Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 165
Einspruchsberechtigt ist der durch den Strafbefehl betroffene Angeklagte. Daneben kann auch der gesetzliche Vertreter des Angeklagten für diesen selbständig – selbst gegen dessen Willen – Einspruch einlegen (§ 410 Abs. 1 Satz 2, § 298 StPO).
Rz. 166
Für den Angeklagten kann auch der Verteidiger – aber nicht gegen dessen ausdrücklichen Willen – Einspruch einlegen (§ 297 StPO).
Umstritten ist, ob der als Verteidiger tätige steuerliche Berater für seinen Auftraggeber den Einspruch einlegen darf (s. dazu m.w.N. § 392 Rz. 72).
Nach einer Ansicht endet die Befugnis des steuerlichen Beraters zur Alleinverteidigung mit der Stellung des Antrags auf Erlass eines Strafbefehls durch die FinB. Diese Einschränkung ergebe sich aus § 392 Abs. 1 AO, wonach Angehörige bestimmter steuerberatender Berufe zu Verteidigern gewählt werden können, "soweit die FinB das Strafverfahren selbständig durchführt". § 392 AO verweist damit auf die Vorschrift des § 386 Abs. 2 AO, die die Grenzen aufzeigt, welche der FinB gesteckt sind, wenn diese das Ermittlungsverfahren selbständig durchführt. Im Grundsatz ist dem zuzustimmen, da die Vorschrift des § 400 AO, wonach die FinB den Erlass eines Strafbefehls beantragen kann, eine der Grenzen der selbständigen Ermittlungsbefugnis darstellt (s. § 392 Rz. 71 ff.).
Mit dieser Feststellung ist jedoch noch nicht entschieden, dass der von einem Steuerberater eingelegte Einspruch unzulässig ist. Ein steuerlicher Berater kann, auch wenn er nicht mehr zur Verteidigung des Beschuldigten befugt ist, den Einspruch als dessen Vertreter einlegen. Die Begriffe Verteidigung und Vertretung sind streng voneinander zu trennen. Der Verteidiger eines Beschuldigten ist nicht notwendig dessen Vertreter. Wenn auch eine Vermutung dafür besteht, dass der Verteidiger eines Beschuldigten zu seiner Vertretung befugt ist, so können darüber hinaus durchaus noch weitere Personen in Vollmacht des Beschuldigten handeln.
Wenn also ein steuerlicher Berater, der im von der FinB geführten Ermittlungsverfahren als Verteidiger des Beschuldigten tätig gewesen ist, Einspruch gegen den Strafbefehl einlegt, so ist im Zweifel davon auszugehen, dass er dies als Vertreter des Beschuldigten getan hat.
Teilweise wird die Einspruchsbefugnis des steuerlichen Beraters auch daraus hergeleitet, dass die FinB zu diesem Zeitpunkt das Verfahren gem. § 406 Abs. 1 AO noch selbständig führe (s. auch Rz. 11, 123, 152, 158).
Rz. 167
Im Fall der gleichzeitig verhängten Verbandsgeldbuße ist neben dem Angeklagten auch das hiervon betroffene Unternehmen gem. § 444 Abs. 2 StPO als Nebenbeteiligter zur selbständigen Einlegung eines Einspruchs berechtigt.
Rz. 168
Kein Einspruchsrecht hat die StA. Dies folgt aus § 409 Abs. 3 StPO, der weder § 296 StPO noch die §§ 301, 303 StPO für anwendbar erklärt.
Demgemäß steht auch der FinB kein Einspruchsrecht zu, da sie keine weitergehenden Rechte als die StA haben kann. Dies ergibt sich aus § 406 AO, wonach die FinB die Rechte und Pflichten der StA wahrzunehmen hat, wenn sie den Erlass eines Strafbefehls beantragt.