Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 16
Nach § 407 Abs. 1 Satz 4 AO erhält der Vertreter der FinB (s. Rz. 6) in der Hauptverhandlung (Entsprechendes gilt in einem Termin vor dem beauftragten oder ersuchten Richter nach §§ 223 ff. StPO) auf Verlangen, d.h. auf Antrag, wenn gewünscht auch mehrmals, das Wort. Damit sind die prozessualen Befugnisse der FinB auf ein bloßes Anhörungsrecht zurückgestuft worden (s. Rz. 1). Die Beteiligung steht allerdings nicht im Ermessen des Gerichts (arg. e§ 76 Abs. 2 OWiG), sondern das Wort muss unabhängig davon erteilt werden, ob das Gericht eine Äußerung für erforderlich oder für überflüssig hält. Zur Äußerung berechtigt ist nur der nach der internen Behördenorganisation zuständige Beamte der StraBu; eine Vertretung durch behördenfremde Personen ist unzulässig.
Rz. 17
Den Zeitpunkt der Äußerung bestimmt der Gerichtsvorsitzende kraft der ihm gem. § 238 Abs. 1 StPO obliegenden Verhandlungsleitung. Dem Vertreter der FinB ist daher grds. stets im Laufe der Verhandlung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, soweit die besondere Sachkunde der FinB dem Verfahrensfortgang förderlich ist. Der Gerichtsvorsitzende kann aber bei missbräuchlicher Ausübung des Erklärungsrechts dem Vertreter der FinB in gleicher Weise wie den sonstigen Verfahrensbeteiligten das Wort entziehen, z.B. bei neben der Sache liegenden Ausführungen oder ständigen Wiederholungen.
Rz. 18
Das Erklärungsrecht der FinB i.S.d. § 407 Abs. 1 Satz 4 AO beinhaltet aber keinesfalls ein Recht zu einem zusammenfassenden Schlussvortrag gem. § 258 StPO. Das Recht zum Plädoyer und damit zu einer umfassenden Stellungnahme zum Ergebnis der Verhandlung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht und eingehender Beweiswürdigung steht ausschließlich der StA (vgl. Nr. 138 RiStBV), dem Angeklagten bzw. seinem Verteidiger (§ 258 Abs. 1 StPO; s. auch § 385 Rz. 662), dem Nebenkläger (§ 397 Abs. 1 Satz 3 StPO; und damit nicht mehr der FinB, s. Rz. 1), dem Privatkläger sowie den Nebenbeteiligten (§ 433 Abs. 1, § 442 Abs. 1, 2 Satz 1, § 444 Satz 2 StPO) zu. Der Vertreter der FinB ist insoweit auf die Zusammenarbeit mit der StA angewiesen, z.B. durch interne Absprachen über das zu beantragende Strafmaß. Nr. 94 Abs. 3 Satz 3 AStBV (St) 2023/2024 (s. AStBV Rz. 94) geht jedoch davon aus, dass der Vertreter der BuStra den Schlussvortrag der StA ergänzen kann, aber nicht selbst Anträge stellen kann.
Rz. 18.1
Bei Gesprächen über eine Verständigung nach § 257c StPO (s. dazu grundlegend § 385 Rz. 1233 ff.) ist auch die BuStra zu beteiligen (vgl. §§ 160b, 202a, 212 und 257c StPO; Nr. 94 Abs. 4 AStBV (St) 2023/2024; s. AStBV Rz. 94). § 257c Abs. 3 Satz 3 StPO spricht davon, dass die Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
Rz. 18.2
Auch wenn das Gericht in der Hauptverhandlung den Verfahrensstand nach § 257b StPO erörtert, ist die FinB einzubeziehen ("mit den Verfahrensbeteiligten").
Rz. 19
Mit dem Verlust des Nebenklagerechts hat die FinB neben der Berechtigung zum Schlussvortrag auch die übrigen prozessualen Befugnisse eines Nebenklägers verloren. Sie hat z.B. kein eigenes Erklärungsrecht nach § 257 Abs. 2 StPO, ebenso wenig ein Recht auf Erwiderung gem. § 258 Abs. 2 StPO. Sie kann insbesondere keine Beweisanträge stellen, sondern nur deren Stellung durch die StA anregen (vgl. auch Nr. 94 Abs. 2 Satz 2 und 3 AStBV (St) 2023/2024; s. AStBV Rz. 94). Sie ist auch nicht zur Einlegung von Rechtsmitteln befugt (s. Rz. 23 und Nr. 95 AStBV (St) 2023/2024 – s. AStBV Rz. 95 –, Nr. 147 RiStBV).