Entscheidungsstichwort (Thema)
Verluste aus Geschäften mit Knock-out Produkten
Leitsatz (redaktionell)
- Zu den sonstigen Einkünften gehören gemäß § 22 Nr. 2 EStG 2006 auch Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i. S. des § 23 EStG.
- Zertifikate, die Aktien vertreten und Optionsscheine gelten als Termingeschäfte i. S. des § 23 Abs. 1 Satz 1. Darunter fallen auch Optionsscheine als sog. Knock-out Produkte mit automatischem Verfall bei Erreichen einer bestimmten Schwelle bezogen auf den Basiswert.
- Verluste aus Geschäften mit Knock-out-Produkten sind steuerlich nicht zu berücksichtigen, wenn nach der Vertragsgestaltung bei Eintritt des Knock-out-Ereignisses ein Differenzausgleich von vornherein ausgeschlossen ist, das Produkt also ohne Entscheidung des Stpfl. als wertlos verfällt.
Normenkette
EStG § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4
Streitjahr(e)
2006
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Berücksichtigung von Verlusten aus Optionsgeschäften.
Der Kläger tätigte im Streitjahr 2006 eine Vielzahl von Wertpapiergeschäften und hierbei insbesondere Optionsgeschäfte mit sog. Knock-out-Produkten, die wie die Optionsscheine zu den Hebelprodukten gehören. Bei diesen Produkten erwirbt der Käufer eine Kauf- oder Verkaufsoption zu einem festgelegten Preis. Der Erfolg des Geschäfts hängt im Regelfall von einem Basiswert (z. B. Preis eines Wirtschaftsguts, Kurs einer Währung) zu einem bestimmten Stichtag ab. Je nach Vertragsgestaltung und Entwicklung des maßgebenden Basiswerts hat der Verkäufer oder der Käufer dem Vertragspartner bei Ausübung der Option an dem Stichtag einen Differenzausgleich in bar zu zahlen. Der Käufer der Option erwirtschaftet bei Ausübung der Option sonach einen Gewinn oder einen Verlust. Er hat aber ggfs. auch das Recht, die Option nicht auszuüben mit der Folge, dass er bei Verlust einen Differenzausgleich nicht zu leisten hat, seine Aufwendungen für die Option wegen deren Wertlosigkeit aber auch nicht gedeckt sind. Der Käufer hat also die Möglichkeit, die Option ohne jede Gegenleistung verfallen zu lassen. In der Praxis gibt es vielfältige Vertragsgestaltungen, wobei bei Eintritt einer Bedingung die Option auch ohne Entscheidung des Käufers verfallen kann (sog. Knock-out-Produkte). Nach Angaben des Klägers im Einspruchsverfahren verfielen die von ihm erworbenen und im Streitfall interessierenden Produkte vorzeitig und wurden wertlos, weil der Kurs des Basiswerts eine bestimmte Knock-out-Schwelle berührt oder unterschritten hatte. Es erfolgte kein Rückkauf durch den Verkäufer und kein Ausgleich durch Aktien.
Unstreitig erwirtschaftete der Kläger im Streitjahr Gewinne aus Geschäften mit Wertpapieren und Knock-out-Produkten von insgesamt 231.988 €, die er als Spekulationsgewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften (§ 23 EStG in der für das Streitjahr 2006 geltenden Fassung – EStG 2006) in seiner Steuererklärung angab und die der Beklagte (das Finanzamt – FA -) der Besteuerung unterwarf. Der Kläger erwarb zudem unstreitig Optionsscheine als Knock-out-Produkte für insgesamt 956.429 €. Dabei handelte es sich nach seiner Angabe in der mündlichen Verhandlung um Optionsscheine, die an Indices bzw. bei „X” um ein Papier, das an einen bestimmten Kurs der Aktie X gekoppelt waren. Sie führten wegen Verfalls bei Erreichen der Knock-out-Schwelle nicht zu einem Differenzausgleich. Diese Geschäfte betrafen folgende Optionsscheine:
Bezeichnung |
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WKN |
ISIN |
Antrag Verlust |
… |
… |
… |
… |
473.870 € |
… |
… |
… |
… |
6.515 € |
… |
… |
… |
… |
63.516 € |
… |
… |
… |
… |
153.975 € |
… |
… |
… |
… |
7.816 € |
… |
… |
… |
… |
18.244 € |
… |
… |
… |
… |
48.478 € |
… |
… |
… |
… |
19.285 € |
… |
… |
… |
… |
12.020 € |
… |
… |
… |
… |
152.710 € |
Summe |
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956.429 € |
Der Kläger begehrte die steuermindernde Berücksichtigung der Anschaffungskosten als fehlgeschlagene Werbungskosten bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften (§ 23 EStG 2006).
Die Festsetzung der Einkommensteuer für 2006 und die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags aus privaten Veräußerungsgeschäften auf den 31. Dezember 2006 erfolgten zunächst antragsgemäß mit Bescheiden vom … unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und verbunden mit der Aufforderung, Unterlagen über die getätigten Optionsgeschäfte vorzulegen.
Der Kläger legte zum einen die Effektenabrechnungen der Bank vor, die den Kauf der Papiere zum Kurswert und die Verbuchung zu Lasten des Kontos des Klägers zum Inhalt hatten, zum anderen den zum jeweiligen Monatsende erstellten Finanzstatus, der für die hier streitigen Wertpapiere einen Kurswert von 0 € auswies.
Mit Bescheid vom … änderte das FA den ursprünglichen Einkommensteuerbescheid gem. § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) mit der Begründung, Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften (Verlust aus verfallenen Optionsscheinen) könnten wegen des fehlenden Tatbestandsmerkmals der Veräußerung nicht berücksichtigt werden. Unter demselben Datum wurde die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags aufgehoben. Weitere Änderungen des Einkommensteuerbescheids erfolgten aus hier nicht ...