Rn. 55a

Stand: EL 158 – ET: 06/2022

Die nach Abschluss der landwirtschaftlichen Erzeugungsphase stattfindende Weiterverarbeitung der Feldfrüchte bzw der tierischen Erzeugnisse ist grundsätzlich eine gewerbliche Tätigkeit. Sie kann jedoch dann noch der Landwirtschaft zugerechnet werden, wenn sie sich als landwirtschaftlicher Nebenbetrieb darstellt. Voraussetzung hierfür ist, dass die anlässlich der Be- oder Verarbeitung gewonnenen Erzeugnisse überwiegend für den Verkauf bestimmt sind und die Erzeugnisse im Rahmen einer ersten Stufe der Be- oder Verarbeitung, die noch dem luf Bereich zuzuordnen ist, hergestellt werden (R 15.5 Abs 3 S 1 Nr 1 EStR 2012). Werden die gewonnenen Erzeugnisse nicht überwiegend verkauft, sondern im eigenen Betrieb der LuF (weiter-)verwendet, geschieht dies nicht im Rahmen eines Nebenbetriebs, sondern innerhalb des luf Betriebs; auf eine Ermittlung des Anteils zugekaufter Rohstoffe kann dann verzichtet werden.

Kennzeichnendes Merkmal für die Annahme eines Nebenbetriebs ist nach Auffassung der FinVerw, dass die Be- oder Verarbeitung der verkauften Produkte noch im Rahmen einer sog ersten Stufe erfolgt, das (End-)Produkt also nach der Verkehrsanschauung (noch) ein solches ist, welches dem Bereich der LuF zugeordnet werden kann; dieses Merkmal dürfte immer dann erfüllt sein, wenn das be- oder verarbeitete Produkt sich noch nicht als verbrauchergerechtes, küchenfertiges Produkt darstellt (Engel, INF 1991, 412). Wenngleich zugegebenermaßen der Inhalt der Verkehrsanschauung ungewiss ist und diese zudem im Laufe der Zeit Wandlungen unterliegt, wird mE der langjährigen Verwaltungsauffassung (allein schon aus praktischen Erwägungen heraus) gefolgt werden können, welche die Be- oder Verarbeitung im Rahmen einer sog ersten Stufe dem Bereich der LuF zuordnet, während die Be- oder Verarbeitung zu Produkten der zweiten Bearbeitungsstufe grundsätzlich zu gewerblichen Einkünften führt. An Vorstehendes anknüpfend, hat die FinVerw in langjähriger Verwaltungspraxis für eine Vielzahl von Erzeugnissen und deren Folgeprodukte entschieden, ob sich die Veredelung noch im Rahmen eines Nebenbetriebs hält oder ob sie gewerblichen Charakter hat, wie nachstehende Übersicht im Einzelnen zeigt:

 
Erzeugnis Be- und Verarbeitung zu Grad der Be-/Verarbeitung Steuerliche Zuordnung
Forellen vakuumverpackten Räucherfilets 2. Stufe Gewerbe
Gemüse Gemüsekonserven 2. Stufe Gewerbe
Getreide und Kartoffeln Trinkbranntwein 2. Stufe Gewerbe
Getreide Brot, Backwaren 2. Stufe Gewerbe
Holz gefrästen, imprägnierten Brettern, Zäunen, Gartenmöbel etc 2. Stufe Gewerbe
Kartoffeln Chips, Stärke 2. Stufe Gewerbe
Milch Magermilchpulver, Molkensirup, ­Joghurt mit Fruchtzusätzen 2. Stufe Gewerbe
Obst Obstkonserven 2. Stufe Gewerbe
Raps Motorenöl/-treibstoff 2. Stufe Gewerbe
Weißkohl Sauerkraut 2. Stufe Gewerbe
Zuckerrüben Rübenkraut, -sirup 2. Stufe Gewerbe
Eier Küken (Brüterei) 1. Stufe Nebenbetrieb
Fische aus der Teichwirtschaft Räucherfisch 1. Stufe Nebenbetrieb
Getreide Mehl, Schrot etc 1. Stufe Nebenbetrieb
Getreide und Kartoffeln Branntwein (Roh- und Feinsprit) 1. Stufe Nebenbetrieb
Holz Bretter, Bohlen etc 1. Stufe Nebenbetrieb
Mastrinder Viertel 1. Stufe Nebenbetrieb
Milch Käse, Joghurt, Sauermilch 1. Stufe Nebenbetrieb
Obst Obstsaft 1. Stufe Nebenbetrieb
Eigene organische Abfälle Biogas, Regenwurmhumus 1. Stufe Nebenbetrieb
Fremde organische Abfälle Kompost, Tierfutter 1. Stufe Nebenbetrieb
Pilze Pilzkonserven 1. Stufe Nebenbetrieb
Schweine, Kälber, Schafe, Wild Hälften 1. Stufe Nebenbetrieb
Wein Winzersekt 1. Stufe Nebenbetrieb
Getreide, Kartoffeln, Obst Trinkbranntwein nur in Abfindungsbrennereien 2. Stufe Nebenbetrieb
Weintrauben Traubensaft ohne Zusätze 1. Stufe Urproduktion
Weintrauben Wein 1. Stufe Urproduktion

Der durch den BFH v 12.12.1996, BStBl II 1997, 427 iS einer typologischen Rechtsanwendung vorgenommenen Unterscheidung danach, ob die Be- oder Verarbeitung lediglich geringfügig ist (dann noch Zuordnung zur LuF), oder darüber hinausgehend, wenn sich also die Wertschöpfung für das Produkt außerhalb des durch das traditionelle Bild gegebenen Rahmens der LuF vollzieht und in einer für Gewerbe- und Handwerksbetriebe üblichen Produktionsweise erfolgt und daher mit diesen in Konkurrenz tritt (dann Zuordnung zum Gewerbe), folgt die FinVerw nicht (s BMF v 03.06.1997, BStBl I 1997, 629), obgleich der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung es zweifelsohne gebietet, einen Landwirt, der mit seinen Produkten in Konkurrenz zu gewerblichen Unternehmen tritt, auch dementsprechend zu behandeln (BFH v 29.10.1997, BStBl II 1998, 332 unter III.d. mwN). Danach wird mE zumindest dann, wenn sich eine einheitliche Verkehrsanschauung hinsichtlich der Zuordnung der vorkommenden Bearbeitungen in die einzelnen Bearbeitungsstufen nicht feststellen lässt (wie zB bei der Herstellung von Butter, Quark), der Auffassung des BFH zu folgen sein, wonach eine gewerbliche Betätigung immer dann anzunehmen ist, wenn eine mehr als nur geringfügige Weiterver...

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