Entscheidungsstichwort (Thema)
Einigungsstellenanspruch: Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung;. Eingriff in die erdiente Dynamik;. mehrstufiges Verfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Die Einigungsstelle kann in der Weise mehrstufig vorgehen, dass sie über den Regelungsgegenstand in mehreren selbständig zu überprüfenden Beschlüssen entscheidet.
2. Die Einigungsstelle ist für die abändernde Neuregelung der Versorgungsordnung gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zuständig.
3. Der Einigungsstelle steht eine Regelungsbefugnis für eine ablösende kollektivrechtliche Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung auch dann zu, wenn die dies regelnden Betriebsvereinbarungen aufgrund eines Betriebsübergangs in die Arbeitsverhältnisse abgesunken sind.
4. Zur Überprüfung eines Eingriffs in die erdiente Dynamik nach dem Gebot des Vertrauensschutzes und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unter Beachtung des dreistufigen Prüfungsmaßstabs des BAG.
Normenkette
BetrVG § 76 Abs. 3 Abs. 5, § 87 Abs. 1 Nr. 10, Abs. 2; BGB § 613a Abs. 1; BetrAVG § 92 Abs. 1, § 16
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 21.06.2000; Aktenzeichen 10 BV 30/00) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den am 21.06.2000 verkündeten Beschluss des Arbeitsgerichts Köln – 10 BV 30/00 – wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit der Sprüche der Einigungsstelle vom 11.11.1999 und 12.01.2000 zur Abänderung der betrieblichen Altersversorgung bei der Antragsgegnerin und Arbeitgeberin.
Die Arbeitgeberin gehört zur Unternehmensgruppe T. R./B. B.. Sie wurde im November 1995 gegründet und nahm ihre Geschäftstätigkeit mit Wirkung vom 01.01.1996 auf. Das Geschäftsfeld Kraftfahrt des damaligen T. R.. wurde als laufender Teilbetrieb mit allen Aktiva, die am 31.12.1995 diesem Geschäftsbetrieb zugeordnet waren, jedoch ohne Grundbesitz sowie mit allen Rechten und Pflichten aus dem ausschließlich dem Geschäftsfeld Kraftfahrt zugeordneten Vertragsbeziehungen, mit Ausnahme der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, auf die Arbeitgeberin übertragen. Mit dem Betriebsübergang trat die Arbeitgeberin in alle Rechte und Pflichten aus den bestehenden Arbeitsverhältnissen des Geschäftsbereichs Kraftfahrt ein. Sie übernahm insbesondere die Pensionszusagen unter Übertragung aller Rechte aus Rückdeckungsversicherungen. Weiterhin erhielt die Arbeitgeberin Wertpapiere mit Kurswert von 17 Mio. DM. Der T. R. verpflichtete sich, der Arbeitgeberin den Betrag zu erstatten, um den die übernommenen Passiva die Aktiva übersteigen.
Der T. R./Ber-B.. ist der alleinige Gesellschafter der Arbeitgeberin. Mit Wirkung vom 01.01.1997 wurde der T. R. mit dem T. Ber-B. verschmolzen. Das Geschäftsfeld Kraftfahrt des ehemaligen T. Ber-B. wurde zum 01.01.1998 auf die Arbeitgeberin übertragen. Dabei wurde nach denselben Grundsätzen wie zuvor verfahren.
Die betriebliche Altersversorgung für die Mitarbeiter des ehemaligen T. R.. und des ehemaligen T. Ber-B.. war in 16 Betriebsvereinbarungen (Anlagenkonvolut B 2) geregelt. Dabei gab es für die Mitarbeiter des T. R. im Wesentlichen zwei Versorgungszusagen: Die Gesamtbetriebsvereinbarung vom 04.06.1993, gültig zum 01.07.1993 für die Mitarbeiter, die vor dem 01.02.1986 eingestellt wurden. Sie wurde zum 31.12.1997 gekündigt. Sowie die Gesamtbetriebsvereinbarung vom 11.05.1988 für Mitarbeiter, die nach dem 01.02.1986 eingestellt wurden. Diese wurde zum 31.12.1995 gekündigt.
Die betriebliche Altersversorgung für die Mitarbeiter des T. Ber-B. wurde durch eine Betriebsvereinbarung vom 01.07.1978 für Mitarbeiter des T. B., die vor dem 31.12.1986 eingestellt wurden, und durch eine Betriebsvereinbarung vom 29.11.1986 für die Mitarbeiter des T. B., die nach dem 31.12.1986 eingestellt worden sind, geregelt. Für Mitarbeiter, die nach dem 01.01.1994 eingestellt wurden, gilt die Betriebsvereinbarung vom 23.12.1993. Nach dieser regelt sich auch die Altersversorgung der Mitarbeiter des T. B., die zuvor keine eigenen Versorgungszusagen hatten.
Am 31.12.1998 waren bei der Arbeitgeberin 1.428 Mitarbeiter beschäftigt, wovon 1.338 Mitarbeiter über eine Zusage auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung verfügen. Bis zum Jahre 2023 werden 1.120 Mitarbeiter wegen Inanspruchnahme der Altersrente oder des Eintritts eines anderen Versorgungsfalls aus dem Unternehmen ausscheiden. Die Zahl der Rentner wird bis zum Jahr 2023 kontinuierlich auf 1.167 ansteigen. Nach dem bestehenden Versorgungssystem wird der Gesamtaufwand für die betriebliche Altersversorgung 425,873 Mio. ausmachen. Damit sind im Jahresdurchschnitt rund 28,392 Mio. aufzubringen. Die Belastung der Liquidität steigt von 20,59 Mio. bis zu 36,185 Mio. im Jahr 2013. Neue Versorgungsneuzusagen werden nicht mehr erteilt.
Die wirtschaftliche Entwicklung der Arbeitgeberin ist rückläufig. Die Hauptuntersuchungen sind von 1,6449 Mio. im Jahr 1994 auf 1,3967 Mio. um 15,34 % gefallen. Die ...