Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 27
Ebenso wie für § 435 StPO ist nach § 401 AO das Verfahren von der Stellung eines entsprechenden Antrags abhängig. Ohne einen solchen Antrag kommt das Verfahren nicht in Gang. Es handelt sich um eine Art Klageerhebung. Er ist nur dann nicht erforderlich, wenn der Betroffene auf die Herausgabe verzichtet hat. Aus dem Wortlaut der Vorschrift ("kann") ist zu entnehmen, dass die FinB nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden haben, ob ein Antrag i.S.d. § 401 AO zu stellen ist. Es handelt sich insoweit um eine Erscheinungsform des Opportunitätsprinzips. Welche Gründe im Einzelfall für oder gegen die Stellung des Antrags nach § 401 AO sprechen können, lässt sich nicht verbindlich festlegen, sondern ist nach den besonderen Umständen des anstehenden Falls zu entscheiden. Von dem Antrag kann abgesehen werden, wenn das Erlangte nur einen geringen Wert hat oder das Verfahren einen unangemessenen Aufwand erfordern würde (§ 435 Abs. 1 Satz 2 StPO).
Rz. 28
Die Möglichkeit zur Rücknahme des Antrags wird man in entsprechender Anwendung des § 391 StPO bejahen können. Kommt es hingegen zur Hauptverhandlung (§ 436 StPO), endet für die FinB nach § 406 Abs. 2 AO die Möglichkeit zum selbständigen Tätigwerden. An ihre Stelle tritt die StA, die nunmehr gem. § 156 StPO gehindert ist, den Antrag ohne weiteres zurückzunehmen. Das muss jedenfalls von dem Zeitpunkt an gelten, wo die Verhandlung über den sachlichen Teil des Antrags begonnen hat.
Rz. 29
Bezüglich des Inhalts des Antrags verweist § 435 Abs. 2 StPO auf § 200 StPO. Daraus ergeben sich folgende Anforderungen:
- Schriftform des Antrags: Antragsschrift.
- Genaue Bezeichnung des Gegenstands der Einziehung oder des Geldbetrags, der dessen Wert entspricht: Dies ist zwingend geboten, weil andernfalls eine Vollstreckung der Entscheidung nicht oder nur sehr schwer möglich ist (§ 435 Abs. 2 Satz 1 StPO).
- Nennung der Tatsachen, die die Zulässigkeit des selbständigen Verfahrens begründen (§ 435 Abs. 2 Satz 2 StPO).
- Gründe der Nichtanordnung des subjektiven Verfahrens (s. näher Rz. 31, 32).
- Genaue Bezeichnung der Person, deren Verfolgung bzw. Verurteilung nicht erfolgen kann (Name, Geburtsdatum, Geburtsort, Beruf, Adresse, Familienstand; falls vorhanden auch ein Verteidiger).
- Bezeichnung Dritter, die von der Einziehung betroffen sind (s. näher Rz. 38).
- Angaben über die Straftat nach Zeit und Ort der Begehung.
- Gesetzliche Merkmale der Straftat.
- Anzuwendende Strafvorschriften.
- Bei § 76a Abs. 2, § 74b StGB: ergänzende Ausführungen zu der Frage, warum eine Gefahr im Sinne der letztgenannten Vorschrift anzunehmen ist.
- Bei § 76a Abs. 4 StGB: Ausführungen zur deliktischen Herkunft des sichergestellten Gegenstands und zu dem Vorliegen eines "groben Missverhältnisses" zwischen dessen Wert und den rechtmäßigen Einkünften des Betroffenen (vgl. § 437 StPO).
- Beweismittel (z.B. Zeugen, Sachverständige).
- Soweit nicht nach § 200 Abs. 2 Satz 2 StPO verzichtbar, auch das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen: Hier genügt eine zusammenfassende Schilderung des Geschehensablaufs, wie er sich nach den Feststellungen der FinB darstellt. Da im Zeitpunkt der Antragstellung nicht auszuschließen ist, dass es zu einer Hauptverhandlung kommen wird (vgl. § 436 StPO), empfiehlt es sich, diesen Teil des Antrags von den übrigen Teilen zu trennen. Das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen ist in dem Fall von der StA nicht zu verlesen.
Das zur Entscheidung berufene Gericht: Welches Gericht für die Entscheidung zuständig ist, bestimmt sich nach § 436 Abs. 1 StPO. Die Entscheidung über die selbständige Anordnung (§ 435 StPO) trifft das Gericht, das im Falle der Strafverfolgung einer bestimmten Person zuständig wäre. Für die Entscheidung über die selbständige Anordnung ist ferner auch das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Gegenstand sichergestellt worden ist (s. näher Rz. 39 f.). Im Nachverfahren (§ 439 StPO, s. Rz. 43) ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig (§ 439 StPO).