Leitsatz (amtlich)
1. Wird ein schuldrechtliches Grundgeschäft durch mehrere Teilleistungen erfüllt, ist die Anfechtungsfrist für jede Teilleistung gesondert zu bestimmen.
2. Für die Auslegung des § 134 Abs. InsO kann die Rspr. des BGH zu § 32 KO herangezogen werden.
3. Sind in einen Zahlungsvorgang mehrere Personen eingeschaltet, bedarf die Frage, wer Leistungsempfänger i.S.d. Vorschriften über die Insolvenzanfechtung ist, einer wertenden Betrachtung. Ähnlich wie im Bereicherungsrecht braucht hierbei der Leistungsempfänger nicht identisch zu sein mit demjenigen, an den der in Rede stehende Geldbetrag ausgezahlt worden ist.
Normenkette
KO § 32 Nr. 1; InsO § 134 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Heidelberg (Urteil vom 12.11.2002; Aktenzeichen 4 O 26/02) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Heidelberg vom 12.11.2002 – 4 O 26/02 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Der Kläger verlangt als Insolvenzverwalter die Rückzahlung von Zuwendungen, von denen streitig ist, ob der Insolvenzschuldner sie unentgeltlich erbracht hat.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des LG Heidelberg vom 12.11.2002 wird Bezug genommen.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Hinsichtlich der Zahlungen, die vor dem 1.1.1999 erfolgt sind, hat es die Anfechtung schon wegen Versäumung der Anfechtungsfrist für unwirksam erachtet. Darüber hinaus hat es sämtliche Leistungen des Insolvenzschuldners als entgeltlich angesehen.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er macht – unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags – geltend, für die Berechnung der Anfechtungsfrist komme es insgesamt auf den Zeitpunkt der letzten Teilleistung an. Die Leistungen des Insolvenzschuldners seien unentgeltlich. Der Beklagte zu 2) habe keine objektiv messbare Gegenleistung erbracht, für die eine Vergütung von 4 Mio. DM angemessen wäre. Hinsichtlich der Beklagten zu 1) fehle es ohnehin an jeglicher Gegenleistung.
Der Kläger beantragt:
Auf die Berufung des Klägers/Berufungsklägers wird das angefochtene Urteil der 4. Zivilkammer des LG Heidelberg vom 12.11.2002 (LG Heidelberg, Urt. v. 12.11.2002 – 4 O 26/02) im Kostenpunkt aufgehoben und i.Ü. wie folgt abgeändert:
Die Beklagte Ziff. 1 wird verurteilt, dem Kläger 511.291,88 Euro (1.000.000 DM) nebst 5 % über dem Basiszinssatz hieraus seit Klagzustellung zu bezahlen.
Der Beklagte Ziff. 2 wird verurteilt, dem Kläger 511.291,88 Euro (1.000.000 DM) nebst 5 % über dem Basiszinssatz hieraus seit Klagzustellung zu bezahlen.
Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagten wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigen das angefochtene Urteil. Ergänzend behaupten die Beklagten, hinsichtlich eines Teils der erhaltenen Leistungen sei Entreicherung eingetreten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Mit zutreffenden Erwägungen, die durch das Berufungsvorbringen nicht entkräftet werden, hat das LG die Klage abgewiesen.
Hinsichtlich der Zahlungen vor dem 1.1.1999 (500.000 DM an die Beklagte zu 1) und 1.000.000 DM an den Beklagten zu 2) scheitert die Anfechtung schon daran, dass die Anfechtungsfrist nicht eingehalten ist.
Zutreffend hat das LG gem. Art. 106 Abs. 1 EGInsO für diese Teilleistungen die Frist des § 32 Nr. 1 KO herangezogen. Danach ist die Anfechtungsfrist für die am 12.11.1998 geleisteten Zahlungen am 12.11.1999 und damit vor der am 17.5.2002 erfolgten Klageerhebung abgelaufen.
Entgegen der Auffassung des Klägers hat die Anfechtungsfrist des § 32 Nr. 1 KO nicht erst mit der letzten Teilleistung zu laufen begonnen. Die Anfechtungsfrist ist vielmehr für jede Teilleistung gesondert zu bestimmen.
Allerdings ist bei Verfügungen, die in mehreren Akten erfolgen, grundsätzlich der letzte Akt für die Anfechtbarkeit maßgeblich. So reicht es für die Anfechtbarkeit einer Schenkung aus, wenn deren Vollzug innerhalb der Anfechtungsfrist erfolgt ist, auch wenn das schuldrechtliche Grundgeschäft schon vorher abgeschlossen wurde (BGH v. 4.3.1999 – IX ZR 63/98, BGHZ 141, 96 [103] = MDR 1999, 764). Grund hierfür ist, dass die dingliche Verfügung und das ihr zu Grunde liegende schuldrechtliche Geschäft als Einheit zu betrachten sind. Nur in der Zusammenschau der beiden Geschäfte lässt sich beurteilen, ob eine unentgeltliche Verfügung i.S.d. § 32 KO vorliegt (BGH v. 24.3.1988 – IX ZR 118/87, MDR 1988, 773 = NJW-RR 1988, 841).
Wird das Grundgeschäft wie im vorliegenden Fall durch mehrere Teilleistungen erfüllt, genügt zur Beur...