Rz. 66
Liegen die Voraussetzungen der Norm vor, besteht im Regelfall ein Verfahrenshindernis und erfolgt die Ahndung der Tat statt durch Strafe oder Geldbuße durch einen Zollzuschlag. Das Gesetz ("sollen") enthält insoweit eine ermessenslenkende gesetzliche Regelung. Anders als nach § 32 Abs. 2 ZollVG a.F., wonach auch bei Ordnungswidrigkeiten kein Ermessensspielraum bestand und bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen ein zwingend zu beachtendes Verfahrenshindernis vorlag, ist nicht mehr obligatorisch von einer weiteren Verfolgung der Tat abzusehen. Vielmehr haben die Strafverfolgungs- bzw. Ordnungsbehörden unter Beachtung des Opportunitätsprinzips (vgl. § 47 OWiG) eine ermessensgerechte Entscheidung über die Nichtverfolgung der Tat zu treffen und können in begründeten, restriktiv zu handhabenden Ausnahmefällen durchaus zu dem Ergebnis gelangen, dass eine Strafverfolgung geboten erscheint.
Rz. 67
Nach der gesetzgeberischen Intention, dass bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen von § 32 ZollVG die Tat nicht weiter verfolgt werden soll, bedarf es somit praktisch einer Begründung für die Ausnahmefälle, in denen die Annahme eines Verfahrenshindernisses seitens der Verfolgungsbehörden als unangemessen angesehen und daher abgelehnt wird. Möglich dürfte dies etwa in Fällen sein, in denen geringfügige, an sich die Anwendung von § 32 ZollVG rechtfertigende Steuerdelikte binnen eines kurzen Zeitraums wiederholt bzw. nachhaltig im Sinnr einer gewerbsmäßigen Betätigung begangen werden. Als Orientierungsmaßstab könnte insoweit § 32 Abs. 2 Nr. 2 ZollVG a.F. dienen, wonach kein Verfahrenshindernis eingetreten ist, wenn innerhalb von sechs Monaten zum wiederholten Mal der Tatbestand einer Steuerstraftat verwirklicht wurde.
Rz. 67.1
Die Nichtverfolgung einer Tat nach § 32 ZollVG führt zu keinem Strafklageverbrauch, so dass die Tat noch geahndet werden kann, wenn sich erst später herausstellt, dass ein Ausschlusstatbestand nach Abs. 2 der Norm (s. Rz. 64) vorliegt.
Rz. 68
Auf der Rechtsfolgenebene bestimmt § 32 Abs. 3 ZollVG, dass im Falle der Nichtverfolgung einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit i.S.v. § 32 Abs. 1 ZollVG ein Zollzuschlag bis zur Höhe der festzusetzenden Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben oder Verbrauchsteuern, höchstens jedoch bis zu 250 EUR, erhoben werden kann. Der Höchstbetrag des Zuschlags orientiert sich an der Wertgrenze nach Abs. 1 der Norm, bis zu der überhaupt ein Verfolgungshindernis eintreten kann. Hierbei handelt es sich um eine abstrakt-generelle Grenze, so dass auch insoweit die individuellen wirtschaftlichen Verhältnisse des Steuerschuldners außer Betracht bleiben.
Rz. 69
Der Zollzuschlag ist weder Zoll noch Bußgeld oder Säumniszuschlag. Er ist vielmehr eine abgabenrechtliche Sanktion eigener Art, der zusammen mit den entstandenen Abgaben in einem einheitlichen Steuerverfahren erhoben wird und dazu bestimmt ist, den Betroffenen zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten anzuhalten. Aufgrund des sanktionsähnlichen Charakters des Zuschlags ist ein gesondertes Verfahren zur Verfolgung der Zuwiderhandlung entbehrlich.
Rz. 69.1
Die im Einzelfall festzusetzende Höhe des Zollzuschlags orientiert sich regelmäßig am Verkürzungsbetrag.
Rz. 70
Das Gesetz stellt darüber hinaus in § 32 Abs. 3 ZollVG klar, dass der Zuschlag bis höchstens 250 EUR nicht nur in Fällen eines Verfahrenshindernisses nach § 32 Abs. 1 ZollVG, sondern auch dann festgesetzt werden kann, wenn die Wertgrenzen nach dieser Norm überschritten sind, dennoch – und grundsätzlich unabhängig von der Höhe des verkürzten Steuerbetrags – aus Opportunitätsgründen die Einstellung eines Steuerstrafverfahrens oder eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens gem. § 153 StPO bzw. § 398 AO erfolgt. Damit soll eine Besserstellung von Tätern, bei denen die Anwendung von § 32 Abs. 1 ZollVG ausscheidet, deren Verfahren aber dennoch eingestellt werden, vermieden werden.