rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässigkeit einer Untätigkeitsklage bei Nichtentscheidung wegen anhängigen Parallelverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Untätigkeitsklage ist unzulässig, wenn das FA als Grund für das Hinauszögern der Sachentscheidung dem Steuerpflichtigen mitteilt, dass es die Entscheidung in einem finanzgerichtlichen Musterverfahren abwarten will (hier: nicht rechtskräftig entschiedene Klage des Steuerpflichtigen gegen dasselbe FA dieselbe Streitfrage betreffend).

 

Normenkette

FGO § 46 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.10.2010; Aktenzeichen V R 43/08)

BFH (Urteil vom 07.10.2010; Aktenzeichen V R 43/08)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Klägerin werden die Kosten des Verfahrens auferlegt.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob eine Untätigkeitsklage der Klägerin gegen Umsatzsteuerbescheide des Finanzamts L.B) zulässig ist.

Das Finanzamt L.B) erließ am 5.12.2006 Umsatzsteuerjahresbescheide für 2004 und 2005 sowie am 6.12.2006 einen Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid für das 1. Kalendervierteljahr 2006. Die Klägerin legte am 7. und 8.12.2006 Einspruch ein und beantragte Aussetzung der Vollziehung. Aussetzung der Vollziehung wurde nach Einleitung eines Gerichtsverfahrens gewährt.

Die Klägerin hat den Beklagten mit Schriftsatz v. 2.7.2007 aufgefordert, bis spätestens 20.7.2007 über den Einspruch zu entscheiden. Der Beklagte verwies auf beim Sächsischen Finanzgericht anhängige Parallelverfahren, eine einheitliche Entscheidung würde angestrebt. Es müsse der Oberfinanzdirektion Bericht erstattet werden. Darauf erwiderte die Klägerin mit Schriftsatz v. 12.7.2007, der nachrichtlich auch an die Oberfinanzdirektion ging, dass nach fruchtlosem Ablauf der Frist bis zum 20.7.2007 Untätigkeitsklage erhoben würde.

Über den Einspruch wurde bislang nicht entschieden.

Die Klägerin erhob am 31.7.2007 Untätigkeitsklage. Sie ist der Meinung, dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 46 Abs. 1 FGO erfüllt sind. Die Frist von sechs Monaten nach Einlegung des außergerichtlichen Rechtsbehelfes (§ 46 Abs. 1 Satz 2 FGO) sei bei Klageerhebung abgelaufen gewesen. Der Beklagte habe ohne zureichenden Grund nicht in angemessener Frist über den Einspruch entschieden. Er habe in einem Schriftsatz v. 18.5.2007 an das Sächsische Finanzgericht eingeräumt, nicht nachweisen zu können, dass Ware, welche als innergemeinschaftlich ausgeliefert deklariert worden sei, tatsächlich vorher nach Deutschland gelangt sei. Der Beklagte hätte deshalb nicht nur die Aussetzung der Vollziehung verfügen, sondern die angefochtenen Bescheide aufheben können. Stattdessen habe der Beklagte die unzutreffende Auffassung vertreten, die Klägerin müsse darlegen, dass die Ware nicht nach Deutschland gelangt sei.

Entgegen der Auffassung des Beklagten sei die Erhebung der Untätigkeitsklage nicht rechtsmissbräuchlich. Die Klägerin nehme ihr Grundrecht wahr, den Rechtsweg zu beschreiten. Der Sachverhalt sei geklärt. Sie habe keine Mitwirkungspflichten verletzt. Es gebe keine vorgreiflichen Verfahren. Eine Berichtspflicht gegenüber der Oberfinanzdirektion rechtfertige die Überschreitung einer Bearbeitungszeit von sechs Monaten nicht. Der Beklagte habe ausreichend Zeit gehabt, sich mit der Oberfinanzdirektion abzustimmen. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin habe am 11.7.2007 bei der Umsatzsteuerreferentin der Oberfinanzdirektion telefonisch nachgefragt, in welcher Zeit mit einer Entscheidung zu rechnen sei. Sie habe erklärt, dass der Beklagte bis Ende Juli zu berichten habe, dass der Bericht sodann in der Oberfinanzdirektion geprüft würde und in einem weiteren Schritt eine Abstimmung mit dem Sächsischen Staatsministerium zu erfolgen habe. Einen konkreten Zeitpunkt für den Abschluss der Abstimmung habe die Umsatzsteuerreferentin nicht nennen können.

Die Untätigkeitsklage sei begründet, da unzutreffend steuerpflichtige innergemeinschaftliche Lieferungen angenommen würden.

In der mündlichen Verhandlung v. 15.10.2008 nahm die Klägerin die Untätigkeitsklage zum Umsatzsteuerbescheid 2004 zurück. Der Beklagte nahm seinen Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid für das 1. Kalendervierteljahr 2006 zurück. Insoweit erklärten die Beteiligten die Hauptsache übereinstimmend für erledigt.

Danach beantragt die Klägerin,

den Bescheid über Umsatzsteuer 2005 v. 5.12.2006 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte hält die Untätigkeitsklage für unzulässig.

Die Klage sei rechtsmissbräuchlich erhoben worden. Die Entscheidung über den Einspruch habe die Klägerin durch ein Zuwarten in überschaubarer Zeit erreichen können. Die Klägerin habe bei der Aufklärung entscheidungserheblicher Tatsachen nicht mitgewirkt. Sie habe in Steuererklärungen innergemeinschaftliche Lieferungen aus Deutschland behauptet und erst später einen ganz anderen Sachverhalt dargestellt, ohne Aufklärung zu geben, aus welchem Grund Ausgangsrechnungen und Lieferpapiere einen in Deutschland steuerbaren Umsatz indizierten....

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