vorläufig nicht rechtskräftig
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [VII R 41/14)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Ehegatten: Anrechnung von Einkommensteuervorauszahlungen
Leitsatz (redaktionell)
- ESt-Vorauszahlungen werden von Ehegatten grds. als Gesamtschuldner geschuldet.
- Nur wenn sich aus den bei Zahlung erkennbaren Umständen nicht entnehmen lässt, wessen Steuerschuld der zahlende Ehegatte begleichen wollte, muss man davon auszugehen, dass er nur seine eigene Steuerschuld tilgen wollte.
- Mangels anderer Anhaltspunkte, kann das FA als Zahlungsempfänger davon ausgehen, dass Ehegatte, der auf die gemeinsame Steuerschuld zahlt, auch die Schuld des mit ihm zusammen veranlagten Ehegatten begleichen will.
Normenkette
AO §§ 218, 36 Abs. 4, § 37 Abs. 2, § 44
Streitjahr(e)
2008
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage der Anrechnung von Einkommensteuervorauszahlungen unter Ehegatten.
Der Kläger erzielte im Streitjahr als selbständiger Architekt ausschließlich Einkünfte aus selbständiger Arbeit, seine damalige Ehefrau war als Angestellte im städtischen Kindergarten tätig. Sie erzielte ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) setzte gegen die Ehegatten Einkommensteuervorauszahlungen pro Quartal in Höhe von 565 € fest. Hinzu kam der Solidaritätszuschlag in Höhe von 15 € und die evangelische Kirchensteuer von 20 €, insgesamt also 600 € pro Quartal. Die Vorauszahlungen entrichtete der Kläger von seinem eigenen Konto bei der X-Bank. Die entsprechenden Überweisungen erfolgten am 10.03., 10.06., 10.09., 10.12.2008. Bei der Abgabe der Einkommensteuererklärung 2008 im Februar 2010 wurde die getrennte Veranlagung beantragt. Im März 2010 erging an die damalige Ehefrau des Klägers ein Einkommensteuerbescheid 2008 unter Anrechnung der Vorauszahlungen in Höhe von 1.130 EUR auf die Einkommensteuer, 30 EUR Solidaritätszuschlag und – da nur sie einer Konfession angehörte – der gesamten Kirchensteuer in Höhe von 80 EUR. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers wies das Finanzgericht mit Schreiben vom 08.04.2010 – noch vor Durchführung seiner Veranlagung – schriftlich darauf hin, dass der Kläger die Vorauszahlungen ausschließlich für eigene Rechnung aufgrund seiner selbständigen Tätigkeit geleistet habe. Wörtlich heißt es:
Sehr geehrte Damen und Herren,
im Auftrag meines Mandanten teile ich Ihnen mit, dass Herr … die Einkommensteuervorauszahlungen ausschließlich für eigene Rechnung aufgrund seiner selbständigen Tätigkeit geleistet hat bzw. künftig leisten wird.
Mit freundlichen Grüßen
…
Das Finanzamt bestätigte mit Schreiben vom 14.04.2010 den Eingang dieses Schreibens vom 08.04.2010, wies allerdings gleichzeitig darauf hin, dass es diese Erklärung des Klägers bei der noch ausstehenden Veranlagung nicht berücksichtigen werde.
Im Einkommensteuerbescheid 2008 vom 15.04.2010 berücksichtigte das Finanzamt die vom Kläger geleisteten Vorauszahlungen auf Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag bei ihm nur zur Hälfte. Gegen den Einkommensteuerbescheid 2008 legte der Kläger am 16.04.2010 Einspruch ein, mit der Begründung, die geleisteten Einkommensteuervorauszahlungen seien in voller Höhe bei ihm zu berücksichtigen. Hilfsweise beantragte der Kläger die Erteilung eines Abrechnungsbescheides nach § 218 Abs. 2 AO. Ein derartiger Abrechnungsbescheid wurde am 06.08.2010 zur Post gegeben. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Zur Begründung führte er aus, dass eine Aufteilung des Erstattungsbetrages nach Köpfen nicht rechtmäßig sei, weil es anderweitige Anhaltspunkte zur Ermittlung der Willensrichtung gebe. So sei die getrennte Veranlagung für das Jahr 2008 beantragt worden und die mit Schreiben vom 08.04.2010 – also vor Erlass seines Steuerbescheides – erklärt worden, dass der Kläger die Vorauszahlungen ausschließlich auf eigene Rechnung geleistet habe. Somit sei der Wille bezüglich der Vorauszahlungen klar und deutlich dokumentiert.
Das Finanzamt hat den Einspruch mit Bescheid vom 03.07.2012 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass im Zeitpunkt der Zahlungen im Jahr 2008 für das Finanzamt nicht ersichtlich gewesen sei, dass es sich hier nicht mehr um eine bestehende und intakte Ehe gehandelt habe. Die Vorauszahlungen seien zu den jeweiligen Terminen ohne weiteren Hinweis oder ein gesondertes Anschreiben beim Finanzamt eingegangen. Dass die Ehe nicht mehr intakt sei, habe das Finanzamt erst im Jahr 2011 erfahren. Folge sei, dass beide Ehegatten erstattungsberechtigt seien.
Hiergegen richtet sich die Klage. Zur Begründung bringt der Kläger vor, dass die Zahlungen im Jahr 2008 – unstreitig – unter seinem Namen von seinem Konto damit aus seinem Vermögen erfolgt seien. Bereits hierin liege eine Tilgungsbestimmung, deren eindeutige Aufklärung durch das Finanzamt sich geradezu aufgedrängt habe. Im Übrigen habe der Kläger dem Finanzamt vor Durch...