rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Ende der Berufsausbildung eines Wirtschaftswissenschaftlers
Leitsatz (redaktionell)
- Der Besuch einer Hochschule ist Teil der Berufsausbildung.
- Im Fach Wirtschaftswissenschaften ist die Berufsausbildung mit Abgabe der Diplomarbeit beendet.
- Nicht mehr zur Berufsausbildung gehört die Zeit zwischen Abgabe der Diplomarbeit bis zur Feststellung des Ergebnisses der Prüfung durch den Diplomprüfungsausschuss. Mit Abgabe der schriftlichen Diplomarbeit als letztem Teilakt des Examens ist die Berufsausbildung eines Wirtschaftswissenschaftlers beendet.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2a, § 63 Abs. 1
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Frage, ob der Kindergeldanspruch des Klägers für seine Tochter wegen Überschreitens des sog. Grenzbetrages in § 32 Abs. IV S. 2 EStG untergegangen ist.
Die Tochter Claudia des Klägers hat im Streitjahr 1998 das 26. Lebensjahr vollendet. Claudia hat im Jahre 1991 ihr Abitur abgelegt und anschließend eine zweijährige Lehre als Industriekauffrau erfolgreich beendet. Anschließend nahm sie das Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Bremen auf. Dort war sie auch noch im Wintersemester 1998/1999 als ordentliche Studentin eingeschrieben. Tatsächlich hat Claudia in diesem Semester am Lehrbetrieb der Universität nicht mehr teilgenommen. Sie hat bereits im Sommer 1998 ihre Diplomarbeit als letzten Teil ihres Examens verfaßt und im August 1998 abgegeben. Nach Abgabe der Diplomarbeit hat sie ab 1. September 1998 eine Ganztagsbeschäftigung aufgenommen. Der Diplomprüfungsausschuß der Universität hat am 16. Dezember 1998 das Ergebnis der Diplomprüfung (mit der Note sehr gut) festgestellt und ihr den akademischen Grad Diplom-Ökonomin verliehen. Ausgehändigt wurde die Diplomurkunde im April 1999.
Der Kläger hat für seine Tochter im Jahre 1998 zunächst Kindergeld in Höhe von monatlich 220 DM erhalten. Nachdem Claudia im August 1998 ihre bevorstehende Arbeitsaufnahme angezeigt hatte (Bl. 102 der Kindergeldakten des Beklagten) , hob der Beklagte mit Bescheid vom 2. September 1998 die Festsetzung des Kindergeldes mit Ablauf des Monats August 1998 auf mit der Begründung, dass das Studium nunmehr beendet sei und das Kind eine Erwerbstätigkeit aufgenommen habe. Der Bescheid wurde bestandskräftig. Mit weiterem Bescheid vom 29. April 1999 hob der Beklagte die Kindergeldfestsetzung rückwirkend ab Januar 1998 auf und forderte den Kläger zur Rückzahlung des für Januar bis August 1998 ausbezahlten Kindergeldes in Höhe von 1.760 DM auf. Zur Begründung verwies der Beklagte darauf, dass die Einkünfte der Tochter den Grenzbetrag von 12.360 DM überschritten hätten, wobei er den Verdienst des ganzen Jahres erfaßte, also auch den, den Claudia in der Zeit ab September 1998 erzielt hatte.
Gegen die Aufhebung und Rückforderung hat der Kläger nach erfolglosem Vorverfahren Klage erhoben, mit der er zunächst die Auffassung vertritt, dass die Berufsausbildung seiner Tochter bereits im August 1998 mit Abgabe der Diplomarbeit beendet worden sei. Dem-entspechend sei der Grenzbetrag nur zeitanteilig zu berücksichtigen. Auf ihn seien nur die Einkünfte und Bezüge anzurechnen, die Claudia bis August 1998 erzielt habe. Doch selbst wenn man auf die Einnahmen des ganzen Jahres abstellen wollte, sei der Grenzbetrag falsch berechnet worden. Es seien erheblich höhere Werbungskosten angefallen, als der Beklagte bisher berücksichtigt habe. So habe Claudia in der Zeit von Januar bis August 1998 neben dem Studium eine Nebentätigkeit als geringfügig Beschäftigte ausgeübt. Die Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte seien als Werbungskosten mit den üblichen Pausch-sätzen anzusetzen. Außerdem seien Werbungskosten für die Fahrten von der Wohnung zur Universität und zu Lerngruppentreffen zu berücksichtigen. Schließlich sei auch das Univer-sitätsgeld vom Grenzbetrag abzuziehen. Auf die Werbungskostenberechnung des Klägers vom 5. Februar 1999 Bl. 122 der Kindergeldakten des Beklagten wird verwiesen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid über die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung vom 29. April 1999 und die Einspruchsentscheidung vom 15. Juni 1999 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an seiner Auffassung fest, dass die Berufsausbildung der Tochter erst mit Ablegung des Examens beendet sei, und zwar mit Unterrichtung vom Prüfungsergebnis. Im Streitfall sei dies der Dezember 1998 gewesen. Folglich habe die Berufsausbildung das ganze Jahr 1998 angedauert mit der weiteren Folge, dass die gesamten Jahreseinkünfte und Bezüge der Tochter auf den Grenzbetrag anzurechnen seien. Bei der Grenzbetragsberechnung seien die Fahrtkosten der Tochter vom Wohnort zur Universität nicht als Werbungskosten zu erfassen. Diese Kosten stünden im keinem Zusammenhang mit einer Erwerbstätigkeit. Gleiches gelte auch bei den Fahrten zu den Lerngruppentreffen. Bei den weiteren Fahrtkosten während des Studiums zur Arbeitsstätte der Nebentätigkeit könne nur ein Pauschbetrag von 360 DM anerkannt wer...