Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1995
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger (Kl) sind Eheleute, die zur Einkommensteuer (ESt) zusammen veranlagt werden. Sie erwarben mit Kaufvertrag vom 6. Mai 1993 ein Grundstück in Bad Gottleuba, das sie in der Folgezeit mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebauten. Für die Herstellung des Gebäudes wurden den Kl im Streitjahr 1995 verschiedene Rechnungen über insgesamt 541.946,05 DM erteilt. Zur Aufgliederung und Höhe der Beträge im einzelnen verweist der Senat auf die Anlage zur ESt-Erklärung 1995 unter III.
In ihrer ESt-Erklärung 1995 beantragten die Kl den Abzug von Herstellungskosten wie Sonderausgaben gemäß § 7 Abs. 1 des Gesetzes über Sonderabschreibungen und Abzugsbeträge in Fördergebiet (Fördergebietsgesetz) –FördG– in Höhe von 4.000 DM. Der Beklagte (das Finanzamt – FA–) ließ diese Aufwendungen nicht zum Abzug zu und setzte am 27. Mai 1997 die ESt für 1995 auf 33.974 DM sowie den Solidaritätszuschlag auf 2.548,05 DM fest. Der Einspruch hiergegen blieb erfolglos (vgl. Einspruchsentscheidung – EE– vom 18. März 1998).
Mit der Klage tragen die Kl vor, daß der Begriff des Gebäudes im Sinn des § 7 FördG anhand des Bewertungsrechts zu bestimmen sei. Im Bewertungsrecht sei die Fertigstellung nicht Inhalt des Gebäudebegriffs. Daß ein Gebäude bereits bestehe, auch wenn Bezugsfertigkeit und damit Fertigstellung noch nicht vorliegt, zeige § 91 des Bewertungsgesetzes. Für dieses Ergebnis spräche außerdem, daß § 10e des Einkommensteuergesetzes (EStG) und § 7 FördG nebeneinander zur Anwendung kämen. Es sei kein sachlicher Grund dafür erkennbar, warum eine Förderung nach beiden Vorschriften nur für Ausbauten und Erweiterungen erfolgen soll. In übrigen sei ein Gebäude schon dann fertiggestellt, wenn der Bezug zumutbar sei, nicht erst dann, wenn sämtliche Bauarbeiten abgeschlossen seien. Zum Vorbringen der Kl im einzelnen wird auf deren Schriftsätze vom 20. April und 19. Mai 1998 und das protokollierte Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vom 9. Juni 1999 verwiesen.
Die Kl beantragen,
unter Änderung des ESt-Bescheides für 1995 vom 27. Mai 1997 und der EE vom 18. März 1998 die ESt auf 32.478 DM und den Solidaritätszuschlag auf 2.435,85 DM festzusetzen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zum Vorbringen des FA wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 9. Juni 1999 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Nach § 7 Abs. 1 FördG können Aufwendungen, die auf an einem eigenen Gebäude vorgenommene Herstellung- und Erhaltungsarbeiten entfallen, im Jahr der Zahlung und den folgenden neun Jahren jeweils bis zu 10 vom Hundert wie Sonderausgaben abgezogen werden. Aus dem Wortlaut dieser Vorschrift ergibt sich, daß von § 7 Abs. 1 FördG nur solche Herstellungs- und Erhaltungsarbeiten erfaßt werden, die ein Gebäude betreffen, dessen Herstellungsprozeß abgeschlossen ist. Der Förderrahmen des § 7 FördG erstreckt sich demgemäß nicht auf die Aufwendungen zur Herstellung eines neuen Gebäudes. Denn die Arbeiten müssen an einem eigenen Gebäude vorgenommen worden sein. Das Gebäude muß demnach hergestellt sein, bevor mit den Arbeiten begonnen wird. Ansonsten hätte der Gesetzestatbestand formuliert werden müssen: „Die Aufwendungen zur Herstellung oder Erhaltung eines eigenen Gebäudes können im Jahr …” (Stuhrmann in Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 7 FördG Rn. 12). Dieses Ergebnis deckt sich auch mit dem Willen des Gesetzgebers, der durch diese Regelung die Durchführung von Herstellungs- und Erhaltungsarbeiten an zu eigenen Wohnzwecken bereits genutzten eigenen Gebäuden im Fördergebiet fördern wollte. Hierdurch sollte dem allgemein schlechten Zustand der Bausubstanz im Fördergebiet Rechnung getragen werden (BT-Drucks. 12/562, S. 72). Nachdem sich der Begriff des Gebäudes in § 7 FördG unmittelbar aus der Vorschrift erschließt, bedarf es keines Rückgriffs auf das Bewertungsrecht und damit keiner Entscheidung über den Inhalt des dort verwendeten Gebäudebegriffs.
Die Einbeziehung der Herstellungskosten in die Förderung nach § 7 FördG soll die Baumaßnahmen an einem Gebäude mit umfassen, die zur Herstellung eines den modernen Wohnbedürfnissen entsprechenden Zustandes notwendig sind und zu Herstellungskosten führen (Urteil des FG Brandenburg vom 17. September 1997 2 K 510/97 E, EFG 1998, 48 m.w.N.). Der unterschiedliche Wortlaut des § 10e EStG und des § 7 FördG belegt im übrigen den unterschiedlichen Förderrahmen der beiden Vorschriften.
Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall kommt eine Förderung nach § 7 FördG nicht in Betracht. Die Aufwendungen der Kl im Streitjahr betrafen ausschließlich Baumaßnahmen zur originären Herstellung des Gebäudes. Hierbei spielt es keine Rolle, daß ein Teil der Aufwendungen möglicherweise Baumaßnahmen betraf, die nach dem Zeitpunkt anfielen, ab dem das Gebäude oder einzelne Gebäudeteile ihrer Bestimmung gemäß genutzt werd...