Rz. 13
Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 141 Abs. 1 S. 1 AO besteht die Buchführungs- und Bilanzierungspflicht nur für den einzelnen Betrieb. Die Buchführungspflicht ist folglich objektbezogen, sodass bei mehreren Betrieben eines einheitlichen Unternehmens das Bestehen der Buchführungspflicht für jeden einzelnen Betrieb gesondert festzustellen ist. Eine Zusammenfassung der als Bezugsgröße dienenden Werte (s. Rz. 20ff.) aus mehreren Betrieben ist nicht zulässig. Eine Ausnahme von mehreren Betrieben sieht § 64 Abs. 2 AO bei steuerbegünstigten Körperschaften, bei denen mehrere wirtschaftliche Geschäftsbetriebe vorliegen, vor, da diese als ein Betrieb zu behandeln sind. Zum dauerhaften Verlustbetrieb bei Betrieben gewerblicher Art s. BMF v. 3.1.2013, IV C 2 – S 2706/09/10005, BStBl I 2013, Haufe-Index HI3560786, ebenso Klein/Rätke, AO, 17. Aufl. 2023, § 141 Rz. 1.
Rz. 14
Bei einem einzelnen Betrieb i. d. S. muss es sich um eine für sich lebensfähige organisatorische Einheit handeln, die unabhängig von der sonstigen wirtschaftlichen Betätigung des Unternehmens betrieben wird und nach außen hin als in sich geschlossenes, selbstständiges Wirtschaftsgebilde in Erscheinung tritt. Ein einzelner Betrieb ist die organisatorische Zusammenfassung personeller, sachlicher und anderer Arbeitsmittel zu einer selbstständigen Einheit, um einen arbeits- bzw. produktionstechnischen Zweck zu erreichen.
Rz. 15
Der einzelne Betrieb i. d. S. ist nicht das Unternehmen i. S. v. § 2 Abs. 1 UStG, welches die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit umfasst. Der einzelne Betrieb ist vielmehr nur ein Teilbereich eines Unternehmens. Dies wiederum ist nicht mit einem Teilbetrieb i. S. d. §§ 14 S. 1, 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG gleichzusetzen, bei dem es sich um einen Teil eines Betriebs handelt, der zwar verselbstständigungsfähig und für sich lebensfähig wäre, aber unselbstständig in den "Gesamtbetrieb" integriert ist.
Rz. 16
Ob ein einzelner Betrieb i. d. S. vorliegt, entscheidet sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im Einzelfall unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung. Kriterium ist hierbei auch, ob es sich um gleichartige oder unterschiedliche Betätigungen handelt. Der Begriff des "einzelnen Betriebs" i. S. v. § 141 Abs. 1 AO ist jedoch im Wesentlichen identisch mit dem Begriff des Betriebs i. S. v. §§ 14, 16 EStG bzw. § 6 Abs. 3 EStG.
Rz. 17
Für die Beurteilung, ob ein Gewerbetreibender Einzelunternehmer einen oder mehrere Betriebe hat, ist auch Abschn. R 2.4 Abs. 2 S. 2 GewStR zu berücksichtigen. Hiernach kommt es auf die Art sowie auf den Ort der ausgeübten Tätigkeit an. Übt der Beteiligte verschiedenartige Tätigkeiten in verschiedenen Gemeinden aus, so liegen immer mehrere Gewerbebetriebe vor. Werden die verschiedenartigen wirtschaftlichen Betätigungen in einer Gemeinde ausgeübt, so liegen grundsätzlich auch mehrere Betriebe vor, sofern nicht nach der Verkehrsauffassung und den Betriebsverhältnissen die verschiedenartigen Tätigkeiten als Einheit anzusehen sind. Es gelten insoweit die gleichen Grundsätze wie im Bewertungsrecht. Wird eine gleichartige gewerbliche Tätigkeit an verschiedenen Stellen in einer oder mehreren Gemeinden ausgeübt, so spricht die Vermutung für einen einheitlichen Betrieb, wenn ein innerer wirtschaftlicher, finanzieller und organisatorischer Zusammenhang besteht.
Rz. 18
Bei Land- und Forstwirten gelten für die Frage, ob ein oder mehrere Betriebe gegeben sind, die zu §§ 14, 16 EStG bzw. § 6 Abs. 3 EStG entwickelten Grundsätze. Für die Annahme eines Betriebs spricht die einheitliche Bewirtschaftung der Betriebsteile, wenn z. B. mit im Wesentlichen jeweils den gleichen Sachmitteln und Arbeitskräften gewirtschaftet wird. Für einen einzelnen Betrieb ist es erforderlich, dass er organisatorisch getrennt und selbstständig bewirtschaftet wird, also zur Selbstständigkeit und Existenzfähigkeit ausreichende Betriebsflächen aus einer oder mehreren Hofstellen zur Verfügung stehen.