Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegungslast, leitender Angestellter - zur Sachdienlichkeit der Klageerweiterung
Leitsatz (amtlich)
1. Anforderungen an die Darlegungslast des Arbeitgebers zur Begründung der leitenden Angestellteneigenschaft eines „Leiters der Revisionsabteilung”.
2. Keine Sachdienlichkeit einer Klageerweiterung in der Berufungsinstanz, wenn die weiteren Streitgegenstände in ihrer Beurteilung nicht unmittelbare Folge des bisherigen Prozeßstoffes sind.
Normenkette
BetrVG § 95 Abs. 3, § 102; ZPO §§ 263, 523
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Urteil vom 26.11.1998; Aktenzeichen 6 Ca 2784/98) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 26.11.1998 – Az.: 6 Ca 2784/98 – in Ziffern 1. und 2. abgeändert.
2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 16.03.1998 am 30.09.1998 endete.
3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger als Leiter der zentralen Revision in N. zu ansonsten unveränderten Bedingungen weiterzubeschäftigen.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 57.000,– (in Worten: Deutsche Mark siebenundfünfzigtausend) brutto nebst 4 % Zinsen des sich aus
- DM 19.000,– (in Worten: Deutsche Mark neunzehntausend) ergebenden Nettobetrages seit 01.11.1998
- DM 19.000,– (in Worten: Deutsche Mark neunzehntausend) ergebenden Nettobetrages seit 01.12.1998
- DM 19.000,– (in Worten: Deutsche Mark neunzehntausend) ergebenden Nettobetrages seit 01.01.1999 … zu bezahlen.
5. Im Übrigen wird die Berufung im Umfang der weiteren Klageerweiterung in der Berufungsinstanz zurückgewiesen.
6. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens erster Instanz, der Kläger die Kosten des Verfahrens zweiter Instanz.
7. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen eine ordentliche Kündigung der Beklagten vom 16.03.1998 zum 30.09.1998, begehrte erstinstanzlich darüber hinaus die Feststellung des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses über diesen Zeitpunkt hinaus, begehrt weiterhin die Verurteilung der Beklagten zur Weiterbeschäftigung und hilfsweise die Verurteilung der Beklagten, ihn wieder einzustellen.
Zweitinstanzlich macht der Kläger darüber hinaus einen Einbehalt von DM 4.821,92 netto für September 1998 geltend, begehrt Erstattung von Kfz-Kosten für Mai bis September 1998 in Höhe von DM 4.715,55 netto, Zahlung eines anteiligen Bonus bis September 1998 in Höhe von DM 36.750,– brutto, Ersatz für eine Firmenrente in Höhe von DM 99.134,59 netto und Zahlung von DM 72.000,– an Gehältern für die Zeit von Oktober bis Dezember 1998.
Der am … 1956 geborene, ledige Kläger war aufgrund Arbeitsvertrags vom 19.12.1995 bei der Beklagten seit 01.06.1996 als „Leiter zentraler Revision am Hauptsitz der Gesellschaft in N.” der Beklagten tätig. Er war verantwortlich für den Aufbau der zentralen Revision und unterstand gemäß Art. 1 Ziffer 2 des Arbeitsvertrages direkt dem Vorstand der Gesellschaft. Nach Art. 3 des Arbeitsvertrages ist der Kläger verpflichtet, bei seinem Ausscheiden oder nach Entbindung von seiner– Verpflichtung zur Arbeitsleistung sämtliche Schriftstücke etc. der Beklagten zu übergeben. Nach Art. 4 des Arbeitsvertrages erhält er ein Jahresfestgehalt von DM 228.000,– brutto, daneben „nach freiem Ermessen der Gesellschaft” einen Bonus in Höhe von bis zu DM 42.000,– bei erfolgreicher Durchführung der ihm übertragenen Aufgaben, einen angemessenen Firmenwagen, für dessen Herausgabepflicht Art. 3 des Arbeitsvertrages entsprechend gilt. Schließlich ist in Art. 5 (Ziffer 4) vereinbart, dass „hinsichtlich der Altersversorgung … eine einvernehmliche Regelung angestrebt werden (wird)”. Auf den Inhalt des Arbeitsvertrages wird im Weiteren verwiesen (Bl. 11 mit 13 d.A.).
Gemäß Protokoll einer Vorstandssitzung der Beklagten vom 09.03.1998 (Bl. 35 mit 37 d.A.) sollte die Stelle „Leiter Rechnungswesen” künftig eingespart werden. Die Stelle des Leiters des Rechnungswesens war besetzt mit einem Herrn E. geboren am … 1944, verheiratet und bei der Beklagten sei 01.04.1961 beschäftigt. Weiterhin ist in diesem Protokoll ausgeführt, dass im Zuge einer Sozialauswahl geprüft worden sei, welcher der leitenden Angestellten unter Berücksichtigung von sozialen Kriterien und der Betriebszugehörigkeit freigesetzt werden könne. Um soziale Härten zu vermeiden, sei die Wahl auf Herrn M. … H. – den Kläger – gefallen. Es sei geprüft worden, inwiefern Herr E. die Leitung der internen Revision übernehmen könne. Die Prüfung sei erfolgreich verlaufen. Somit beschließe der Vorstand, das Arbeitsverhältnis mit Herrn M. … H. aufzulösen und Herrn E. die Leitung der Revision zu übertragen. (Der diesbezügliche Wortlaut des Protokolls befindet sich auf Bl. 36 d.A..)
Daraufhin kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 16.03.1998 (Bl. 14 d.A.) das Arbeitsverhältnis zum Kläger mit Wirkung zum 30.09.1998. Eine Betriebsratsanhörung führte die Beklagte nicht durch, da der...