Rn. 75

Stand: EL 137 – ET: 08/2019

Bei widerstreitenden Anträgen der Eheleute/Lebenspartner ist der Antrag eines Ehegatten auf Einzelveranlagung (bis VZ 2012 getrennte Veranlagung) unwirksam, wenn hierin ein Willkürakt zu sehen ist, weil dieser Ehegatte keine eigenen positiven oder negativen Einkünfte hatte oder diese so gering waren, dass sie weder zu einer ESt-Veranlagung führen können noch dem Steuerabzug unterlegen haben, BFH BStBl II 1977, 870; 1982, 156; BFH/NV 1987, 774; 1992, 297. Ein derartiger Antrag geht, da steuerlich und wirtschaftlich sinnlos, ins Leere, und es wird die Zusammenveranlagung nach § 26 Abs 3 EStG unterstellt. Zur Kritik an dieser Rspr vgl Rössler, FR 1985, 393. Dies gilt selbst dann, wenn einem Ehegatten eine Steuerstraftat zu Last gelegt wird und der einkunftslose Ehegatte mit der Straftat durch Wahl der getrennten Veranlagung nicht in Verbindung gebracht werden möchte, vgl BFH BStBl II 1992, 297.

Keine Willkür liegt dagegen vor, wenn der die Einzelveranlagung (bis VZ 2012 getrennte Veranlagung) begehrende Ehegatte dadurch Auseinandersetzungen über ihm zustehende Erstattungsansprüche mit seinem (vormaligen) Ehegatten vermeiden will, vgl FG Ha EFG 1982, 27 rkr; BFH BStBl II 1982, 156.

 

Rn. 76

Stand: EL 137 – ET: 08/2019

Ein eigenes steuerliches Interesse folgt auch aus eigenen negativen Einkünften im Jahr der getrennten Veranlagung (Verlustentstehungsjahr), die im Wege des Verlustabzugs nach § 10d EStG berücksichtigungsfähig sind. Dem steht nicht entgegen, dass für das Verlustabzugsjahr (unmittelbar vorangegangener VZ) noch eine – insofern nicht mehr änderbare – Zusammenveranlagung durchgeführt worden ist und der Verlustrücktrag in diesen VZ allein zu einem Erstattungsanspruch des anderen Ehegatten führen würde, ausführlich dazu s Rn 64.

 

Rn. 77

Stand: EL 137 – ET: 08/2019

Die Zustimmung zur Zusammenveranlagung nach § 26 Abs 2 S 2 EStG ist nicht erzwingbar und auch nicht einklagbar, vgl BFH BFH/NV 2005, 1083. Sie darf auch nicht von der Beteiligung an einer Steuererstattung des anderen Ehegatten abhängig gemacht werden. Gleichwohl kann bürgerlich-rechtlich als Ausfluss oder Nachwirkung der Ehe eine Verpflichtung der Ehegatten bestehen, einer Zusammenveranlagung jedenfalls dann zuzustimmen, wenn dies eigenen steuerlichen Interessen nicht zuwiderläuft, BGH DStR 2007, 1408; vgl auch Palandt, § 1353 BGB Rz 12, 61. Aufl.

 

Rn. 78

Stand: EL 137 – ET: 08/2019

Verletzt ein Ehegatte diese Verpflichtung schuldhaft – ausführlich zu den zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen Sonnenschein, NJW 1980, 257; Kanzler, DStR 1990, 367 – und wird dies vom Zivilgericht festgestellt, so berührt dies die steuerrechtliche Wirksamkeit des nicht willkürlich (s Rn 75) gestellten Antrags auf Einzelveranlagung (bis VZ 2012 getrennte Veranlagung) gleichwohl nicht. Insb ist ein Anwendungsfall des § 175 Abs 1 Nr 2 AO nicht gegeben. Die Entscheidung des Zivilgerichts hat lediglich Bedeutung für mögliche Schadensersatzansprüche des anderen Ehegatten, vgl auch FG Köln EFG 1984, 31 rkr mwN; BGH NJW 1988, 1208; 1988, 2032; 1988, 2886.

 

Rn. 79

Stand: EL 137 – ET: 08/2019

vorläufig frei

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