgabe fachlich nicht gewachsen. Unabhängig hiervon sind zu Beginn des Beschäftigungsverhältnisses umfassendere Kontrollen angezeigt als nach erfolgter Bewährung des Mitarbeiters. Ändern sich die tatsächlichen Verhältnisse (z.B. starkes Anwachsen der Betriebsbelegschaft), so muss sich der Betriebsinhaber vergewissern, ob der bisher mit einer bestimmten Aufgabe Betraute auch den gestiegenen Anforderungen genügt.
Hat sich der Stpfl. eines zuverlässigen Gehilfen bedient, auf den er sich verlassen durfte, weil er dessen Arbeitsweise in angemessenen Abständen überprüft hatte, so wird ihm regelmäßig Le...