Rn. 182
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Entsprechend seinem Wortlaut schließt § 15 Abs 4 S 1 EStG sämtliche Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung vom Ausgleich mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb und Einkünften aus anderen Einkunftsarten aus. Selbstverständlich ist ein "Verlustausgleich" im selben Jahr mit Gewinnen aus gewerblicher Tierzucht (-haltung) vorzunehmen, die der StPfl in einem anderen, selbstständigen gewerblichen Tierhaltungsbetrieb hat. Der Verlust 2013 aus der Hühnerfarm in A ist also mit den Gewinnen aus der Pelzfirma 2013 in B ausgleichsfähig. Es handelt sich um gleichartige Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Der Ausgleich darf über nur bis zu 0 EUR führen. Allerdings geht § 15b EStG als die speziellere Norm der Anwendung des § 15 Abs 4 EStG vor: BMF v 17.07.2007, BStBl I 2007, 542 Rz 22; da der andere Tierzuchtbetrieb nicht dieselbe Einkunftsquelle ist, entfällt bei Anwendung des § 15b EStG die Verrechnung.
Das Ausgleichsverbot gilt auch im Hinblick auf den Gewerbebetrieb eines Ehegatten bei Zusammenveranlagung. Verlustausgleich und -abzug innerhalb der gewerblichen Tierhaltungseinkünfte beziehen sich jedoch auf die Ehegatten gemeinsam: BFH BStBl II 1989, 787. Getragen wird das Urteil von der Überlegung, die Summe der Einkünfte werde letztlich einheitlich ermittelt und es müsse die für die StPfl günstigste Reihenfolge des Verlustausgleichs oder -abzugs unterstellt werden. Sie ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, BFH BStBl II 1981, 359.
Wie aus dem Gesetz selbst ersichtlich, bedeutet der Ausschluss der Verlustberücksichtigung durch Verlustausgleich und Verlustabzug nicht auf jeden Fall den endgültigen Verlust einer Verlustanrechnung. Unter den Voraussetzungen des § 10d EStG mindern die Verluste spätere Gewinne oder Gewinne aus dem unmittelbar vorhergegangenen Wj aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung (BMF BStBl I 2004, 1097 Abs 1). Ist in dem späteren Jahr des Gewinns aus gewerblicher Tierzucht oder Tierhaltung gleichzeitig ein Verlust aus einer anderen Einkunftsart vorhanden (LuF, Gewerbebetrieb, selbstständige Arbeit, KapVerm, VuV), so wird stets zunächst der frühere Verlust aus gewerblicher Tierzucht oder Tierhaltung auszugleichen sein. Die Gewinnminderung in den späteren Jahren muss als zeitlich verschobener und gegenständlich begrenzter Verlustausgleich durchgeführt werden. Der StPfl braucht weder einen Antrag zu stellen noch hat er ein Wahlrecht, in welches Gewinnjahr er die Minderung verlegen will.
Die Regelung in § 15 Abs 4 EStG gilt auch für Verluste aus der Veräußerung eines gewerblichen Tierhaltungsbetriebs oder -teilbetriebs (BFH v 01.07.2004, IV R 67/00, BFH/NV 2004, 1707). So entstandene Gewinne gehören andererseits zu denen, mit denen Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder Tierhaltung ausgeglichen oder von denen solche nach § 10d EStG abgezogen werden können; das ergibt sich schon aus dem Wesen des Veräußerungsgewinns, s § 16 neu Rn 401ff (Schacht) und implizit BFH v 01.07.2004, BStBl II 2010, 157. Danach, aaO, findet § 15 Abs 4 EStG auch auf doppelstöckige PersGes Anwendung, weshalb der lfd Verlust aus gewerblicher Tierzucht einer Unter-PersGes mit dem Gewinn aus der Veräußerung einer Beteiligung an der Ober-PersGes zu verrechnen ist, soweit dieser Veräußerungsgewinn anteilig mittelbar auf WG der Unter-PersGes entfällt. Darauf, wie sich die Berücksichtigung des Verlusts, wäre er ausgeglichen oder vorgetragen worden, steuerlich ausgewirkt hätte, kommt es nicht an. Da der Tierhaltungsverlust immer nur mit einem Tierhaltungsgewinn ausgeglichen werden kann, ist es auch nicht möglich, im Veräußerungsjahr den Gewinn aus der Veräußerung des Tierhaltungsbetriebs voll begünstigt zu versteuern, auch wenn im selben Jahr laufende Gewinne aus einer anderen Einkunftsart erzielt werden.
Die Noch-nicht-Berücksichtigung des Verlustes aus der gewerblichen Tierhaltung im Entstehungsjahr und sein Ausgleich erst in einem späteren Jahr des Gewinns aus gewerblicher Tierhaltung bedeutet, dass die Summe der Einkünfte im einen Jahr höher, im späteren Jahr niedriger anzusetzen ist, als sie es beim Fehlen des § 15 Abs 4 EStG wären. Diese modifizierte Summe der Einkünfte und das sich daraus nach Abzug der Sonderausgaben errechnende Einkommen sind maßgebend, wenn die Gewährung von Steuervergünstigungen oder Vornahmen einer Besteuerung von den Einkünften oder dem Einkommen abhängig ist. So zB bei Errechnung des Freibetrags und der Besteuerungsgrenze nach § 16 Abs 4 EStG; bei Anwendung der Tabelle nach § 33 Abs 3 EStG ist das Einkommen ohne (im Verlustentstehungsjahr) oder mit Berücksichtigung des Verlusts maßgebend. Im Fall der Veranlagung von ArbN nach § 46 EStG sind bei Ermittlung der Grenze von EUR 410 nach § 46 Abs 2 Nr 1 EStG die nach § 15 Abs 4 EStG nicht ausgleichsfähigen Verluste unberücksichtigt zu lassen. Der ArbN, der außer seinem Arbeitslohn noch EUR 1 000 Einkünfte aus VuV hat, wird veranlagt, auch wenn er außerdem noch einen Verlust aus gew...