Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitnehmerstatus. rückwirkende Feststellung. Beschäftigungsumfang. Rückerstattung von Honoraren. Geltung des MTV der Dt. Welle für unterhälftig Beschäftigte. tarifliche Ausschlussfrist. Eingruppierung
Leitsatz (amtlich)
1. Bei rückwirkender Feststellung einer Arbeitnehmereigenschaft entsteht der Anspruch auf Arbeitsentgelt nicht erst nach rechtskräftiger Feststellung des Arbeitnehmerstatus. Der Arbeitgeber schuldet für den gesamten in der Vergangenheit liegenden Zeitraum kein Honorar, sondern Arbeitsentgelt.
2. Der Streit um den Status eines Rechtsverhältnisses (hier: Arbeitnehmereigenschaft) hindert nicht den Lauf tariflicher Ausschlussfristen (im Anschluss an LAG Köln, Urteil vom 13.08.199 – 11 Sa 1318/98).
3. Der Ausschluss der unterhälftig beschäftigten Arbeitnehmer von der Geltung des Manteltarifvertrages der Deutschen Welle verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG und § 2 Abs. 1 BeschFG. Dies hat die Nichtigkeit der Ausschlussregelung zur Folge und führt zu einer uneingeschränkten Anwendbarkeit des Tarifvertrages (hier auch zur Geltung der tariflichen Ausschlussfristen zu Lasten des Arbeitnehmers).
4. Betrifft das angefochtene Urteil mehrere prozessuale Ansprüche, so muss die Berufung für jeden Streitgegenstand eine Begründung enthalten. Erfolgt wegen eines Streitgegenstands erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist des § 66 Abs. 1 ArbGG eine „Ergänzung” des Berufungsbegehrens, kann dies als unselbständige Anschlussberufung an eine auch von der Gegenseite eingelegte Berufung auszulegen sein.
Normenkette
BGB § 615; GG Art. 3 Abs. 1; BeschFG § 2 Abs. 1; ZPO § 519 Abs. 3, § 522 Abs. 1; MTV Deutsche Welle Ziff. 112.7, § 811
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 06.11.1998; Aktenzeichen 2 Ca 2835/98) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 06.11.1998 – 2 Ca 2835/98 – insoweit teilweise abgeändert, als es die Klage insgesamt abgewiesen hat und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 19.234,24 DM brutto nebst 4% Zinsen seit dem 17.05.1999 zu zahlen.
2. Die weitergehende Berufung der Klägerin sowie ihre Anschlussberufung werden zurückgewiesen.
3. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
4. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin zu 54% und die Beklagte zu 46% und die Kosten der Berufung die Klägerin zu 71% und die Beklagte zu 29% zu tragen.
5. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um den Umfang der Beschäftigung, die tarifgerechte Eingruppierung und Annahmeverzugsansprüche der Klägerin nach rückwirkend erfolgter Feststellung ihres Arbeitnehmerstatus.
Die am 07.12.1939 geborene Klägerin ist seit dem 01.04.1974 bei der Beklagten im arabischen Sprachdienst tätig. Sie ist verheiratet und hat drei in der Ausbildung befindliche Kinder. Mit ihrer am 02.01.1995 beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen Klage begehrte sie zunächst erstens die Feststellung, dass zwischen den Parteien seit dem 01.04.1974 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht, zweitens ihre Beschäftigung als Moderatorin im arabischen Sprachdienst der Nah- und Mittelost-Redaktion in einem Umfang von 14 Stunden pro Woche bei einer Vergütung als Übersetzerin und Sprecherin mbA nach Vergütungsgruppe IV Stufe 8 des Vergütungstarifvertrages sowie drittens ihre Weiterbeschäftigung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die vorangegangenen Anträge zu den bisherigen Arbeitsbedingungen als Moderatorin im arabischen Sprachdienst der Nah- und Mittelost-Redaktion in einem Beschäftigungsumfang von 14 Stunden pro Woche. Mit Urteil vom 26.07.1995 stellte das Arbeitsgericht Köln in diesem Rechtsstreit fest, dass zwischen den Parteien seit dem 01.04.1974 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht und wies im übrigen die Klage ab. Die hiergegen zunächst eingelegte Berufung nahm die Klägerin zurück. Die Berufung der Beklagten wies das Landesarbeitsgericht Köln mit Urteil vom 30.04.1996 zurück. Ihre Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision blieb ebenfalls erfolglos und wurde vom Bundesarbeitsgericht mit Beschluss vom 11.12.1996 zurückgewiesen.
In der Zeit vom 27.10.1996 bis 13.04.1997 beschäftigte die Beklagte die Klägerin nicht. Danach erfolgte für die Dauer von 2 Wochen eine Beschäftigung im Umfang von 10,5 Stunden/Woche. In der Folgezeit war die Klägerin von Ende Mai bis Anfang August 1997 arbeitsunfähig krank. Jedenfalls seit Herbst 1997 ist sie in einem Umfang von 3 Stunden pro Woche für die Beklagte tätig. Im übrigen ist der Umfang der Beschäftigung der Klägerin in der Vergangenheit zwischen den Parteien streitig.
Mit der vorliegenden, am 01.04.1998 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage, begehrte die Klägerin eine Beschäftigung als Übersetzerin und Sprecherin mbA im zeitlichen Umfang von 14,5 Stunden pro Woche bei einer Vergütung nach Vergütungsgruppe IV Stufe 8 des Vergütungstarifvertrages sowie die Nachzahlung restlicher Honorare für die Jahre 1994 bis 1996 in Höhe v...