Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 35
Generell sind, trotz Vorliegens der sonstigen Voraussetzungen, gesonderte Feststellungen der Einkünfte nur zulässig, wenn sie für die Besteuerung von Bedeutung sein können. Die gesonderte Feststellung ist kein Selbstzweck, sondern soll die Durchführung der Besteuerung erleichtern. Die gesonderte Feststellung übernimmt mit der Ermittlung und Feststellung bestimmter Besteuerungsgrundlagen eine Funktion, die sonst im Steuerbescheid erfüllt würde. Haben die fraglichen Besteuerungsgrundlagen keine Auswirkungen auf den Steuerbescheid, bedarf es demgemäß auch keiner Entlastung des Steuerbescheids durch eine gesonderte Feststellung. Hat die gesonderte Feststellung für die Durchführung des Steuerfestsetzungsverfahrens somit keine Bedeutung, ist sie unzulässig.
Zur Feststellung zu Vorauszahlungszwecken vgl. Frotscher, G., in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 179 AO Rz. 19.
Besteuerungsgrundlagen (Einkünfte) haben für die Steuerfestsetzung keine Bedeutung, wenn sie nicht in die Veranlagung aufzunehmen sind, weil die Steuer durch den Steuerabzug abgegolten ist. Das ist der Fall bei Einkünften, die einer Abgeltungssteuer unterliegen, die also im Rahmen der beschränkten Stpfl. dem Steuerabzug nach § 50a, § 50 Abs. 5 EStG unterliegen. Zu berücksichtigen ist aber, dass die Abgeltungswirkung nach § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 EStG bzw. § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG nicht eintritt, wenn die Einkünfte zu einem Betrieb gehören. Das wird bei Mitunternehmerschaften immer der Fall sein. Die Feststellung hat daher nur zu unterbleiben, wenn die der Abgeltungswirkung unterliegenden Einkünfte von einer vermögensverwaltenden Gesellschaft oder Gemeinschaft bezogen werden. Diese Einkünfte sind auch dann nicht gesondert festzustellen, wenn sie von mehreren gemeinschaftlich bezogen werden. Dagegen sind Kapitalerträge gesondert festzustellen, da sie je nach Lage des Falls der Pauschsteuer nach § 32d EStG, auf Antrag der Veranlagung nach § 32d Abs. 4 EStG, dem Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40 EStG oder § 8b KStG unterliegen können, also keine zwingende Abgeltung eintritt.
In die gleiche Richtung führt es, wenn § 180 Abs. 3 Nr. 1 AO bestimmt, dass eine gesonderte Feststellung von Einkünften nicht vorzunehmen ist, wenn nur eine der an den Einkünften beteiligten Personen im Inland (beschränkt oder unbeschränkt) steuerpflichtig ist. Da dann keine Gefahr von abweichenden Entscheidungen besteht, hat die Feststellung mangels steuerlichen Interesses zu unterbleiben (vgl im Einzelnen Rz. 193ff.).
Rz. 36
Die gesonderte Feststellung darf aber nur unterbleiben, wenn feststeht (unstreitig ist), dass sie steuerlich keine Bedeutung hat. Ist das nicht der Fall, sondern ist die steuerliche Bedeutung zweifelhaft, sind diese Zweifelsfragen im Rahmen einer gesonderten Feststellung zu klären, erforderlichenfalls durch negativen Feststellungsbescheid. Beispiele sind etwa, wenn bei einer Gemeinschaft unklar ist, ob es sich um nicht steuerbare Liebhaberei handelt, oder wenn unklar ist, ob es sich um gemeinschaftliche Einkünfte handelt (Anerkennung einer Mitunternehmerschaft).