Rz. 9
Während bei § 370 AO (jedenfalls in der Begehungsvariante des Abs. 1 Nr. 1 und 2) jedermann Täter bzw. Teilnehmer an einer Steuerhinterziehung sein kann (s. § 370 Rz. 80 ff.), wendet sich § 378 AO in allen Tatalternativen nur an bestimmte Tätergruppen. Normadressaten sind der Stpfl. und Personen, die die Angelegenheiten eines Stpfl. wahrnehmen. Der Täterkreis wird noch durch § 9 OWiG auf die gesetzlichen Vertreter des Stpfl. erweitert (zur Bedeutung des § 9 OWiG im Rahmen des § 378 AO s. Rz. 28). Nur diesen Gruppen angehörende Personen können Täter einer leichtfertigen Steuerverkürzung sein. Es handelt sich hierbei um ein besonderes persönliches Merkmal i.S.d. § 9 Abs. 1 OWiG. § 378 AO ist ein Sonderdelikt.
Rz. 10
Allerdings kann der Begriff des Sonderdelikts im Ordnungswidrigkeitenrecht nur mit Einschränkungen gebraucht werden. Im Strafrecht ist für das Sonderdelikt typisch, dass, wenn mehrere eine Tat gemeinsam begehen, Täter nur derjenige sein kann, der die Täterqualifikation hat. Die anderen können nur Gehilfen oder Anstifter sein. Im Ordnungswidrigkeitenrecht gilt dieser Grundsatz nicht. Hier können alle an der Tat Beteiligten als Täter verfolgt werden, wenn nur einer von ihnen die Täterqualifikation aufweist (sog. Einheitstäterbegriff, vgl. § 14 Abs. 1 Satz 2 OWiG; s. § 377 Rz. 65 ff.); eine Unterscheidung zwischen Tätern und Teilnehmern gibt es nicht.
Für § 378 AO ist die Regelung des § 14 Abs. 1 Satz 2 OWiG jedoch ohne Bedeutung. Der Begriff des "sich Beteiligens" ist finaler Natur und ohne Vorsatz nicht denkbar. "Beteiligen" setzt begrifflich ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken voraus. § 14 OWiG ist daher nur anwendbar, wenn alle, die sich an der Tat beteiligen, vorsätzlich handeln. Daraus ergibt sich, dass nach § 14 OWiG weder eine fahrlässige Beteiligung an der vorsätzlich begangenen Tat eines anderen noch die vorsätzliche Teilnahme an der fahrlässigen Tat eines anderen (s. § 377 Rz. 67 ff.) mit Geldbuße geahndet werden kann. Bei einer Fahrlässigkeitstat wie § 378 AO ist eine Beteiligung i.S.d. § 14 OWiG daher ausgeschlossen (s. auch § 377 Rz. 66). Allerdings kann bei vorsätzlicher Beteiligung eines Außenstehenden an der leichtfertigen Steuerverkürzung eine Steuerhinterziehung, begangen in mittelbarer Täterschaft, in Betracht kommen.
Zwar können mehrere Personen ohne bewusstes und gewolltes Zusammenwirken eine Steuerverkürzung leichtfertig herbeiführen. Dann liegt aber keine Beteiligung, sondern fahrlässige Nebentäterschaft (s. § 377 Rz. 68) vor, auf die § 14 OWiG nicht anwendbar ist. Jeder Nebentäter ist gem. § 378 AO nur zu verfolgen, wenn er unter eine der o.g. Tätergruppen fällt.