Rz. 17
Nach § 398a Abs. 1 Nr. 1 AO hat der Tatbeteiligte die aus der Tat zu seinen Gunsten hinterzogenen Steuern, die Hinterziehungszinsen nach § 235 AO und die Zinsen nach § 233a AO, soweit sie auf die Hinterziehungszinsen nach § 235 Abs. 4 AO angerechnet werden, fristgemäß nachzuentrichten. Im Hinblick auch die Zinsen gem. § 233a AO ist die erst kürzlich ergangene Entscheidung des BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit der Zinsen zu beachten. Mit Beschluss vom 8.7.2021 hat das BVerfG die Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen mit jährlich 6 % ab dem Jahr 2014 für verfassungswidrig erklärt. Allerdings soll das bisherige Recht für bis einschließlich in das Jahr 2018 fallende Verzinsungszeiträume weiter anwendbar sein. Der Gesetzgeber ist jedoch verpflichtet, bis zum 31.7.2022 eine verfassungsgemäße Neuregelung zu treffen.
Durch die Formulierung "hinterzogene Steuern" stellt der Wortlaut des § 398a Abs. 1 Nr. 1 AO zunächst klar, dass sich die Nachzahlungspflicht auf den Betrag beschränkt, den der Täter oder Teilnehmer unmittelbar durch die Steuerhinterziehung erlangt hat. Hierzu zählen nur die vorsätzlich hinterzogenen Steuern, etwaige infolge der Selbstanzeige aufgedeckte Mehrsteuern, die unverschuldet, fahrlässig oder leichtfertig verkürzt wurden, werden nicht erfasst. Die Nachentrichtungspflicht für hinterzogene Steuern und Hinterziehungszinsen nach § 398a Abs. 1 Nr. 1 AO bezieht sich nicht nur auf den strafbefangenen Zeitraum, sondern auf den gesamten Berichtigungsverbund i.S.d. § 371 Abs. 1 Satz 2 AO.
Rz. 18
Nach § 398a AO a.F. war die Nachentrichtung von Hinterziehungszinsen nicht Bedingung für das Absehen von der Strafverfolgung, da die Zinsen nicht vom Gesetzeswortlaut umfasst waren. Die anderslautende Gesetzesbegründung zu § 398a AO aF widersprach dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut. Infolge der Änderung des § 371 Abs. 3 AO zum 1.1.2015 wurde auch die fristgerechte Nachzahlung der Zinsen (Hinterziehungszinsen nach § 235 AO und die Zinsen nach § 233a AO, soweit sie auf die Hinterziehungszinsen nach § 235 Abs. 4 AO angerechnet werden) in § 398a Abs. 1 Nr. 1 AO aufgenommen.
Die Zahlung sonstiger steuerlicher Nebenleistungen wie Verspätungszuschläge (§ 152 AO), Stundungszinsen (§ 234 AO) oder Säumniszuschläge (§ 240 AO) ist dagegen keine Voraussetzung der Verfahrenseinstellung.
Rz. 19
Ferner ist nach § 398a Abs. 1 Nr. 1 AO nur die "zugunsten" des Tatbeteiligten hinterzogene Steuer nachzuentrichten. Dies setzt voraus, dass ihm bei wirtschaftlicher Betrachtung ein unmittelbarer Vorteil aus der Tat zugeflossen ist, was bei der fremdnützigen Steuerhinterziehung regelmäßig nicht der Fall ist. Insoweit wird im Einzelnen auf die Ausführungen zu § 371 Rz. 298 ff. verwiesen. Im Verhältnis mehrerer Tatbeteiligter untereinander gilt demnach, dass jeder nach § 398a Abs. 1 Nr. 1 AO nur die Steuern entsprechend der Höhe des eigenen wirtschaftlichen Vorteils zu entrichten hat. Soweit ein Tatbeteiligter – wie häufig der Teilnehmer – keine Steuern zu eigenen Gunsten hinterzogen hat, bleibt das Absehen von der Verfolgung nach § 398a AO für diesen Tatbeteiligten unabhängig von der erfolgten Steuernachzahlung.
Rz. 20
Bei der Bestimmung der Höhe der nach § 398a Abs. 1 Nr. 1 AO nachzuentrichtenden Steuer ist nicht auf den Nominalbetrag der verkürzten Steuer im strafrechtlichen Sinne abzustellen. Wie bei § 371 Abs. 3 AO (s. § 371 Rz. 328) findet das Kompensationsverbot aufgrund des Schadensausgleichsgedankens insoweit keine Anwendung. Andernfalls käme es zu einer Überzahlung von Steuern, die der Fiskus mangels Rechtsgrundes für das Behaltendürfen (§ 37 Abs. 2 Satz 1 AO) zurückerstatten müsste. Demgegenüber ist zu beachten, dass bei § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO und damit bei der Frage, ob der Anwendungsbereich des § 398a AO überhaupt eröffnet ist, das Kompensationsverbot anzuwenden ist (s. § 371 Rz. 776).
Rz. 21
Die Nachentrichtung von Steuern und Zinsen kann auch durch Dritte erfolgen und muss nicht zwingend durch denjenigen geleistet werden, der den wirtschaftlichen Vorteil erlangt hat. Auch stellt eine Nachentrichtung durch einen Dritten weder eine Begünstigung (§ 257 StGB) noch eine Strafvereitelung (§ 258 Abs. 1 StGB) dar.