Entscheidungsstichwort (Thema)
sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Widerruf eines Bewilligungsbescheides bei zweckwidriger Verwendung der Förderleistungen aus dem Sonderprogramm des Bundes zum [Wieder-]Einstieg von Langzeitarbeitslosen ab 25 Jahren in Beschäftigung. Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes. keine Umdeutung in Aufhebungsentscheidung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Frage, ob ein Verwaltungsakt rechtmäßig ist, bestimmt sich ausschließlich danach, ob die im Einzelfall entscheidungserheblichen Rechtsvorschriften beachtet worden sind. Die böse Absicht, einen rechtmäßigen Verwaltungsakt nicht ordnungsgemäß umsetzen oder befolgen zu wollen, macht den Verwaltungsakt nicht rechtswidrig.
2. Die bescheidwidrige Mittelverwendung macht nicht den Fördermittelbescheid rückwirkend rechtswidrig, sondern eröffnet der zuständigen Behörde lediglich die Möglichkeit, die Fördergelder nach Maßgabe von § 47 SGB 10 zurückzufordern.
3. Die zweckwidrige Verwendung der bewilligten Förderleistungen berührt nicht die Rechtmäßigkeit des Bewilligungsbescheides, sodass eine Umdeutung einer Widerrufsentscheidung in eine Aufhebungsentscheidung nach § 48 SGB 10 nicht möglich ist.
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 9. September 2011 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Instanzen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit des Widerrufs von Förderleistungen, welche dem Kläger zur Durchführung des Sonderprogramms des Bundes zum (Wieder-) Einstieg von Langzeitarbeitslosen ab 25 Jahren in Beschäftigung gewährt wurden.
Der Kläger, ein Landkreis, beantragte erstmals am 19. September 2003, nach einem vorherigen Planungsgespräch mit Mitarbeitern der Beklagten zur Durchführung der Maßnahme, unter Verwendung des Antragsformulars "Arbeit für Langzeitarbeitslose (AfL) - Sonderprogramm des Bundes zum (Wieder-)Einstieg von Langzeitarbeitslosen ab 25 Jahren in Beschäftigung, Antrag auf Förderleistung nach den AfL-Richtlinien (AfL-RL)" für insgesamt 44 Arbeitslose die Gewährung von Fallpauschalen zur Durchführung der Maßnahme. Nummer 2 des Antrages (Erklärungen des Antragstellers / Hinweise) lautete:
"Im Rahmen des Programms AfL beantrage ich hiermit ab 01.10.2003 die Gewährung von monatlichen Fallpauschalen nach Artikel 3 AfL-RL für die Zuweisung/Teilnahme von insgesamt 44 Arbeitslosen an Maßnahmen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Die Gesamtzahl der Arbeitslosen setze sich zusammen aus
- 26 Langzeitarbeitslosen, die Arbeitslosenhilfe und ggf. ergänzende Sozialhilfe beziehen und
- 18 Sozialhilfeempfängern, die mindestens sechs Monate arbeitslos sind.
Ich stelle sicher, dass ausschließlich förderfähige Personen nach Artikel 3 § 1 i.V.m. Artikel 1 Abs. 1 AfL-RL in neue oder bereits laufende BSHG-Maßnahmen nach Art. 3 § 2 AfL-RL zugewiesen werden und dass dabei die Regelungen nach Artikel 1 Abs. 3 und 4 AfL-RL eingehalten werden.
Die Arbeitslosen sollen den Maßnahmen nach Artikel 3 § 2 AfL-RL wie folgt zugewiesen werden:
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§ 19 Abs. 1 BSHG |
44 Personen |
§ 19 Abs. 2 Satz 1 Variante 1 BSHG |
0 Personen. |
Die Auszahlung der Förderleistungen erfolgt monatlich nachträglich nach Vorlage des jeweiligen Monatsberichts in der vom Arbeitsamt vorgegebenen Struktur und setzt voraus, dass alle Teilnehmer vor Maßnahmeeintritt beim zuständigen Arbeitsamt arbeitslos gemeldet sind.
Während der Programmlaufzeit ist ein gleichzeitiger Einsatz von AfL-Mitteln (anteilig aus dem ESF finanziert) und ESF-Landesmitteln nicht zulässig (ESF-Formulierungsverbot)."
Als Eingang des Antrages vom 19. September 2003 wurde der 20. Oktober 2003 vermerkt.
Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 23. Oktober 2003 entsprechend dem Förderantrag vom 20. Oktober 2003 auf der Basis der Richtlinie des Bundes zum Sonderprogramm Arbeit für Langzeitarbeitslose ab 1. Oktober 2003 für die Maßnahme AfL 03/02 monatliche Fallpauschalen für die Teilnahme von insgesamt 44 Arbeitslosen an Maßnahmen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Im Bewilligungsbescheid ist weiter ausgeführt:
"Die Gesamtzahl der Arbeitslosen setzt sich zusammen aus
- 26 Langzeitarbeitslosen, die Arbeitslosenhilfe und ggf. ergänzende Sozialhilfe beziehen. Die Förderhöhe beträgt 218.400,00 € (monatliche Fallpauschale 1.400,00 €) und
- 18 Sozialhilfeempfängern, die mindestens sechs Monate arbeitslos sind. Die Förderhöhe hierfür beträgt 86.400,00 € (monatliche Fallpauschale 800,00 €).
Die Dauer der Förderung je Teilnehmer beträgt höchstens 6 Monate ab Maßnahmeeintritt.
Daraus ergibt sich ein Gesamtförderbetrag in Höhe von 304.800,00 €.
Eine Änderung der Aufteilung ist nur mit vorheriger Zustimmung des Arbeitsamtes möglich.
Die Fallpauschalen werden mit der Maßgabe gewährt, dass
1. Sie ausschließlich förderfähige Personen nach Art. 3 § 1 i.V.m. Artikel 1 Abs. 1 AfL-RL in die entsprechenden BSHG-Maßnahmen nach § 19 Abs. 1 BSHG oder § 19 Abs. 2 Satz 1 Variante 1 BSHG (Artikel 3 § 2 AfL-RL) zuwei...