Entscheidungsstichwort (Thema)
Kraftfahrzeugsteuer für Pick-up-Fahrzeuge mit Doppelkabine nach Aufhebung des § 23 Abs. 6a StVZO
Leitsatz (redaktionell)
1. Seit der Aufhebung von § 23 Abs. 6a StVZO mit Wirkung zum 1.5.2005 gilt auch für Kraftfahrzeuge mit einem Gesamtgewicht von über 2,8 t der vom BFH entwickelte Grundsatz, dass anhand von Bauart und Einrichtung des Fahrzeugs zu beurteilen ist, ob ein Lkw oder ein Pkw vorliegt.
2. Nach dem dem KraftStG zugrunde liegenden eigenen kraftfahrzeugsteuerrechtlichen Begriff ist ein Pkw ein nach Bauart und Einrichtung zur Beförderung von Personen bestimmtes Fahrzeug mit nicht mehr als acht Fahrgastplätzen.
3. Serienmäßige Pick-up-Fahrzeuge des Typs Mitsubishi L 200 bzw. K 60 T, die jeweils mit einer Doppelkabine und fünf Sitzplätzen ausgestattet sind und bei denen die hinter der Doppelkabine befindliche und von dieser durch eine Zwischenwand getrennte Ladefläche weniger als die Hälfte der gesamten Nutzfläche ausmacht, sind kraftfahrzeugsteuerrechtlich als Pkw anzusehen.
Normenkette
KraftStG § 2 Abs. 2 S. 1, § 8 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2; StVZO § 23 Abs. 6a
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Tatbestand
Der Kläger betreibt einen Gartenbaubetrieb, in dessen Rahmen er u.a. Leistungen (Pflege der öffentlichen Grünanlagen, Winterdienst) an verschiedene Kommunen erbringt. Er war im streitigen Zeitraum Halter zweier Kraftfahrzeuge der Marke Mitsubishi mit den amtlichen Kennzeichen A) und B). Bei den Fahrzeugen handelt es sich um Pick-up-Fahrzeuge des Typs L 200 bzw. K 60 T, die jeweils mit einer Doppelkabine und fünf Sitzplätzen ausgestattet sind. Das verkehrsrechtlich zulässige Gesamtgewicht der Fahrzeuge beträgt 2.810 kg bzw. 2.830 kg, der Hubraum 2.477 cm³. Die Ladefläche ist kleiner als die Fläche zur Personenbeförderung (inkl. der dem Fahrersitz zuzuordnenden Bodenfläche). Im Fahrzeugschein sind die Fahrzeuge als „Lkw offener Kasten” beschrieben. Gegenüber der Ausstattung des Herstellers hat Kläger an den Fahrzeugen keine Veränderungen vorgenommen. Der Beklagte (das Finanzamt) behandelte die Fahrzeuge zunächst als Lkw und setzte die Kraftfahrzeugsteuer gewichtsbezogen fest.
Mit nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) geänderten Bescheiden vom 12. August 2005 (B)) und 26. August 2005 (A)) setzte das Finanzamt die Kraftfahrzeugsteuer für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen B) für die Zeit vom 25. Juli 2004 bis 30. April 2005 auf 132,– EUR, für die Zeit vom 1. Mai 2005 bis 24. Juli 2005 auf 93,– EUR und für die Zeit ab 25. Juli 2005 auf jährlich 401,– EUR sowie für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen A) für die Zeit vom 26. September 2004 bis 30. April 2005 auf 102,– EUR, für die Zeit vom 1. Mai 2005 bis 25. September 2005 auf 337,– EUR und für die Zeit ab 26. September 2005 auf jährlich 832,– EUR fest. Dabei legte es ab 1. Mai 2005 für das Fahrzeug B) einen Steuersatz von 16,05 EUR je angefangene 100 cm³ nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b KraftStG und für das Fahrzeug A) einen Steuersatz von 33,29 EUR je angefangene 100 cm³ nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe d KraftStG zu Grunde. Den Kraftfahrzeugsteuerbescheid für das Fahrzeug B) änderte das Finanzamt am 21. Juni 2007 nochmals und setzte die Steuer für die Zeit vom 25. Juli 2006 bis 31. März 2007 auf 274,– EUR, für die Zeit vom 1. April 2007 bis 24. Juli 2007 auf 135,– EUR und für die Zeit ab 25. Juli 2007 auf jährlich 431,– EUR fest. Die Änderung beruht auf einem Tarifwechsel zum 1. April 2007 (Erhöhung des Steuerbetrags je angefangene 100 cm³ von 16,05 EUR auf 17,25 EUR, § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b KraftStG i.V.m. § 9a KraftStG).
Nach erfolgloser Durchführung des Einspruchsverfahrens (Einspruchsentscheidung vom 27. November 2008) hat der Kläger gegen die geänderten Steuerfestsetzungen Klage erhoben. Er trägt hierzu vor, dass Fahrzeuge für seinen Gewerbebetrieb Eigenschaften zu erfüllen hätten, die ein Pkw nicht erbringen könne. Zum Einen müssten die Fahrzeuge geeignet sein, die Mitarbeiter zu den einzelnen, ständig wechselnden Arbeitsplätzen transportieren zu können. Zum Anderen müssten die Fahrzeuge über eine Ladefläche zum Transport von Schuttgütern, Arbeitsmaschinen und selbst fahrenden Arbeitsmaschinen (Rasenmäher usw.) geeignet sein. Darüber hinaus müsse das Fahrzeug geeignet sein, Gelände zu befahren, für das ein straßentauglicher Pkw nicht geeignet sei. Alle diese Anforderungen würden die beiden Pick-up-Fahrzeuge erfüllen.
Bei einem Kraftfahrzeug sei grundsätzlich anhand von Bauart und Einrichtung zu beurteilen, ob es sich um einen Lkw oder einen Pkw handele, wobei der Bundesfinanzhof (BFH) klargestellt habe, dass kein Merkmal dabei von vornherein alleinstehend angesehen werden könne, wenn auch einzelnen Merkmalen ein besonderes Gewicht zukomme. Die Einstufung müsse im Einzelfall nicht anhand des Fahrzeugtyps per se sondern anhand der konkreten Ausstattungsmer...