Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerberichtigung bei Wechsel der Besteuerungsform von der Regelbesteuerung zur Durchschnittssatzbesteuerung
Leitsatz (redaktionell)
- Zu den Voraussetzungen einer Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO.
- Das BMF-Schr. v. 29.12.1995 (BStBl I 1995, 831), wonach der Übergang von der Regelbesteuerung zur Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG zwar eine Änderung der Verhältnisse hinsichtlich der Wirtschaftsgüter darstellt, deren Berichtigungszeitraum nach § 15a UStG noch nicht abgelaufen ist, die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen aber erst für Wirtschaftsgüter gelten sollen, die nach dem 31.12.1995 erstmals verwendet worden sind, legt § 15a UStG nicht anders aus als der BFH, sondern ordnet zu Gunsten der Stpfl. nur die Anwendung der BFH-Rspr. erst nach einer Übergangsfrist an.
- Das BMF-Schr. v. 29.12.1995 stellt damit eine Ermessensrichtlinie dar, die zu einer Selbstbindung der Verwaltung hinsichtlich der Ermessensausübung führt.
Normenkette
AO § 163; UStG §§ 24, 15a
Streitjahr(e)
1990, 1991, 1992, 1993, 1994
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Berechtigung des Beklagten zur Vorsteuerberichtigung nach § 15 a UStG bei Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die zunächst zur Ausführung regelbesteuerter Umsätze gedient haben, innerhalb des Berichtigungszeitraumes aber zur Ausführung von nach Durchschnittssätzen (§ 24 UStG) besteuerten Umsätzen verwendet worden sind.
Der Kläger betreibt einen landwirtschaftlichen Betrieb, dessen Umsätze nach Durchschnittssätzen besteuert werden. Daneben war er gemeinsam mit seiner Ehefrau Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die ein regelbesteuertes landwirtschaftliches Lohnunternehmen betrieb. Die GbR hatte aus dem Erwerb von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens den Vorsteuerabzug in Anspruch genommen. Am 28. Februar 1990 übertrug die Ehefrau des Klägers diesem unentgeltlich ihren Anteil an der GbR. Das Anlagevermögen der GbR wurde in der Folgezeit im land- und forstwirtschaftlichen Betrieb des Klägers genutzt.
Der Beklagte sah hierin eine Veränderung der Verhältnisse im Sinne des § 15 a UStG und nahm nach dieser Vorschrift Vorsteuerberichtigungen vor und zwar in Höhe von 5.627 DM im Jahr 1990, 6.687 DM im Jahr 1991, 4.687 DM im Jahr 1992, 3.613 DM im Jahr 1993 und 1.845 DM im Jahr 1994.
Der Kläger hat eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen unter Verzicht auf die vorgenommenen Vorsteuerkorrekturen beantragt. Der Antrag und der hiergegen gerichtete Einspruch blieben ohne Erfolg.
Hiergegen richtet sich nunmehr die Klage. Zu deren Begründung trägt der Kläger vor, zwar habe der BFH im Urteil vom 16. Dezember 1993 (V R 79/91, BStBl II 1994, 339) gegen Abschnitt 215 UStR 1992 entschieden, dass auch ein Wechsel der Besteuerungsform als eine zur Vorsteuerberichtigung führende Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 15 a UStG zu beurteilen sei. Der BMF habe aber mit Schreiben vom 29. Dezember 1995 (BStBl I 1995, 831) eine Billigkeits-/Übergangsregelung erlassen, derzufolge das o.g. BFH Urteil nur auf Wirtschaftsgüter anzuwenden sei, die nach dem 31. Dezember 1995 erstmals verwendet worden seien. Hieran müsse der Beklagte sich festhalten lassen.
Der Kläger beantragt,
...
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er vertritt die Auffassung, eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen komme vorliegend nicht in Betracht. Eine Änderung der Beurteilung sei vorliegend durch das Urteil des BFH vom 16. Dezember 1993 (V R 79/91, BStBl II 1994, 339) erfolgt. Schon nach überkommener Rechtsauffassung seien die Voraussetzungen für eine Vorsteuerberichtigung erfüllt gewesen. Abschnitt 215 Abs. 8 UStR 1992 habe lediglich besagt, dass ein Wechsel der Besteuerungsform für sich allein nicht als eine Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 15 a UStG anzusehen sei. Die von ihm, dem Beklagten, durchgeführte Vorsteuerkorrektur habe aber nicht allein auf dem Wechsel der Besteuerungsform beruht, sondern auf einer Änderung der Verwendung innerhalb unterschiedlicher Unternehmensteile des Klägers. Der Kläger habe nach Auflösung der GbR die Möglichkeit gehabt, das bisherige gewerbliche Lohnunternehmen fortzuführen. Das aber habe er nicht getan, sondern er habe die Wirtschaftsgüter in einen anderen Unternehmensbereich überführt.
Außerdem seien auch die Voraussetzungen des BMF-Schreibens vom 29. Dezember 1995 nicht erfüllt. Der vorliegende Sachverhalt falle nicht unter Abs. 3 des Schreibens sondern unter Abs. 1. Für die Regelungen in Abs. 1 ordne das Schreiben aber keine Übergangsregelung an.
Im Hinblick auf das Vorbringen der Beteiligten im Übrigen wird auf die Steuerakten zu Steuer-Nr.…sowie die Gerichtsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Beklagte ist verpflichtet, die Steuer niedriger festzusetzen und zwar in Höhe der vorgenommenen Vorsteuerberichtigungen, weil er das ihm in § 163 AO eingeräumte Ermessen falsch ausgeübt ha...