Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung. Auslandseinsatz. politische Stiftung. Entwicklungshilfe. Fortsetzung eines befristeten Arbeitsverhältnisses. Berufung auf den Fristablauf
Leitsatz (amtlich)
1. Die Befristung der Auslandsarbeitsverträge von Mitarbeitern der politischen Stiftungen ist bei Anwendbarkeit des derzeitigen MTV sachlich gerechtfertigt.
2. Die Einschränkungen des § 620 Abs. 1 BGB durch die gerichtliche Befristungskontrolle setzt die Gefahr einer Umgehung des KSchG voraus, die nur bei dessen zwingender, nicht aber bei bloß gewillkürter Anwendbarkeit gegeben ist.
3. Ist eine Befristungsvereinbarung einmal wirksam, können sich die Vertragsparteien auf sie unabhängig von den Umständen berufen, die zur Zeit des Fristablaufs herrschen.
4. Der Widerspruch des Arbeitgebers gegen die Fortsetzung eines befristeten Arbeitsverhältnisses i.S.d. § 625 BGB kann auch in seinem Klageabweisungsantrag liegen, den er im Rahmen eines vom Arbeitnehmer angestrengten Entfristungsprozesses stellt.
Normenkette
BGB § 620 Abs. 1, § 625; EGBGB Art. 30 Abs. 2; SGB IV § 4
Verfahrensgang
ArbG Siegburg (Urteil vom 15.06.1994; Aktenzeichen 2 Ca 3237/93) |
Tenor
Die Berufung des Klägers sowie die Anschlußberufung der Beklagten gegen das am 15.06.1994 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg – 2 Ca 3237/93 – werden zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung und der Anschlußberufung trägt der Kläger zu 2/3, im übrigen die Beklagte.
Streitwert: unverändert.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses durch Fristablauf.
Der beklagte Verein ist eine politische Stiftung, der u.a. der Förderung der internationalen Verständigung sowie der Bildung und Sozialstruktur der Entwicklungsländer dient. Der 1944 geborene Kläger war bei ihm ab Juli 1986 als Projektleiter für das Projekt „Wissenschaftliche Kooperation” in Kairo/Ägypten beschäftigt. Zugrunde lag ein „Auslandsdienstvertrag” vom 24.06.1986 (Bl. 7 ff. d.A.), der eine Befristung bis Juni 1988 vorsah. Der Vertrag wurde mehrfach verlängert, zuletzt bis Dezember 1993. In ihm vereinbarten die Parteien in ihrem Verhältnis zueinander die Anwendung deutschen Rechts sowie die Geltung des Manteltarifvertrags für die Auslandsmitarbeiter der politischen Stiftungen (MTV). Der MTV gilt für Mitarbeiter der – namentlich aufgeführten – politischen Stiftungen „mit befristeten Auslandsarbeitsverträgen” (§ 1); er verpflichtet den Projektleiter, „beim endgültigen Verlassen eines Projekts” die Unterlagen, die das Projekt betreffen, vollständig und geordnet seinem Nachfolger zu übergeben (§ 12 Abs. 1) sowie den Arbeitgeber, dem Mitarbeiter spätestens sechs Monate vor Vertragsende mitzuteilen, ob und für welche Zeitdauer er zu einer Verlängerung bereit ist, andernfalls eine befristete Verlängerung kraft Tarifvertrags eintreten soll (§ 40); außerdem ist für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein nach dessen Dauer gestaffeltes „Übergangsgeld” vorgesehen (§ 44).
Mit Schreiben vom 02.03.1993 (Bl. 83 d.A.) teilte der Beklagte dem Kläger mit, daß eine Verlängerung des Arbeitsvertrages nicht beabsichtigt sei (Bl. 83 d.A.). Eine entsprechende Ankündigung war bereits mit Schreiben vom 13.01.1992 vorausgegangen, das der Kläger mit Schreiben vom 01.02.1992 mit den Worten erwiderte, er werde die Befristung seines Arbeitsverhältnisses respektieren. Auf Wunsch des Klägers wurde von der Beklagten unter dem 22.06.1993 ein Zwischenzeugnis erstellt, in dem abschließend darauf verwiesen wird, der Kläger werde seine Tätigkeit am 31. Dezember 1993 beenden.
Mit Schreiben vom 03.12.1993 (Bl. 165 d.A.) sprach der Beklagte die endgültige Heimreise des Klägers an, mit Schreiben vom 08.12.1993 (Bl. 164 d.A.) der Kläger die Umzugskosten, wobei der Rücktransport allerdings vorerst nicht stattfinden werde, weil – so sein Schreiben vom 29.12.1993 (Bl. 162 d.A.) – sich seine Abreise auf alle Fälle verschieben werde. Der Beklagte seinerseits wies mit Schreiben vom 30.12.1993 (Bl. 163 d.A.) darauf hin, daß ein Ersatz der Übersiedlungskosten für die Heimreise nur beansprucht werden könne, wenn binnen 3 Monaten nach Beendigung des Auslandsarbeitsvertrages das Übersiedlungsgut auf den Weg gebracht und die Übersiedlungsreise beendet sei. Ebenfalls unter dem 30.12.1993 – oder 31.12.1993 – bot der Kläger seine Arbeitskraft an, nachdem er sich bereits unter dem 14.12.1993 mit der vorliegenden Feststellungsklage gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses gewandt hatte; demgegenüber hatte der Beklagte mit Bestellungsschriftsatz vom 29.12.1993 Klageabweisung beantragt. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, daß sich sein Arbeitsverhältnis unbefristet fortsetze, weil zum einen die Befristungsvereinbarung unwirksam sei, zum anderen sein Einsatz wegen unveränderter Fortdauer des Projekts möglich sei und er schließlich seine Tätigkeit mit Wissen und Wollen des Beklagten über den Fristablauf hinaus fortgesetzt habe. Zur Begründung hat er sich auch auf den unstreitigen Umstand berufen, daß der Beklagte ihm noch...