Entscheidungsstichwort (Thema)
Formloser Nachweis der außergewöhnlichen Belastung bei entsprechend schwerwiegendem Krankheitsbild und Pflegebedürftigkeit
Leitsatz (redaktionell)
- Die Kosten für eine altersbedingte Unterbringung in einem Altersheim rechnen zu den üblichen Aufwendungen für die Lebensführung.
- Aufwendungen für die krankheitsbedingte Unterbringung eines Angehörigen in einem Altenpflegeheim stellen als zwangsläufige Kosten eine außergewöhnliche Belastung i. S. des § 33 EStG dar.
- Der Nachweis i. S. des § 33 EStG ist an keine formalen Kriterien gebunden.
Normenkette
EStG §§ 33, 33a; EStDV § 64 Abs. 2, § 65
Streitjahr(e)
2003
Nachgehend
Tatbestand
Die Kläger begehren für das Steuerjahr 2003 eine einkommensmindernde Berücksichtigung des Betrages i. H. v. 21.473,80 € als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 Einkommensteuergesetz (EStG) wegen krankheitsbedingter Heimunterbringung.
Die Kläger machten in Ihrer gemeinsamen Steuererklärung Heimunterbringungskosten geltend, die ihnen wegen der Auflösung des bisherigen Haushalts und des Umzugs in ein Seniorenheim im Streitjahr entstanden waren. Von den angemeldeten Kosten – für den Kläger i.H.v. 9695; € und für die Klägerin i.H.v. 12.909; € – beabsichtigte der Beklagte einen Betrag i. H. v. 1230; € nach § 33 a EStG. Wegen der 90-% Behinderung der Klägerin mit Behinderungsmerkmalen „G” „aG” und „B” wurde ansonsten ein einkommensmindernder Abzug i.H.v. 1230; € nach § 33b EStG vorgenommen.
Im Einspruchsverfahren machten die Kläger die unberücksichtigt gebliebenen Ausgaben als Kosten einer krankheitsbedingten Heimunterbringung geltend. Sie legten ein im Laufe des Einspruchsverfahrens ausgestelltes ärztliches Attest vor. Daraus ergab sich, dass die Kläger wegen de Progredienz ihrer Erkrankungen nicht in der Lage waren, sich zu Hause alleine zu versorgen. Die Hausärztin befürwortete daher das Übersiedeln in ein Heim.
Der Beklagte wies den Einspruch zurück, da die von ihm geforderten Nachweise der Pflegebedürftigkeit durch Bescheinigung einer Pflegestufe bzw. einen Ausweis der Behinderungsmerkmale „blind” oder „hilflos” nicht erbracht wurden.
Hiergegen richtet sich die Klage.
Aus dem erst im Klageverfahren vorgelegten Attesten ergab sich, dass die Klägerin bereits seit ihrer Herzoperation 2001 nicht mehr in der Lage war, den Haushalt zu versorgen. Vor der Übersiedlung in das Seniorenheim kam es bei der Klägerin häufig zu Stürzen. Beim letzten Sturz zog sie sich eine Schädelprellung zu. Seitdem kam bei ihr eine allgemeine Ängstlichkeit hinzu. Aufgrund eines totalen Gelenkersatzes beider Kniegelenke und einer Spondydolistesis im Bereich der Lendenwirbelsäule in den Abschnitten III/IV und iV/V benötigte die Klägerin vor dem Umzug ins Heim Hilfe bei der Körperpflege und beim gehen von Strecken länger als 50 m bzw. 5-10 Min.
Beim Kläger stellte die Hausärztin eine B 12-Vitaminmangel-Nervenfunktionsstörung der Beine fest. Wegen der dadurch Altershinfälligkeit war er nicht in der Lage, einen Haushalt zu führen.
Krankheitsbedingte außergewöhnliche Belastungen seien nach der Meinung der Kläger auch ohne die vom beklagten geforderten Nachweise einer Pflegestufe bzw. bestimmter Behinderungsmerkmale anerkennungsfähig. Zum Nachweis der Pflegebedürftigkeit i.S. des § 33 EStG reiche auch ein ärztliches Attest aus. Selbst wenn die Kläger lediglich aus Altersgründen im üblichen Umfang pflegebedürftig wären, seien bei Ihnen wenigstens Aufwendungen zu berücksichtigen, die den Klägern zusätzlich zu dem Pauschalentgelt für die Unterbringung in der Pflegestation in der unstreitigen Höhe von jeweils 3971,68 € anfielen.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid 2003 vom 15.03.2004 i. d. F. des Einspruchsbescheides vom 19.07.2004 dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer auf 0,00 € herabgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ein ausschließlich krankheitsbedingter Aufenthalt der Kläger im Seniorenheim liege mangels der bereits im Einspruchsverfahren unterbliebenen Nachweise nicht vor. An die formellen Anforderungen für den Pflegebedürftigkeitsnachweis aufgrund des BMF-Schreibens vom 20.01.2003 und der R 188 Abs. 1 S. 2 EStR 2003 sei der Beklagte gebunden. Die vorliegenden Atteste seien zudem nicht geeignet die krankheitsbedingte Heimunterbringung darzulegen, da sie erst nach dem Umzug in das Seniorenheim ausgestellt seien und nur allgemein gehaltene Formulierungen zum Gesundheitszustand enthalten hätten.
Die Parteien haben Ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter erteilt und auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, jedoch nur teilweise begründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2003 des Finanzamts vom 15.03.2004 in der Gestalt der Einspruchentscheidung vom 19.07.2004 ist rechtswidrig, soweit darin eine Berücksichtigung der Aufwendungen für die Pflege der Klägerin anlässlich d...