Rz. 36
Die Hilfsmittel im Rahmen der medizinischen Rehabilitation (§ 5 Nr. 1, § 47) bezwecken, die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben zu beseitigen oder zu mindern. Hierzu verfolgt die Hilfsmittelversorgung die Anpassung des Menschen mit Behinderungen an die Erfordernisse seiner Umwelt; er kann aber nicht verlangen, dass das Umfeld an seine Bedürfnisse angeglichen wird (vgl. BSG, Urteil v. 18.6.2014, B 3 KR 8/13 R).
Leistungen zur Sozialen Teilhabe sollen den Menschen mit Behinderungen unterstützen,
- ausgerichtet nach den eigenen Bedürfnissen und Wünschen zu wohnen und
- sich am gesellschaftlichen Leben (Sozialraum) zu beteiligen.
Ob ein Hilfsmittel eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder vielmehr eine solche zur Sozialen Teilhabe ist, richtet sich nach der Zielsetzung, das mit dem jeweiligen Hilfsmittel verfolgt wird. Zu den Leistungen zur Sozialen Teilhabe gehören im Gegensatz zu denen der medizinischen Rehabilitation solche Hilfsmittel, die den Ausgleich hin zu einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft bezwecken oder das Wohnen in der Wohnung bzw. in der selbst gewählten Wohnform erleichtern (vgl. BSG, Urteil v. 15.3.2018, B 3 KR 18/17 R).
Hilfsmittel zur Sozialen Teilhabe dienen insbesondere dazu,
die Wohnung des betroffenen Menschen behindertengerecht auszustatten.
Hierbei handelt es sich insbesondere um Geräte oder bauliche Maßnahmen, die bezogen auf die Wohnraumausstattung den Alltag erleichtern. Im Gegensatz zu anderen Hilfsmitteln sind sie fest mit dem Gebäude installiert und können bei einem Umzug nicht mitgenommen werden. Hier handelt es sich um die notwendige behindertengerechte Ausstattung der Wohnung sowie des Treppenhauses (z. B. verbreiterte Türen für Rollstuhlfahrer, Treppenlift, Klingel-Leuchten und sonstige Signalanlagen für Gehörlose, Stütz- und Haltegriffe für das Bad, Rampe).
dem betroffenen Menschen die Versorgung des eigenen Haushalts und sonstige Verrichtungen des täglichen Lebens zu erleichtern.
Hierbei handelt es sich um Hilfsmittel, die nicht von der Krankenkasse oder Pflegekasse finanziert werden, um eine möglichst selbstbestimmte und eigenverantwortliche Lebensführung im eigenen Wohnraum und im Sozialraum zu ermöglichen (z. B. Greifhilfe für Ohnhänder, Greifzange, Blitz-Wecker für Gehörlose, Haarbürsten und Kämme mit extra langem Griff, Hand- und Nagelbürsten sowie Nagelfeilen mit Saugfüßen zur Befestigung am Waschplatz, Hilfen beim An- und Ausziehen, Griff- oder Schalterverdickungen).
bei Hör- und Sprachstörungen die Verständigung mit der Umwelt zu verbessern.
Diese Leistungen werden erbracht, um Menschen mit Hör- und/oder Sprachbehinderungen den Kontakt mit anderen Menschen zu ermöglichen oder zu erleichtern (z. B. Hörgerätebatterien, die von der Krankenkasse nicht bezahlt werden – vgl. Rz. 39 –, Talker).
dem Betroffenen die Teilnahme am gesellschaftlichen und kulturellen Leben zu ermöglichen (z. B. barrierefreier Computer; Großfeld- oder Displaytastaturen und behindertengerechte Computer-Mäuse).
Ziel ist die Ermöglichung/Erleichterung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft.
- die für die Soziale Teilhabe erforderliche Mobilität sicherzustellen (z. B. behindertengerechte Bedienungseinrichtungen bei Kraftfahrzeugen oder Zusatzgeräte für Rollstühle, damit sich der Mensch mit Behinderung, wegen der er öffentliche Verkehrsmittel nicht nutzen kann, über den Nahbereich hinaus bewegen kann).
Die Rechtsgrundlagen für Ansprüche auf Leistungen der Sozialen Teilhabe ergeben sich insbesondere aus den §§ 76, 77, 82, 83, 84, 113, 114.
Zuständig für die Übernahme der Kosten im Rahmen der Leistungen zur Sozialen Teilhabe sind in erster Linie die Träger der Eingliederungshilfe (vgl. § 5 i. V. m. § 6).
Hinsichtlich des Anspruchs auf die Hilfsmittel im Rahmen der Leistungen zur Sozialen Teilhabe ist zu beachten, dass bei manchen Leistungen eine Prüfung von Einkommens- und Vermögensverhältnissen erfolgt (§ 91).
Bezüglich des verwaltungsmäßigen Verfahrens bei rehabilitationsträgerübergreifenden Leistungsanträgen wird auf die Ausführungen unter Rz. 40 ff. verwiesen.
Rz. 37
Anhand bestimmter Hilfsmittel wird nachstehend exemplarisch der Unterschied zwischen Hilfsmitteln zur Sozialen Teilhabe (§§ 76 ff.) und Hilfsmitteln zur medizinischen Rehabilitation (§ 47) verdeutlicht:
Rz. 38
a) mobile und immobile Hilfsmittel
Nach dem Wortlaut des § 47 sind Hilfsmittel i. S. d. medizinischen Rehabilitation nur diejenigen, die von dem Leistungsberechtigten getragen oder mitgeführt oder bei einem Wohnungswechsel mitgenommen werden können. Kann das Gerät bei einem Wohnungswechsel ohne wesentliche verbleibende Folgen, insbesondere ohne nennenswerte Substanzbeeinträchtigung an Wänden, Decken und Fußböden, ausgebaut und mit vertretbarem Aufwand in einer neuen Wohnung wieder eingebaut werden, liegt ein beweglicher Gegenstand i. S. d. § 33 SGB V bzw. i. S. d. § 47 vor (BSG, Urteil v. 29.4.2010, B 3 KR 5/09 R). Eine Mitnahmemöglichkeit ist z. B. bei Treppenr...