Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirkung des§ 210 Insolvenzordnung (InsO) bei Forderungen i.S.d.§ 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO über seinen Wortlauthinaus im Erkenntnisverfahren. Uneingeschränkte Geltung des§ 61 InsO für den vorläufigen Insolvenzverwalter durch§ 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO
Leitsatz (redaktionell)
§ 61 InsO gilt uneingeschränkt auch für den zur Unternehmensfortführung verpflichteten vorläufigen Verwalter.
Bei dieser Haftung des vorläufigen Verwalters ist allerdings dessen durch erheblichen Zeitdruck und gerade bei Beginn des Amtes meist unübersichtliche Verhältnisse beim Gemeinschuldner gekennzeichnete Lage im Rahmen des § 61 S. 2 InsO zu berücksichtigen. Der danach mögliche Entlastungsbeweis hinsichtlich der Begründung einer Verbindlichkeit, zu deren Erfüllung die Masse nicht ausreicht, ist auch dann geführt, wenn der Verwalter im Zeitpunkt der Begründung bezüglich einer anderen, eigenen Forderung, deren Erfüllung der Masse Liquidität verschafft und sämtliche Fortführungsverbindlichkeiten reguliert hätte, berechtigterweise davon ausgehen konnte, dass diese Forderung zeitnah in die Masse gezahlt wird.
Normenkette
InsO § 21 Abs. 2Nr. 1, §§ 61, 209 Abs. 1Nr. 3, § 210
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung des Beklagten zu 1) gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 700,– EUR und die des Beklagten zu 2) gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 1.400,– EUR abwenden, wenn nicht die Beklagten zu 1) und 2) vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Den Parteien wird gestattet, die Sicherheit auch durch unbefristete, unwiderrufliche, selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Genossenschaftsbank, eines öffentlich-rechtlichen Geldinstitutes oder einer deutschen Großbank zu erbringen.
Tatbestand
Die Klägerin hat zunächst den Beklagten zu 1) auf Erfüllung einer Masseverbindlichkeit in Anspruch genommen. Im Laufe des Rechtsstreits hat die Klägerin die Klage umgestellt und nimmt nunmehr den Beklagten zu 2) auf Schadensersatz in Anspruch.
Am 15.10.1999 stellte die Fa. C. GmbH (nachfolgend Gemeinschuldnerin genannt) Insolvenzantrag beim Amtsgericht Cottbus über ihr Vermögen. Mit Beschluss vom gleichen Tage wurde der Beklagte zu 1) als vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt.
Mit Beschluss vom 20.10.1999 wurde der Gemeinschuldnerin ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt. Am 19.11.1999 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zu 1) als Insolvenzverwalter bestellt.
Der Beklagte zu 1) veranlasste als vorläufiger Insolvenzverwalter die Klägerin in dem Zeitraum 26.10.1999 bis 16.11.1999 zur Lieferung von Baumaterialien für mehrere Bauvorhaben der Gemeinschuldnerin. Mit Anwaltsschriftsatz vom 25.01.2000 begehrte die Klägerin von dem Beklagten zu 1) Zahlung i.H.v. insgesamt 53.280,36 DM. Mit Schriftsatz vom 09.02.2000 antwortete der Beklagte zu1) den Prozessbevollmächtigten der Klägerin.
In diesem Schreiben heißt es u.a.:
„Nach Überprüfung der Bestellungen und Lieferungenhat ihre Mandantin noch eine Forderung von 29.524,39 DM gegen die Masse.Die entsprechende Forderung wird im Range des § 55 InsO vom Verwalter anerkannt …”.
Mit Schriftsatz vom 13.07.2000 zeigte der Beklagte zu 1) gegenüber dem Insolvenzgericht Masseunzulänglichkeit an. Das Insolvenzgericht veranlasste am 27.07.2000 die Veröffentlichung der Anzeige der Masseunzulänglichkeit.
Nach Bestellung zum vorläufigen Insolvenzverwalter beauftragte der Beklagte zu 1) das Consultingbüro E. u.a. mit dem Controlling der Betriebsfortführung bezüglich der Gemeinschuldnerin. Das Consultingbüro E. besichtigte kurzfristig nach Anordnung der vorläufigen Sicherungsmaßnahmen die einzelnen Baustellen und nahm Kontakt mit den Auftraggebern und Lieferanten der Gemeinschuldnerin auf. Dem Geschäftsführer R. der Gemeinschuldnerin wurde von dem Beklagten zu 1) ein Statusfragebogen vorgelegt.
Der Geschäftsführer R. erklärte in diesem Fragebogen zu bestehenden Bankverbindungen, dass bei der Sparkasse S. Bankschulden i.H.v. ca. 280.000,– DM bestehen.
In dem Status-Fragebogen ist nach Sicherheiten der Bank gefragt. Der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin wurde gebeten, anzukreuzen, welche Sicherheiten bezüglich der Bank bestehen. An dieser Stelle nahm der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin keine Eintragungen vor. Aus den dem Beklagten zu 1) gleichzeitig überreichten Bankunterlagen war erkennbar, dass als Sicherheit für die Bankverbindlichkeiten eine Grundschuld bestellt war.
Weitere Sicherheiten waren den Bankunterlagen nicht zu entnehmen.
Auf der Grundlage aller zur Verfügung gestellten Informationen erstellte der Beklagte zu 1) eine Liquiditätsplanrechnung. Diese ergab ein positives Ergebnis bezüglich der Fortführung des Betriebes der Gemeinschuldnerin. Aus den überreichten Unterlagen war u.a. ersichtlich, dass ein Auftragsvo...