Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 129
Sofern die Ermittlungen zwar genügenden Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage geben, die Strafsache aber zur Behandlung im Strafbefehlsverfahren nicht geeignet erscheint, muss die FinB die Akten der StA vorlegen (§ 400 Halbs. 2 AO; Nr. 89 Abs. 1 AStBV (St) 2020; s. AStBV Rz. 89). Dies folgt aus dem Legalitätsprinzip (§ 152 Abs. 2 StPO). Bei der Vorlage hat die FinB das wesentliche Ermittlungsergebnis übersichtlich zusammenfassend darzustellen und i.d.R. auch rechtlich zu würdigen (Nr. 89 Abs. 2 AStBV (St) 2020). Der Abschlussvermerk hat dabei in der Praxis bereits die Form des Entwurfs einer Anklageschrift. Die Darstellung soll der Gewichtigkeit des Falles entsprechen.
Dem Beschuldigten steht gegen die Abgabe kein Rechtsbehelf zur Verfügung (s. § 386 Rz. 131).
Rz. 130
Erhebt die StA daraufhin Anklage, hat sie der FinB die Anklageschrift mitzuteilen (§ 403 Abs. 3 AO). Im anschließenden gerichtlichen Verfahren ist die FinB befugt, die dem Gericht vorliegenden Akten einzusehen und beschlagnahmte oder sonst sichergestellte Gegenstände zu besichtigen (§ 395 Satz 1 AO). Sie kann dem Gericht ferner die Gesichtspunkte vortragen, die von ihrem Standpunkt aus für die Entscheidung von Bedeutung sind (§ 407 Abs. 1 Satz 1 AO). Dies gilt insb. dann, wenn das Gericht eine Verfahrenseinstellung beabsichtigt (§ 407 Abs. 1 Satz 2 AO). Der Hauptverhandlungstermin und der Termin einer Vernehmung durch einen beauftragten oder ersuchten Richter (§§ 223, 233 StPO) sind der FinB rechtzeitig mitzuteilen (§ 407 Abs. 1 Satz 3 AO). In der Hauptverhandlung ist der Vertreter der FinB auch berechtigt, Fragen an Angeklagte, Zeugen und Sachverständige zu richten (§ 407 Abs. 1 Satz 5 AO). Auf Verlangen ist ihm auch das Wort zu erteilen (§ 407 Abs. 1 Satz 4 AO). Der FinB sind das Urteil und sonstige das Verfahren abschließende Entscheidungen mitzuteilen (§ 407 Abs. 2 AO). Dagegen ist die FinB nicht befugt, Rechtsmittel gegen gerichtliche Entscheidungen einzulegen. Insoweit kann sie nur der StA eine (für diese aber unverbindliche) Anregung in dieser Richtung geben.
Rz. 131
Erscheint der StA die Sache zur Behandlung im Strafbefehlsverfahren dagegen geeignet, so ist sie zwar nicht verpflichtet, die Sache zurückzugeben, sie muss aber der FinB den Antrag auf Erlass eines Strafbefehls mitteilen (§ 403 Abs. 3 AO). Ein Verstoß hiergegen führt aber nicht zur Unwirksamkeit des weiteren Verfahrens (s. § 403 Rz. 29, 44).
Rz. 132
Sofern die StA weitere Ermittlungen durchführt, ist die FinB befugt, daran teilzunehmen (§ 403 Abs. 1 Satz 1 AO; Nr. 92 AStBV (St) 2020; s. AStBV Rz. 92). In diesem Fall sollen ihr Ort und Zeit der Ermittlungshandlungen rechtzeitig mitgeteilt werden (§ 403 Abs. 1 Satz 2 AO). Dem Vertreter der FinB ist zu gestatten, Fragen an Beschuldigte, Zeugen und Sachverständige zu richten (§ 403 Abs. 1 Satz 3 AO). Die StA kann auch weitere Ermittlungen durch ihre Ermittlungspersonen anstellen lassen (s. § 385 Rz. 73 ff.; § 404 Rz. 111; Nr. 91 Abs. 5 AStBV (St) 2020; s. AStBV Rz. 91) oder die ansonsten zuständige FinB mit den Ermittlungen beauftragen (§ 402 AO, s. die Erl. ebenda; Nr. 91 Abs. 5 AStBV (St) 2020).
Rz. 133
Bezweifelt die StA dagegen das Vorliegen eines genügenden Anlasses zur Erhebung der öffentlichen Klage und beabsichtigt sie aus diesem Grund, das Verfahren einzustellen, so hat sie die FinB vorher zu hören (§ 403 Abs. 4 AO; Nr. 92 Abs. 4 AStBV (St) 2020; s. AStBV Rz. 92).
Rz. 134
Bei Meinungsverschiedenheiten hat die FinB allein die Möglichkeit einer Gegenvorstellung oder Dienstaufsichtsbeschwerde bei dem jeweiligen Dezernenten. Stellt die StA das Verfahren gem. § 170 Abs. 2 StPO mangels Tatverdachts ein, kann die FinB hiergegen nicht mit dem Klageerzwingungsverfahren vorgehen (s. § 403 Rz. 39).
Rz. 135
Einstweilen frei.