Rz. 54

[Autor/Stand] Seit dem AO-Änderungsgesetz vom 11.5.1956[2] kann die nicht vorsätzliche Steuerverkürzung nur noch geahndet werden, wenn der Täter leichtfertig gehandelt hat. Einfache Fahrlässigkeit genügt nicht mehr. Ob ein Stpfl. leichtfertig gehandelt hat, ist im Wesentlichen Tatfrage, über die i.d.R. die Strafgerichte durch den Tatrichter entscheiden. Im summarischen Prozesskostenhilfe-Beschwerdeverfahren, in dem der BFH auch Tatsachengericht ist, unterliegt diese Frage allerdings der vollen Nachprüfung und Beurteilung durch den BFH[3]. Allgemein sind die FG für die Prüfung zuständig, ob eine leichtfertige Steuerverkürzung oder eine Steuerhinterziehung vorliegt, wenn es sich um eine Vorfrage im Rahmen der Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Steuerbescheide handelt. Insoweit gelangen die Prüfungsmaßstabe der AO und der FGO zur Anwendung[4].

Seit der Einführung der neuen Schuldform sind Rspr. und Schrifttum bemüht, der Leichtfertigkeit zwischen Vorsatz einerseits und einfacher Fahrlässigkeit andererseits einen fest umrissenen Platz zuzuweisen[5]. Eine allgemein anerkannte Lösung dieses Problems hat sich jedoch bisher nicht abgezeichnet. In der Praxis knüpfen die Ermittlungsbehörden oft an Sorgfaltspflichtverletzungen an, ohne dann aber hinreichend zwischen einfacher Fahrlässigkeit und Leichtfertigkeit zu unterscheiden. Dies gilt auch für die Abgrenzung zwischen Leichtfertigkeit und bedingtem Vorsatz.

[Autor/Stand] Autor: Heuel, Stand: 01.09.2022
[2] BGBl. I 1956, 418.
[3] BFH v. 17.3.2000 – VII B 39/99, BFH/NV 2000, 1180; zur sog. Übernahme-Rspr. der FG vgl. Beyer, NWB 2015, 3307.
[5] Zum europäischen Begriff der "Steuerhinterziehung" bzw. des "Steuerbetrugs" s. Prätzler, jurisPR-SteuerR 28/2021 Anm. 6 zu EuGH v. 14.4.2021 – C-108/20, ECLI:EU:C:2021:266, UR 2021, 433 m. Anm. Pflaum (10. Kammer).

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