Rn. 135a
Stand: EL 177 – ET: 12/2024
Entgegen der Auffassung des FG München v 28.10.2013, EFG 2014, 180 und in Übereinstimmung mit dem FG Münster v 11.12.2013, EFG 2014, 753 können die in s Rn 135 dargestellten Rspr-Grundsätze zum Wertpapierhandel, wonach die Umschichtung von Wertpapieren – selbst in erheblichem Umfang – regelmäßig noch nicht den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung überschreitet (BFH v 30.07.2003, X R 7/99, BStBl II 2004, 408 unter II.2.c. mwN), nicht auf den Handel mit physischem Gold (zB nach dem sog "Goldfingermodell", idR mittels einer ausländischen PersGes) übertragen werden, weil
- physisches Gold aus sich heraus keinen Ertrag erwirtschaftet: so im Revisionsverfahren zu FG München, aaO, BFH v 19.01.2017, IV R 50/13, BFH/NV 2017, 751 Rz 29, die Urteilsgrundsätze wurden bestätigt im Nachfolgeverfahren BFH v 27.09.2017, I R 62/15, BFH/NV 2018, 620 (zurückverwiesen an das FG zur Tatsachenfeststellung: der Fall betreffend telefonischen Options- und physischen Handel mit Gold nur auf eigene Rechnung, ausschließlich über die Bank abgewickelt, ein eigenes Depot für das erworbene Gold wurde nicht gehalten);
- Goldbarren keine mit Wertpapieren vergleichbare, nicht verbriefte Forderungen oder Rechte iSv § 4 Abs 3 S 4 EStG sind (BFH v 19.01.2017, IV R 50/14, BStBl II 2017, 456 im Revisionsverfahren zu FG Münster v 11.12.2013, aaO).
Ebenso FG SAnh v 07.07.2022, EFG 2023, 1202 (NZB als unbegründet zurückgewiesen durch BFH v 28.06.2024, I B 75/22, nv), wonach die Grundsätze des Wertpapierhandels jedenfalls nicht auf den Handel mit physischem Gold (allocated Gold) übertragen werden können, weil der Anleger bei der Wertpapieranlage zwischen zahlreichen Handlungsoptionen wählen kann, ertraglose Wertpapiere, Zinspapiere oder Dividendenpapiere erwerben und – infolge dieser Vielfalt – schlechte Wertpapiere durch gute oder Zinspapiere durch Dividendenpapiere ersetzen kann. Damit liegen beim Wertpapierhandel Vermögensumschichtungen in der Natur der Sache, was es rechtfertigt, die Umschichtung von Wertpapieren für eigene Rechnung – selbst in erheblichem Umfang – regelmäßig noch der privaten Vermögensverwaltung zuzuordnen.
Es sind zur Identifizierung eines gewerblichen Goldhändlers (auch mangels gesetzlichen Leitbildes) somit die allg Grundsätze zur Feststellung eines Überschreitens der privaten Vermögensverwaltung (s Rn 130) unter Berücksichtigung der artspezifischen Besonderheiten des physischen Goldes als ertragloses Instrument zur Vermögenssicherung im Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung maßgebend, weshalb lt BFH v 19.01.2017, aaO, Rz 36 bzw Rz 37 (ebenso FG SAnh vom 07.07.2022, aaO, NZB als unbegründet zurückgewiesen durch BFH v 28.06.2024, I B 75/22, nv) folgenden Merkmalen eine hohe Indizwirkung für das Vorliegen eines gewerblichen Goldhandels iSv § 15 Abs 2 EStG zukommt:
- die hohe Anzahl der Goldgeschäfte und die zeitlichen Abstände zwischen An- und Verkauf (mwN aus der Literatur). Ein häufiger und kurzfristiger erheblicher Umschlag des an sich ertraglosen Goldes indiziert lt BFH, dass der Zweck der Goldgeschäfte nicht darin besteht, Vermögen in Gold verwaltend anzulegen, sondern allein darin, Umschlagsgewinne zu erzielen (Besonderheit des – gewerblichen – Goldhandels gegenüber dem Wertpapierhandel). Bei einem überschaubaren Zeitraum der Betätigung ist lt interpretierendem Urteil des FG SAnh v 07.07.2022, aaO, NZB als unbegründet zurückgewiesen durch BFH v 28.06.2024, I B 75/22, nv, zur Ermittlung der indiziellen Anzahl der An- und Verkäufe die Einbeziehung aller im Segment Edelmetallhandel getätigten Transaktionen von der Aufnahme der Tätigkeit bis zu deren Beendigung erforderlich, im Urteilsfall 37 Monate mit zehn Ankäufen und acht Verkäufen (darüber hinaus gab es allenfalls noch Transaktionen mit unallocated Gold oder über Metallkonten). Diese Anzahl an Transaktionen mit allocated Gold lassen nach Ansicht des FG nicht darauf schließen, dass die Grenze der Vermögensverwaltung überschritten wurde.
- eine hohe Fremdfinanzierung, aber nur, wenn eingesetzt zur Erreichung einer Hebelwirkung, weil diese, anders als bei Wertpapierhandel und VuV, wegen der Ertraglosigkeit des Anlageobjekts hohe Gewinnmargen aus Verkäufen erfordert und damit nicht dem Bild der privaten (eigenen) Vermögensverwaltung entspricht, sondern fremdfinanziertem Handel.
Weitere Merkmale für das Vorliegen eines gewerblichen Goldhandels zusätzlich zu Anzahl und FK-Finanzierung sind lt BFH insbesondere
- die professionelle Ausgestaltung des Geschäftsbetriebs (anders FG SAnh v 07.07.2022, aaO, NZB als unbegründet zurückgewiesen durch BFH v 28.06.2024, I B 75/22, nv, weil nach dessen Ansicht das Outsourcing des eigentlichen Goldhandels, der Zukauf von Informationen und Empfehlungen von fachkundiger Seite wie auch der Einsatz eines professionellen Systems wenig aussagekräftig sei, denn es sei zu berücksichtigen, dass die Verwaltung von hohen privaten Vermögen gleichfalls einen professionellen Einsatz von sächlichen und personellen Ressourcen erf...