Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung des Bürgen für Rechtsverfolgungskosten
Leitsatz (amtlich)
1. Der Bürge haftet nach § 767 Abs. 2 BGB jedenfalls dann nicht für die durch den Rechtsstreit eines Insolvenzverwalters gegen den Gläubiger nach einer Insolvenzanfechtung entstandenen Kosten, wenn die Berechtigung der Insolvenzanfechtung nicht zweifelhaft ist.
2. Lebt die Forderung, für die der Bürge einstehen muss, nach erfolgreicher Insolvenzanfechtung gem. § 144 Abs. 1 InsO rückwirkend zum Zeitpunkt unmittelbar vor der Insolvenzanfechtung wieder auf, gilt dies auch für die Bürgschaftsforderung. Die Voraussetzungen für einen Verzug mit der Begleichung der Bürgschaftsforderung können allerdings nicht rückwirkend auf den Zeitpunkt der Insolvenzanfechtung entstehen.
Normenkette
BGB § 767 Abs. 2; InsO § 144 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Lübeck (Urteil vom 16.03.2007; Aktenzeichen 12 O 312/06) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 16.3.2007 verkündete Urteil des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des LG Lübeck wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagten aus Bürgschaftserklärungen vom 22.8.2001 in Anspruch. Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes 1. Instanz sowie der dortigen Anträge der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das LG hat die Klage als unbegründet abgewiesen und ausgeführt, die Bürgschaftsschuld erstrecke sich zwar auch auf die hinsichtlich der Hauptverbindlichkeit entstandenen Verzugszinsen sowie die von dem Hauptschuldner zu ersetzenden Kosten der Rechtsverfolgung. Hier gehe es aber bei den geltend gemachten Kosten der Rechtsverfolgung nicht um solche, die von der Hauptschuldnerin - nämlich der L. GmbH - zu ersetzen gewesen wären. Diese Kosten seien vielmehr angefallen, weil die Klägerin auf die Hauptschuld Gutschriften verrechnet hätte und insoweit von dem Insolvenzverwalter im Wege der Anfechtung in Anspruch genommen worden sei. Die dadurch entstandenen Kosten seien nicht mehr von der Bürgschaftserklärung gedeckt. Auch die von der Klägerin beanspruchten Verzugszinsen würden nicht die Hauptforderung betreffen. In dem Zeitraum, für den eine Verzinsung verlangt werde, hätte die Hauptforderung nicht bestanden, diese sei erst durch Zahlung der Klägerin an die Insolvenzverwalterin gem. § 144 InsO erneut aufgelebt. Eine Pflichtverletzung im Rahmen des Bürgschaftsvertrages nach § 280 BGB sei den Beklagten nicht vorzuwerfen. Bei der Verrechnung und deren Folgen habe es sich um eine eigene Angelegenheit der Klägerin gehandelt, für die die Beklagten nicht einstehen müssten.
Gegen dieses Urteil wendet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin. Die Klägerin macht geltend:
Die Entscheidung des LG sei fehlerhaft, weil das LG davon ausgehe, dass die Hauptforderung erst zum Zeitpunkt der Zahlung der Klägerin an die Insolvenzverwalterin nach dem verloren gegangenen Prozess um die Insolvenzanfechtung wieder aufgelebt sei. Die Forderung lebe aber mit dieser Zahlung gem. § 144 InsO rückwirkend auf die Zeit vor der Insolvenzeröffnung wieder auf. Sie sei mithin seit Mitte Februar 2003 wieder existent und fällig gewesen, weshalb die Beklagten durch das Zahlungsaufforderungsschreiben der Klägerin vom 25.3.2003 wirksam in Verzug gesetzt worden seien und die Zinsen schon unter dem Gesichtspunkt des § 286 BGB ausgleichen müssten. Für die Prozesskosten gelte nichts anderes. Die Kosten des Anfechtungsprozesses müsse man als Prozesskosten im Hauptsacheverhältnis ansehen, so dass sich die Erstattungsfähigkeit aus § 767 Abs. 2 BGB ergebe. Im Anfechtungsprozess werde im Ergebnis lediglich darüber gestritten, ob die Hauptforderung noch bestehe. Mit negativem Ausgang dieses Verfahrens werde über § 144 InsO festgestellt, dass die Hauptforderung zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch bestehe.
Die Beklagten könnten sich nicht mit dem Einwand entlasten, die Klägerin hätte den Anfechtungsprozess nicht führen brauchen und gleich auf Anforderung der Insolvenzverwalterin zahlen können. Die Klägerin habe die Beklagten nämlich durch Schreiben vom 7.5.2003 aufgefordert, das Anfechtungsbegehren der Insolvenzverwalterin unstreitig zu stellen. Das hätten diese aber verweigert. Sie könnten sich letztlich jetzt nicht dagegen wehren, mit den Folgen und Kosten ihrer Weigerung konfrontiert zu werden. Die beiden Beklagten seien bis dahin Geschäftsführer der insolventen Hauptschuldnerin gewesen. Nach Treu und Glauben sei es ihre Pflicht gewesen, entweder dem Anfechtungsbegehren der Insolvenzverwalterin zuzustimmen oder nunmehr die Kosten zu tragen. Wenn sie sich seinerzeit anders entschieden hätten, wäre der gesamte Anfechtungsprozess mit dem Verzugsschaden vermieden worden.
Die Klägerin beantragt, die Beklagten zu 1) und 2) gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin 13.312,20 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkei...