Rz. 7
§ 47 definiert den Begriff des Hilfsmittels i. S. d. medizinischen Rehabilitation und grenzt diese insbesondere im Verhältnis zu den Hilfsmitteln im Rahmen der Leistungen
- zur Teilhabe am Arbeitsleben (insbesondere § 49 Abs. 8),
- zur Teilhabe an Bildung (§ 75) und
- zur Sozialen Teilhabe (Eingliederungshilfe, §§ 76 ff.)
ab. Die gesetzliche Krankenversicherung, die nur für die Leistungsgruppe "Leistungen zur medizinischen Rehabilitation" zuständig ist, hat somit nicht jegliche Folgen von Behinderung für alle Lebensbereiche durch Hilfsmittel auszugleichen. Vielmehr ist deren Aufgabenbereich im Rahmen der medizinischen Rehabilitation von den Aufgabenbereichen anderer Rehabilitationsträger und der Eigenverantwortung der Versicherten abzugrenzen. Im Bereich des von ihr zu erfüllenden Behinderungsausgleichs bemisst sich die originäre Leistungszuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung nach dem Zweck des Hilfsmittels, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mindert und damit der Befriedigung eines allgemeinen Grundbedürfnisses des täglichen Lebens und einem möglichst selbstbestimmten und selbstständigen Leben dient (= medizinische Rehabilitation i. S. d. § 47; BSG, Urteil v. 7.5.2020, B 3 KR 7/19 R).
Rz. 8
Nach dem Wortlaut des § 47 Abs. 1 sind Hilfsmittel Hilfen, die von den Leistungsempfängern getragen oder mitgeführt oder bei einem Wohnungswechsel mitgenommen werden können und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles erforderlich sind, um
- einer drohenden Behinderung vorzubeugen (Rz. 14 ff.),
- den Erfolg einer Heilbehandlung zu sichern (Rz. 17) oder
- eine Behinderung bei der Befriedigung von Grundbedürfnissen des täglichen Lebens (Rz. 18 f.) auszugleichen, soweit es sich bei dem Hilfsmittel nicht um einen allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens (Rz. 24 ff.) handelt.
Als Hilfsmittel i. S. d. § 47 kommen somit wegen des Wortlautes des Abs. 1 nur bewegliche Sachen in Betracht. Hilfsmittel, die mit dem Wohngebäude fest verankert sind, können somit nicht im Rahmen der medizinischen Rehabilitation, sondern – unter Berücksichtigung der rehabilitationsträgerspezifischen Anspruchsvoraussetzungen – ausschließlich im Rahmen der restlichen Leistungsgruppen des § 5 finanziert werden (vgl. auch BSG, Urteil v. 6.8.1998, B 3 KR 14/07 R – Treppenlift). Gleiches gilt für technikgestützte Dienstleistungen (BSG, Urteil v. 26.6.1990, 3 RK 39/89 – Hausnotrufsystem) und für Hilfsmittel allein wegen der Besonderheiten der individuellen Wohnverhältnisse des Menschen mit Behinderungen (kein Anspruch eines gehunfähigen Versicherten auf Versorgung mit einer elektrisch betriebenen mobilen Treppensteighilfe für einen Rollstuhl im Rahmen von § 33 SGB V, § 47: BSG, Urteil v. 7.10.2010, B 3 KR 13/09 R).
Rz. 9
Hilfsmittel sind nach allgemeiner Auffassung Gegenstände, deren Gebrauch eine beeinträchtigte Körperfunktion oder ein beeinträchtigtes Sinnesorgan ersetzt, erleichtert, ergänzt oder erst ermöglicht. Der Hilfsmittelbegriff des § 47 wird teils unterschiedlich beschrieben. So definieren z. B.
Hilfsmittel als "sächliche Mittel oder technische Produkte, die individuell gefertigt oder als serienmäßig hergestellte Ware in unverändertem Zustand oder als Basisprodukt mit entsprechender handwerklicher Zurichtung, Ergänzung bzw. Abänderung von den Leistungserbringern abgegeben werden. Dazu können auch solche sächlichen Mittel oder technischen Produkte zählen, die dazu dienen, Arzneimittel oder andere Therapeutika, die zur inneren Anwendung bestimmt sind, in den Körper zu bringen (z. B. bestimmte Spritzen oder Inhalationsgeräte). Diese Eigenschaften treffen sicherlich auch auf die Hilfsmittel i. S. d. § 47 zu. Allerdings ist nach der Rechtsprechung zwecks Intensivierung der Definition auch auf die jeweilige Zweckbestimmung/Zielrichtung des individuell benötigten Hilfsmittels abzustellen. Z. B. werden gemäß dem Urteil des BSG v. 15.3.2018, B 3 KR 18/17 R Hilfsmittel zum Behinderungsausgleich […] nicht mit dem vorrangigen Ziel eingesetzt, auf die Krankheit, d. h. auf den regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand als solchen, kurativ-therapeutisch einzuwirken. Sie sollen vielmehr in erster Linie die mit diesem regelwidrigen Zustand bzw. mit der Funktionsbeeinträchtigung verbundene (oder im Falle der Vorbeugung zu erwartende) Teilhabestörung ausgleichen, mildern, abwenden oder in sonstiger Weise günstig beeinflussen, um die Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern und Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen zu vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken (vgl. § 1). Bei der Beurteilung eines Anspruc...