Jürgen Dräger, Tobias Müller
Rn. 210
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Bei Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln erhalten die Gesellschafter (Aktionäre) kostenlos Bezugsrechte oder Gratisaktien, ohne dass damit AK entstehen. Zur Bestimmung eines mit dem späteren Verkauf von Aktien verbundenen Veräußerungsgewinns iRd Vermögensvergleichs (Bilanzierung) oder aber nach § 20 Abs 4 EStG sind die (ursprünglichen) AK für die Aktien bzw Gesellschaftsanteile auf die "alten" und "jungen" Aktien (Anteilen) aufzuteilen. Dadurch mindern sich die ursprünglich für die Aktien (Anteile) aufgewendeten AK für diese und werden den "jungen" Aktien (Anteile) anteilig zugerechnet (BFH BStBl II 1999, 638; BFH BStBl II 2001, 345; BFH v 22.05.2003, IX R 9/00, BFH/NV 2003, 1258).
Seit Einführung der AbgSt und Änderung des § 20 EStG unterfallen die Veräußerungen von Aktien bzw Anteilen unabhängig von der sog Spekulationsfrist nicht mehr § 23 EStG über die Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften, sondern § 20 Abs 2 EStG. Das bislang für diese Fälle anzuwendende Schreiben des BMF v 20.12.2005, BStBl I 2006, 8 findet insoweit keine Anwendung mehr.
In BMF v 20.12.2009, BStBl I 2010, 94 vertritt das BMF nunmehr die Auffassung, dass sich die bisherigen AK der alten Aktien um den Teil, der durch die Abspaltung auf die Gratisaktien oder Teilrechte entfällt, mindern. Die Aufteilung der AK erfolgt nach dem rechnerischen Bezugsverhältnis. Zur Wertermittlungsmethode (Rechenformel) s Kraft, BB 2004, 595. Die Geltendmachung der Teilrechte stellt nach Auffassung der FinVerw dabei keine Veräußerung der Teilrechte und auch keine Anschaffung der bezogenen Aktien dar. Lediglich der Gewinn aus der Veräußerung von Teilrechten oder Gratisaktien ist unter Beachtung der Anwendungsregelung des § 52a Abs 10 EStG ein stpfl Veräußerungsgewinn iSd § 20 Abs 4 EStG. § 20 Abs 4a S 4 EStG findet keine Anwendung. Das folgende Bsp aus dem genannten BMF-Schreiben verdeutlicht die Rechtsfolgen (BFM v 20.12.2009, BStBl I 2010, 94 Rz 90).
Beispiel:
Aufteilung der AK bei Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln
Der StPfl A hat am 10. Januar 30 Aktien der B-AG zum Kurs von 150 EUR angeschafft. Die B-AG beschließt am 30. April eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln. Für je zwei Altaktien wird am 1. Juni eine neue Aktie ausgegeben. Am 30. April beträgt der Kurs 120 EUR. Durch die Abspaltung sinkt der Kurs der Altaktien am 2. Mai auf 80 EUR. A erwirbt zu den ihm zugeteilten 30 Teilrechten am 3. Mai 30 weitere Teilrechte zum Kurs von 40 EUR hinzu und erhält am 1. Juni eine Zuteilung von 30 Aktien (für je zwei Teilrechte eine neue Aktie).
A veräußert am 10. August sämtliche Aktien der B-AG zum Kurs von 100 EUR.
Der erzielte Veräußerungsgewinn ist stpfl. Die durch die zugeteilten Teilrechte erlangten Aktien gelten am 10. Januar, die durch die erworbenen Teilrechte erlangten Aktien gelten mit der Anschaffung der Teilrechte am 3. Mai als angeschafft. Die AK der ursprünglich angeschafften 30 Aktien entfallen nach Ausübung der Teilrechte auf 45 Aktien.
Der Veräußerungsgewinn beträgt:
Veräußerungserlös |
60 × 100 EUR |
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6 000 EUR |
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AK für 45 Aktien |
30 × 150 EUR |
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4 500 EUR |
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AK für 15 Aktien |
30 × 40 EUR |
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1 200 EUR |
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./. 5 700 EUR |
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Veräußerungsgewinn |
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300 EUR |
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Rn. 211–212
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
vorläufig frei