Leitsatz (amtlich)

Die in der realen Gewinn- und Verlustverteilung enthaltenen Kosten und Bestandsprovisionen können für die Ermittlung des gesamten Scheingewinns nicht herangezogen werden, da diese vertraglich vereinbarte Leistungen betreffen, die tatsächlich nicht erbracht wurden.

 

Normenkette

InsO §§ 94, 96 Abs. 1 Nr. 1, § 143 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 12.09.2008; Aktenzeichen 2-21 O 59/08)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 12.9.2008 verkündete Urteil der 21. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. (Az.: 2-21 O 59/08) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger über den in Ziff. 1. des Urteils des LG Frankfurt/M. bereits zuerkannten Betrag hinaus weitere 2.874,19 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 21.4.2006 zu zahlen.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger über den in Ziff. 2. des Urteils des LG Frankfurt/M. bereits zuerkannten Betrag hinaus weitere 159,01 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 22.12.2007 zu zahlen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz hat der Beklagte zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger 54 %, der Beklagte 46 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Hinsichtlich des Sachverhalts wird zunächst auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil, die keiner Änderung oder Ergänzung bedürfen, gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Der Kläger begehrt in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der A1 GmbH Rückzahlung unentgeltlich erlangter Zahlungen, sog. Scheingewinne, nach Insolvenzanfechtung.

Das LG hat der Klage teilweise i.H.v. 5.188,56 EUR stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger könne die an den Beklagten ausgekehrten Beträge zurückverlangen, demgegenüber könne der Beklagte allerdings mit der Einlage, dem gezahlten Agio und einer angemessenen Verzinsung der Einlage aufrechnen. Bei den an den Beklagten ausgezahlten Geldern handele es sich um Scheingewinne, diese Leistungen seien auch unentgeltlich gewesen.

Der Beklagte könne im Hinblick auf den Rechtsgedanken des § 814 BGB ggü. dem Rückzahlungsanspruch die Aufrechnung mit einem eigenen Schadensersatzanspruch erklären. Der Schadensersatzanspruch des Beklagten sei als Vertrauensschaden zu verstehen, so dass die von ihm geleisteten Zahlungen vollumfänglich, auch im Hinblick auf die begehrte Verzinsung, zu berücksichtigen seien. Der Kläger könne daher lediglich Zahlung i.H.v. 5.188,56 EUR verlangen.

Gegen das ihm am 16.9.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13.10.2008 Berufung eingelegt und diese am 14.11.2008 begründet. Er begehrt die Zahlung weiterer 2.874,19 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.4.2006 sowie die Zahlung weiterer 159,01 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.12.2007. Mit Schriftsatz vom 22.12.2008 hat der Kläger die Klage um einen Betrag i.H.v. 3.340,14 EUR erweitert.

Eine Aufrechnung im Hinblick auf den Rechtsgedanken des § 814 BGB sei nicht möglich. Die Vorschrift des § 143 Abs. 2 InsO bestimme abschließend, unter welchen Voraussetzungen der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung diese zurückzugewähren habe. Wenn der Gesetzgeber eine weitere Beschränkung der Rückgewährverpflichtung beabsichtigt hätte, sei eine Aufnahme eines Verweises auf § 814 BGB notwendig gewesen. Allenfalls könne lediglich die Einlagenzahlung selbst in Abzug gebracht werden. Es bestehe keine Aufrechnungslage gem. §§ 94, 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Die Vornahme einer 4%igen Verzinsung sei rechtsirrig und verfahrensfehlerhaft. Im Hinblick auf die aktuelle Entscheidung des BGH (Az.: IX ZR 195/07) sei eine Aufrechnung nicht möglich, so dass der gesamte erzielte Scheingewinn, der 11.402,89 EUR betrage, geltend gemacht werden könne. Der Berechnung des Scheingewinns könne die reale Gewinn- und Verlustverteilung (Anlage K 11) zugrunde gelegt werden. Es müsse vertragsgemäß abgerechnet werden, um überhaupt bestimmen zu können, ob die Unentgeltlichkeit vorliege und im welchem Umfang die Einlage aufgezehrt worden sei. Hierbei müsse auch die Verwaltungsgebühr i.H.v. 0,5 % je Monat berücksichtigt werden, denn diese knüpfe an den Bestand und nicht an die tatsächlich getätigten Umsätze an. Ferner sei der Kläger aktivlegitimiert. Ein Treuhandverhältnis sei nicht wirksam begründet worden. Es sei unklar, welche Rechtspersönlichkeit der Finanzpool und die Zweckgemeinschaft der Anleger darstellen solle. Gegenüber der Schuldnerin seien lediglich die einzelnen Anleger handlungsfähig, nicht jedoch die Zufallszusammenführung der die Einzahlungen leistenden Personen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens des Klägers wird auf die Schriftsätze vom 14.11.2008 (Bl. 148-156 d.A.), vom 22.12.2008 (Bl. 16...

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