rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung der Vollziehung: Einkünfte aus Gewerbebetrieb bei Verkaufstätigkeit über einen Internethandel
Leitsatz (redaktionell)
- Zum Begriff des Gewerbebetriebs nach § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG.
- Eine Vielzahl von Verkäufen über das Internet führt zu gewerblichen Einkünften. Der gelegentliche – privat motivierte – Verkauf einzelner Gegenstände steht dem nicht entgegen.
- Maßgeblich für die steuerrechtliche Qualifizierung einer Tätigkeit ist nicht die vom Stpfl. subjektiv vorgenommene Beurteilung, sondern die Wertung nach objektiven Kriterien.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 2 S. 1
Streitjahr(e)
2003, 2004, 2005, 2006, 2007
Tatbestand
Streitig ist die Höhe der im Schätzungswege ermittelten Umsätze und Gewinne aus einem Internethandel.
Die Antragsteller sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erzielten in den Streitjahren u. a. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Der Antragsteller erzielte außerdem als Einzelhändler Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG). Im März 2009 meldete er unter seiner Wohnungsanschrift einen Handel mit Büchern, CDs, Kunsthandwerk und Naturkostprodukten an.
Die Einkommensteuererklärung des Jahres 2003 ging im Jahr 2004 ein, die Erklärungen der übrigen Kalenderjahre im zweiten auf den jeweiligen Veranlagungszeitraum folgenden Kalenderjahr.
Aufgrund eines an die im Internethandel tätige Firma Z gerichteten Auskunftsersuchens teilte diese dem Antragsgegner die von ihr für den Antragsteller seit September 2003 registrierten Verkaufsgeschäfte (Site) und die Art der verkauften Gegenstände, sowie in Euro die aus den Verkäufen erzielten Umsätze, die von Z gezahlten Versandkostenzuschüsse (Ship Fee), die Gesamteinnahmen (Order Total) sowie die dem Antragsteller belasteten Gebühren (Seller Fee) und die ihm gutgeschriebenen Beträge (Profit) mit.
Site |
Price |
Subtotal |
Ship Fee |
Order Total |
Seller Fees |
Profit |
2003 |
74 |
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2004 |
1248 |
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2005 |
3032 |
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2006 |
4413 |
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2007 |
4487 |
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Nach dem Inhalt der vom Antragsteller für das Jahr 2006 erstellten Verkaufsauflistungen verkaufte dieser überwiegend Romane und populärwissenschaftliche (Taschen-)Bücher, in geringem Umfang Musik-CDs und Filme. Bestimmte Titel verkaufte er mehrfach, so wie beispielsweise Titel A (3x), Titel B (4x), Titel C (8x), Titel D (14x), Titel E (10x), Titel F (8x), Titel G (8x), Titel H (8x). Wegen der Einzelheiten wird auf die Verkaufsübersichten von Z, die Auflistungen des Antragstellers für das Jahr 2006 und die Auswertung des Antragsgegners Bezug genommen. Durch den von Z gezahlten Versandkostenzuschuss in Höhe von 3 € je Verkauf ergab sich insbesondere bei Waren mit einem geringen Verkaufspreis nach Abzug der dem Verkäufer belasteten Gebühr eine den eigentlichen Verkaufspreis übersteigende Gutschrift, während bei einem über 10 € betragenden Verkaufspreis durch die höheren Gebühren die dem Antragsteller überwiesene Gutschrift in der Regel unter dem erzielten Verkaufspreis lag.
Auf der Grundlage der von Z mitgeteilten Gutschriftsbeträge änderte der Antragsgegner die Einkommensteuerfestsetzungen der Streitjahre nach § 173 der Abgabenordnung (AO) und setzte unter Erhöhung der Gewinne aus Gewerbetrieb die Einkommensteuer entsprechend herauf. Er erließ er erstmalig den Einkommensteuerbescheid für 2007 und setzte unter Ansatz eines Gewinns aus Gewerbebetrieb in Höhe von x € die Einkommensteuer auf x € fest.
Im anschließenden Einspruchsverfahren lehnte er die von den Antragstellern beantragte Aussetzung der Vollziehung ab und wies den dagegen eingelegten Einspruch als unbegründet zurück. Die Einsprüche gegen die Einkommensteuerbescheide wies er mit Einspruchsbescheid als unbegründet zurück, weil er die Auffassung vertrat, dass der Verkauf von ausschließlich aus dem Privatbesitz stammender Bücher nicht nachgewiesen sei und wegen der fehlenden Gewinnermittlungen eine Verminderung der geschätzten Gewinne nicht in Betracht komme. Hiergegen erhobenen die Antragsteller Klage, über die Einsprüche gegen die Einkommensteuerbescheide der Jahre 2006 und 2007 hat der Antragsgegner noch nicht entschieden.
Für das Jahr 2006 erstellte der Antragsteller zwei Gewinnermittlungen nach § 4 Abs. 3 EStG, die unterschiedliche Ergebnisse auswiesen. In der ersten Gewinnermittlung errechnete er einen Verlust in Höhe von 2.000 €. Von den Gesamteinnahmen ordnete er etwa 60 Prozent nicht den Betriebseinnahmen zu und zog die Kosten des Wareneinkaufs und die Fahrkosten in vollem Umfang und die übrigen Kosten zu 40 Prozent als Betriebsausgaben ab. Die zweite Gewinnermittlung für 2006 wies einen Verlust in Höhe von 4.000 € aus. Hierzu teilte der Antragsteller mit, dass er bei den Betriebsausgaben die Versandkosten, ausgehend von 2.609 verschickten Sendungen mit jeweils 3 € pro Sendung geschätzt habe, weil Z ihm für die Versandkosten eine Vergütung in entsprechender Höhe gezahlt habe und nicht davon auszugehen sei, dass Z über den tatsächlichen Kosten liegende Pauschalen zahle. In dieser ...