Rz. 19
Die Erläuterungen zum Legalitäts- und Opportunitätsprinzip und ihren Ausnahmen (s. § 397 Rz. 4; § 385 Rz. 62 ff., 559 ff.) haben aufgrund der generellen Verweisungsvorschrift des § 399 Abs. 1 AO auch für die Finanzbehörde Gültigkeit. Die Finanzbehörde ist bei einem Anfangsverdacht, d.h. bei Vorliegen zureichender und tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Steuerstraftat zur Einleitung des Steuerstrafverfahrens verpflichtet (§ 386 Abs. 1, § 399 Abs. 1 AO i.V.m. § 152 Abs. 2, § 160 Abs. 1 StPO; zum Anfangsverdacht s. § 397 Rz. 5 f.).
Die Verfahrenseinleitung ist nach § 397 Abs. 2 AO unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, unter Angabe von Datum und Uhrzeit in der Ermittlungsakte zu vermerken (s. § 397 Rz. 37) und nach § 397 Abs. 3 AO dem Betroffenen spätestens mitzuteilen, wenn er aufgefordert wird, an der Sachverhaltsaufklärung mitzuwirken (s. § 397 Rz. 38 ff.).
Rz. 20
Im Falle der Nichtverfolgung trotz bestehenden Anfangsverdachts einer Steuerstraftat droht den zuständigen Beamten eine Strafbarkeit wegen Strafvereitelung im Amt (§ 258a StGB; entsprechende Verfahren sind in der Praxis indes eher die Ausnahme). Bei Kenntniserlangung bzgl. einer Nichtsteuerstraftat ist ein Finanzbeamter allerdings – soweit keine gesetzliche Mitteilungspflicht bzw. -berechtigung besteht (vgl. etwa § 4 Abs. 5 Nr. 10 Satz 3 EStG oder § 108 Abs. 1 Satz 2 StPO) – im Rahmen der allgemeinen Grundsätze verpflichtet, auf das Allgemeindelikt gerichtete geeignete Aufklärungsmaßnahmen zu ergreifen oder die Staatsanwaltschaft entsprechend zu informieren (s. § 386 Rz. 174). Keine Pflicht zum Einschreiten besteht zudem in Fällen privater Kenntniserlangung von einer einfachen Steuerhinterziehung.
Rz. 21
Ebenso wie die Staatsanwaltschaft ist die Finanzbehörde als selbständige Ermittlungsbehörde zur Objektivität verpflichtet, d.h. sie muss sowohl die belastenden als auch die entlastenden Umstände ermitteln (vgl. § 160 Abs. 2 StPO).
Rz. 22
Ungeachtet der nach wie vor geäußerten Zweifel an ihrer Rechtsgültigkeit orientiert sich die Finanzbehörde im Steuerstrafverfahren praktischerweise an den vom BMF mittlerweile jährlich aktualisierten, aufgrund gleich lautender Erlasse in allen Bundesländern geltenden Anweisungen für das Straf- und Bußgeldverfahren (Steuer) (AStBV (St), s. AStBV Rz. 0 ff.) als "Handlungsanweisung" (s. ausf. Vor § 385 Rz. 25 ff.).
Rz. 23– 39
Einstweilen frei.