Schrifttum:

Bilsdorfer, Ermittlungsbefugnis der Finanzbehörde in Nicht-Steuerstrafsachen, BB 1983, 2112; Gramich, Limitierung der selbständigen Ermittlungskompetenz des Finanzamts im Sinn des § 386 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 Abgabenordnung oder Verbrauch der Strafklage?, wistra 1988, 251; Hardtke/Westphal, Die Bedeutung der strafrechtlichen Ermittlungskompetenz der Finanzbehörde für das Steuergeheimnis, wistra 1996, 91; Hellmann, Das Neben-Strafverfahrensrecht der Abgabenordnung, 1995; Klos/Weyand, Probleme der Ermittlungszuständigkeit und Beteiligung der Finanzbehörde im Steuerstrafverfahren, DStZ 1988, 615; Kretzschmar, Umfang der finanzbehördlichen Ermittlungsbefugnis bei einer allgemeinen Straftat in Tateinheit mit einer Steuerstraftat, DStR 1983, 641; Kretzschmar, Die Ermittlungsbefugnis von Finanzbehörde (Finanzamt) und Staatsanwaltschaft in Strafsachen, DStR 1985, 24; Papperitz, Von der Betriebsprüfung zur strafrechtlichen Ermittlung, DStZ 1987, 55; Reichling, Strafprozessuale Ermittlungen bei Kreditinstituten, JR 2011, 12; Sediqi, Die Ermittlungskompetenz der Finanzbehörde bei Zusammentreffen von Steuerstraftat und Allgemeindelikt, wistra 2017, 259; Vogelberg, Zuständigkeiten und Befugnisse, PStR 2005, 20; Webel, Staatsanwalt und Polizist in Personalunion?, AO-StB 2007, 137; Weyand, Offenbarungsbefugnis nach § 30 Abs. 4 Nr. 4a AO als Offenbarungsverpflichtung?, DStR 1990, 411; Weyand, Das Evokationsrecht und die Informationsmöglichkeiten der Staatsanwaltschaft – Theorie und Praxis, wistra 1994, 87.

Ergänzender Hinweis: Nr. 91 und Nr. 40 Abs. 1 Satz 1, Nr. 97 Abs. 2 Satz 3 AStBV (St) 2023/2024; s. AStBV Rz. 91, 40, 97.

A. Allgemeines

I. Entstehungsgeschichte

 

Rz. 1

[Autor/Stand] Vorläufer des § 402 AO 1977 war § 437 RAO i.d.F. des AOStrafÄndG 1967,[2] der sachlich und seinem Wortlaut nach weitgehend mit § 402 AO 1977 identisch war. Die AO 1977 hat lediglich den Begriff "Finanzamt" in "Finanzbehörde" geändert sowie die Verweisungen angepasst.

Die Vorschrift war die Folge der Entscheidung des BVerfG,[3] das die Kriminalstrafgewalt der FinB für verfassungswidrig erklärt hatte (s. § 386 Rz. 5). Damit war das Verwaltungsstrafverfahren hinfällig geworden und die Kompetenzen zwischen StA und FinB im Ermittlungsverfahren mussten neu geregelt werden. Mit der Vorschrift des § 437 Abs. 2 RAO (= § 402 Abs. 1 AO) wollte der Gesetzgeber klarstellen, dass die Rechte und Pflichten der FinB "in einem Ermittlungsverfahren, das die StA durchführt, sowohl demjenigen Finanzamt zukommen, das die betroffene Steuer verwaltet, als auch demjenigen Finanzamt, dessen Zuständigkeit im Interesse einer Zuständigkeitskonzentration von Steuerstrafsachen durch eine Rechtsverordnung aufgrund des § 412 Abs. 2 begründet worden ist".[4]

[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.05.2024
[2] BGBl. I 1967, 877 (880).
[3] BVerfG v. 6.6.1967 – 2 BvR 375/60, 2 BvR 53/65, BVerfGE 22, 49.
[4] Begr. zu BT-Drucks. V/1812, 36 zu § 427 AO.

II. Zweck und Bedeutung

 

Rz. 2

[Autor/Stand] In § 402 AO wird die Rechts- und Pflichtenstellung der FinB i.S.d. § 386 Abs. 1 Satz 2 AO in den Strafverfahren festgelegt, in denen abweichend von § 386 Abs. 1 und 2 AO i.V.m. § 399 AO nicht die FinB als "Steuerstaatsanwaltschaft", sondern die ("normale") StA das Ermittlungsverfahren führt (vgl. § 386 Abs. 3 und 4 AO). Die FinB rückt also in die Stellung der "Steuerkriminalpolizei".[2] Dadurch wird die Mitwirkung der FinB, d.h. der Strafsachenstellen der HZÄ und FÄ, der Familienkassen und des BZSt (s. § 386 Rz. 31 ff.) auch in staatsanwaltschaftlich geführten Strafverfahren sichergestellt.[3] In diesen Fällen hat sie dieselben Rechte und Pflichten wie die Polizeibehörde nach der StPO und darüber hinaus die sich aus § 399 Abs. 2 Satz 2 AO ergebenden Befugnisse (s. § 385 Rz. 72, 76, 94 ff., § 399 Rz. 61 ff.).

Die angeschlossenen Finanzämter behalten diese polizeilichen Befugnisse auch bei einer Zuständigkeitskonzentration gem. § 387 Abs. 2 AO auf eine Gemeinsame Strafsachenstelle (§ 402 Abs. 2 AO).

[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.05.2024
[2] Hellmann in Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts, Bd. 9, § 71 Verfahrensbesonderheiten im Steuerstrafrecht, Rz. 61.
[3] Tormöhlen in HHSp., § 402 AO Rz. 4.

III. Anwendungsbereich und Normzusammenhang

 

Rz. 3

[Autor/Stand] Die §§ 402, 403 AO gelten im staatsanwaltschaftlich geführten Ermittlungsverfahren wegen eines Steuerdelikts oder einer gleichgestellten Straftat. Die StA – und nicht die FinB – führt die Ermittlungen zum einen in Fällen, in denen der Beschuldigte neben Steuerdelikten zugleich andere allgemeine Straftaten begangen hat (arg. e§ 386 Abs. 2 AO, streitig, s. dazu Rz. 7), sowie zwingend dann, wenn gegen den Beschuldigten wegen der Tat ein Haftbefehl oder ein Unterbringungsbefehl erlassen ist (§ 386 Abs. 3 AO). Zum anderen kann die FinB die Strafsache an die StA abgeben (§ 386 Abs. 4 Satz 1 AO) oder die StA kann von ihrem Evokationsrecht Gebrauch machen und die Strafsache an sich ziehen (§ 386 Abs. 4 Satz 2 AO). Bei Rückgabe erlangt die FinB dann wieder die Rechtsstellung als Steuerstaatsanwaltschaft.[2]

 

Rz. ...

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