rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung von Sozialhilfeaufwendungen aus dem Kindergeld für eigene und Pflegekinder
Leitsatz (redaktionell)
- Zur Erstattung von Sozialhilfeaufwendungen aus dem Kindergeld für eigene Kinder und Pflegekinder.
- Der Jugendhilfeträger, der einer Kindesmutter Sozialhilfe gewährt, hat aus dem Kindergeld für die eigenen Kinder der Sozialhilfeempfängerin keinen Erstattungsanspruch, wenn er als nachrangiger Leistungsträger (Sozialhilfeträger) seine Leistung auch bei rechtzeitiger Leistung des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers (Familienkasse) erbringen muss.
- Der Jugendhilfeträger, der einer Kindesmutter Sozialhilfe gewährt, hat aus dem Kindergeld für die Pflegekinder der Sozialhilfeempfängerin keinen Erstattungsanspruch, wenn er als nachrangiger Leistungsträger (Sozialhilfeträger) seine Leistung auch bei rechtzeitiger Leistung des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers (Familienkasse) erbringen muss.
Normenkette
EStG § 74 Abs. 5; SGB X § 104 Abs. 1 S. 3; BSHG § 77
Tatbestand
Streitig ist, ob das Arbeitsamt aus einer Kindergeldnachzahlung einen Teilbetrag einbehalten und an den beigeladenen Landkreis erstatten durfte, weil dieser der Klägerin Sozialhilfe gewährt hatte.
Die Klägerin lebte im streitgegenständlichen Zeitraum (Oktober/November 1997) als Alleinerziehende mit drei eigenen Kindern (A, B und C) sowie drei Pflegekindern (D, E und F) in einem gemeinsamen Haushalt und beantragte Kindergeld für diese sechs Kinder.
Für die drei Pflegekinder erhielt die Klägerin vom Jugendhilfeträger, dem Beigeladenen, zunächst ein (volles) Pflegegeld entsprechend §§ 33, 39 des VIII. Buchs des Sozialgesetzbuch (SGB VIII). Im Hinblick auf den Kindergeldantrag der Klägerin kürzte der Beigeladene das Pflegegeld nach § 39 Abs. 6 SGB VIII und zahlte auch für Oktober/ November 1997 ein gekürztes Pflegegeld wie folgt:
|
Volles Pflegegeld |
Kürzung wg. Kindergeld |
gekürztes Pflegegeld |
D |
1.087 |
110 |
977 |
E |
1.087 |
55 |
1.032 |
F |
1.087 |
55 |
1.032 |
|
3.261 |
220 |
3.041 |
Da das Kindergeld nicht sofort bewilligt und gezahlt wurde, beantragte die Klägerin für Oktober/ November 1997 Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) bei der Gemeinde X, die im Namen und im Auftrag des Beigeladenen (Landkreis Y) für die Entscheidung über die Sozialhilfe zuständig war.
Die Gemeinde gewährte der Klägerin sodann für den Zeitraum vom 1. Oktober 1997 bis 12. November 1997 für sie selbst und ihre Tochter C Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU) und Bekleidungsbeihilfe für die beiden Söhne (A und B) in folgender Höhe:
|
Oktober |
November |
HLU |
816,50 |
307,20 |
Bekleidungsbeihilfe |
75,00 |
75,00 |
= gerundet |
892.00 |
382,00 |
= zusammen |
1.274 DM |
Dabei berücksichtigte die Gemeinde u.a. das der Klägerin für ihre Tochter C beantragte Kindergeld (300 DM) bereits als Einkommen. Soweit die Klägerin auch HLU für ihre beiden (eigenen) Söhne begehrt hatte, teilte die Gemeinde der Klägerin sinngemäß mit, dass für ihre Söhne keine HLU in Betracht komme, da deren sozialhilferechtlicher Bedarf durch den Unterhalt des Vaters (500 DM pro Monat) und das anteilige Kindergeld gedeckt werde.
Der Beigeladene - bzw. für ihn die Gemeinde - machte später gegenüber dem Beklagten gemäß § 74 EStG einen Erstattungsanspruch aus dem nachgezahlten Kindergeld i.H.v. 1.274 DM für den Zeitraum Oktober/ November 1997 geltend.
Mit Bescheid vom 7. Januar 1998 gewährte der Beklagte Kindergeld für alle sechs Kinder i.H.v. 1.790 DM pro Monat ab Oktober 1997. Zugleich teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass er von dem Nachzahlungsbetrag 1.274 DM einbehalten habe und diesen Betrag an den Beigeladenen erstatten werde. Gegen diese Erstattung an den Beigeladenen richtet sich nach erfolglosem Einspruch die Klage.
Die Klägerin ist der Ansicht, eine Erstattung von Sozialhilfeaufwendungen des Beigeladenen aus dem nachgezahlten Kindergeld könne allenfalls teilweise in Betracht kommen. Lediglich für die Tochter C sei HLU gewährt worden. Das bewilligte Kindergeld für die übrigen fünf Kinder könne nicht zum Ausgleich der Sozialhilfezahlungen herangezogen werden, da für diese auch keine Sozialhilfe gewährt worden sei. Die Aufwendungen für die Bekleidungsbeihilfe seien nur erstattungsfähig, wenn feststehe, dass bei laufender Kindergeldzahlung die Beihilfe nicht zu gewähren gewesen wäre. Im Übrigen seien die Kindergeldzahlungen für die drei Pflegekinder gemäß § 77 BSHG nicht als Einkommen der Klägerin zu berücksichtigen, da sie zweckgebunden den Pflegekindern zustünden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Beklagte zu verpflichten, an die Klägerin weitere 1.274 DM Kindergeld auszuzahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hält daran fest, dass die Erstattung des nachgezahlten Kindergeldes an den Beigeladenen zu Recht erfolgt sei. Zwar sei die Sozialhilfe möglicherweise unter Anrechnung des Kindergeldes für die eigenen Kinder der Klägerin erfolgt und somit eine Erstattung nach § 74 Abs. 5 EStG i.V.m. §§ 102 ff. SGB X ausgeschlossen, aber das Kindergeld für die drei Pflegekinder i.H.v. m...