Entscheidungsstichwort (Thema)

Dem Sondertreuhänder steht ein Rechtsschutzbedürfnis zur klageweisen Durchsetzung eines Anspruchs auf Rückzahlung eines Vergütungsvorschusses zu. Rechtsschutzbedürfnis eines Sondertreuhänders zur klageweisen Durchsetzung eines Anspruchs auf Rückzahlung eines Vergütungsvorschusses

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Rechtsanwalt kann zusätzliche Gebühren nach RVG in Rechnung stellen, wenn er in seiner amtlichen Tätigkeit eine Aufgabe wahrgenommen hat, die besonderer rechtlicher Fähigkeiten bedurfte und daher von einem Verwalter, der nicht selbst Volljurist ist, bei sachgerechter Arbeitsweise in der Regel einem Rechtsanwalt hätte übertragen werden müssen.

2. Eine Verwertung durch den Treuhänder kommt dann nicht in Betracht, wenn aus der Verwertung überhaupt kein Erlös für die Insolvenzmasse zu erwarten ist und im Falle der Durchführung des Insolvenzverfahrens nur noch eine Freigabe des Gegenstandes wirtschaftlich sinnvoll ist.

3. Die Verwertung von Massegegenständen kann nicht gegenüber der Insolvenzmasse gesondert abgerechnet werden.

 

Normenkette

InsO § 60

 

Verfahrensgang

BFH (Urteil vom 22.06.1965; Aktenzeichen VII 116/62 S)

 

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger in seiner Eigenschaft als Sondertreuhänder 9.903,69 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 20.05.2009 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Kosten der Sondertreuhandschaft zu zahlen.

3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreites.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: bis 13.000,00 EUR

 

Tatbestand

Der Kläger verlangt als Sondertreuhänder vom Beklagten die Rückerstattung von Beträgen, die dieser als Treuhänder der Insolvenzmasse gestützt auf die Rechnungen vom 04.12.2006 und 18.06.2007 entnommen hat.

Mit Beschluss vom 05.12.2003 eröffnete das Amtsgericht Hamburg die Insolvenz über das Vermögen des Schuldners, xxx, und bestellte den Beklagten nach § 313 InsO zum Treuhänder. Die Masseverwertung bestand im Wesentlichen aus dem freihändigen Verkauf eines hälftigen Miteigentumsanteils an einem Grundstück, welches zugunsten der xxx mit einer Grundschuld belastet gewesen ist. Der Beklagte entnahm der Insolvenzmasse aufgrund Rechnung vom 04.12.2006 Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 5.520,44 EUR für Tätigkeiten im Zusammenhang mit der freihändigen Veräußerung des hälftigen Miteigentumsanteils des Schuldners. Basierend auf 2 weiteren Rechnungen vom 18.06.2007 entnahm der Beklagte der Insolvenzmasse für die Vereinbarung der freihändigen Veräußerung sowie einer Massebeteiligung der Grundschuldgläubigerin, der xxx, Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 3.729,70 EUR und für die Einigung mit dem Zwangsverwalter (xxx) bezüglich der Auskehr des der Insolvenzmasse zustehenden Betrages aus dem Überschuss der Zwangsverwaltung Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 653,55 EUR. Das Amtsgericht Hamburg bemängelte den Schlussbericht des Beklagten vom 25.03.2009 und forderte diesen auf, die 3 vorgenannten Entnahmen wegen fehlender rechtlicher Grundlage zurückzuerstatten. Aufgrund der Weigerung des Beklagten bestellte das Amtsgericht Hamburg den Kläger mit Beschluss vom 29.10.2009 zum Sondertreuhänder und beauftragte diesen mit der Prüfung, ob der Insolvenzmasse durch die Entnahmen des Beklagten als Treuhänder ein Gesamtschaden nach § 92 InsO entstanden ist sowie mit der eventuellen Geltendmachung entsprechender Schadenersatzansprüche. Nach rechtlicher Prüfung durch den Kläger forderte dieser den Beklagten mit Schreiben vom 30.03.2010 erfolglos zur Zahlung oben genannter Beträge auf.

Der Kläger behauptet, dem Beklagten stehen die vorgenannten Entnahmen aus der Insolvenzmasse aufgrund fehlender rechtlicher Grundlage nicht zu.

Der Kläger beantragt daher,

  1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger in seiner Eigenschaft als Sondertreuhänder 9.903,69 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basis-Zinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 20.05.2009 zu zahlen;
  2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Kosten der Sondertreuhandschaft zu tragen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, die Klage sei unzulässig. Zum einen liege schon kein wirksamer Beschluss zur Bestellung des Klägers als Sondertreuhänder vor, da der Beschluss des Amtsgerichtes Hamburg vom 29.10.2009 vom funktionell unzuständigen Rechtspfleger statt dem hierfür zuständigen Richter unterzeichnet worden sei. Zum anderen gehöre die streitige Thematik in das Vergütungsfestsetzungsverfahren und nicht in das Klageverfahren. Des Weiteren behauptet der Beklagte, dass seine Entnahmen aufgrund rechtlicher und tatsächlicher Schwierigkeiten bei der Masseverwertung gerechtfertigt seien, weil er als Treuhänder nach § 313 InsO grundsätzlich nicht zur Verwertung von mit Absonderungsrechten belasteter Immobilien berechtigt se...

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