Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld: Einspruchsbescheid vom 11.11.1998
Leitsatz (redaktionell)
Keine Berücksichtigung eines Kindes in einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten, wenn die Ausbildung nicht fortgesetzt wird. Keine Berücksichtigung in einer Übergangszeit zum Wehrdienst zu Ungunsten des Steuerpflichtigen. Kein Ansatz eines anteiligen Arbeitnehmer-Pauschbetrages für Zeiten des Wehrsoldbezugs. Aufteilung des Arbeitnehmerpauschbetrags bei Tätigkeit für denselben Arbeitgeber nach Monaten, nicht nach Höhe der Arbeitsentgelte.
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 3. August 1998 über die Aufhebung der Kindergeldbewilligung für den Sohn … des Klägers in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. November 1998 wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der Kostenerstattung abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Streitig ist, ob Einkünfte des Sohnes des Klägers als Tischlergeselle bei der Ermittlung von dessen Einkünften und Bezügen im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG – in der für den Streitfall geltenden Fassung –) zu berücksichtigen sind.
Der am 14. Dezember 1976 geborene Sohn des Klägers, …, bestand am 25. Juli 1997 seine Prüfung als Tischlergeselle. Am 11. Juli 1997 wurde ihm von der berufsbildenden Schule III der … die Aufnahme in die Fachoberschule– Technik, Klasse 12 bescheinigt. Der Besuch dieser Schule sollte nach den Sommerferien 1997 beginnen.
Tatsächlich besuchte … die Fachoberschule nicht, weil er mit Bescheid des Kreiswehrersatzamtes … vom 18. August 1997 zum Grundwehrdienst einberufen wurde, den er ab 1. November 1997 leistete (Beginn des Wehrdienstverhältnisses, Antritt 3. November 1997). Für die Zeit nach Beendigung des Wehrdienstes hat der Kläger im Vorverfahren mitgeteilt, sein Sohn werde voraussichtlich eine Ausbildung im kaufmännischen Bereich anstreben.
In den Monaten Januar bis Juli 1997 verdiente … brutto 8.217 DM. Von August bis einschließlich Oktober 1997 arbeitete er bei seinem früheren Arbeitgeber als Tischlergeselle mit einem Gehalt von monatlich brutto 2.800 DM. Im November und Dezember 1997 erzielte … keine Einkünfte; er erhielt Wehrsold. Werbungskosten für die Zeit von Januar bis Oktober 1997 hat der Kläger nicht geltend gemacht. Im Einzelnen wird auf die vom Kläger vorgerichtlich eingereichten Schriftsätze, nebst Anlagen, Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 3. August 1998 hob die Beklagte die Festsetzung des Kindergeldes für den Sohn … des Klägers auf. Die von August bis 30. November 1997 erzielten Bezüge seien wegen der Ausbildungswilligkeit des Sohnes zu berücksichtigen, so dass der anteilige Grenzbetrag gemäß § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG von 11.000 DM überschritten sei. Auf den Bescheid der Beklagten vom 3. August 1998 (abgesandt laut handschriftlichem Vermerk, ohne Namenszeichen, am 6. August 1998) sowie deren Schreiben vom 8. Juli 1998 wird Bezug genommen.
Den am 9. September 1998 eingegangenen Einspruch des Klägers wies die Beklagte zurück. Da … am 3. November 1997 seinen gesetzlichen Wehrdienst angetreten habe, seien seine Einkünfte und Bezüge bei der Anspruchsprüfung bis einschließlich November 1997 zu berücksichtigen. In diesem Zeitraum habe von seinem Arbeitgeber einen Bruttoarbeitslohn von 16.617 DM erhalten, der nach Abzug der Werbungskostenpauschale von 2.000 DM den anteiligen Grenzwert gemäß § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG von 11.000 DM übersteige. Auf den Einspruchsbescheid wird Bezug genommen.
Dagegen richtet sich die Klage. Der Kläger macht geltend, … habe seine Ausbildung am 31. Juli 1997 beendet. Auf die Klage und dem Schriftsatz vom 7. April 1999 wird Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 3. August 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. November 1998 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält an ihrer Auffassung fest.
Beide Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Gemäß §§ 62 Abs. 1, 63 Abs. 1 Satz 2 EStG (in der für den Streitfall geltenden Fassung) gilt für die Berücksichtigung als Kind bei der Kindergeldfestsetzung § 32 Abs. 3 bis 5 EStG entsprechend. Im Streitfall kommt die Berücksichtigung des Sohnes gemäß § 32 Abs. 4 Nr. 2 a bis c EStG in Betracht. Danach wird ein Kind berücksichtigt, wenn es noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat und
- für einen Beruf ausgebildet wird oder
- sich in einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten von höchstens vier Monaten befindet oder
- eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann.
Auch bei Vorliegen dieser Voraussetzungen wird ein Kind jedoch gemäß § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nur berücksichtigt, wenn es Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 12....