Rz. 52

Für die Geltendmachung der Haftung nach Steuergesetzen[1] bringt § 191 Abs. 5 S. 1 AO eine absolute Grenze. Die Geltendmachung ist abhängig vom rechtlichen Bestand des Primäranspruchs.[2] Dabei ist aber stets maßgebend der Steueranspruch, auf welchen sich die Haftung konkret bezieht. Bei der Haftung für Lohnsteuer nach § 42d EStG ist mithin auf die Lohnsteuer und nicht die Einkommensteuer des Arbeitnehmers abzustellen.[3]

Ein Haftungsbescheid darf nicht mehr erlassen werden, wenn:

  • die Festsetzung des Primäranspruchs[4] nicht mehr erfolgen darf. Dies ist ausgeschlossen, wenn die Festsetzungsfrist nach §§ 169, 181 AO[5] abgelaufen ist.[6]  Die eingetretene Festsetzungsverjährung bewirkt nach § 47 AO das Erlöschen des Primäranspruchs und damit das Erlöschen des Haftungsanspruchs.

    Die Festsetzungsfrist muss vor der Bekanntgabe des Haftungsbescheids[7] abgelaufen sein. Der Eintritt der Festsetzungsverjährung für den Steueranspruch nach Erlass des Haftungsbescheids lässt dessen Rechtmäßigkeit unberührt.[8]

 

Rz. 53

  • für den festgesetzten Primäranspruch Zahlungsverjährung gem. § 228 AO eingetreten und dieser gem. § 47 AO erloschen ist.[9]  Tritt die Zahlungsverjährung nach Erlass des Haftungsbescheids ein, so wird dessen Rechtmäßigkeit hierdurch nicht berührt[10]
 

Rz. 54

  • der festgesetzte Primäranspruch erlassen[11] oder nach § 163 AO abweichend festgesetzt wurde[12] und nach § 47 AO erloschen ist[13] , auch wenn der bestandskräftige Erlass rechtsfehlerhaft gewährt worden ist. Unerheblich ist der Erlassgrund.

    § 191 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 AO bringt eine Ausnahme von § 44 Abs. 2 S. 3 AO, wonach persönliche Umstände nur für den jeweiligen Gesamtschuldner wirken, in dessen Person sie vorliegen. Diese Modifizierung wird von dem Gedanken getragen, dass der Haftungsanspruch letztlich subsidiär gegenüber dem Steueranspruch sein soll .[14] Die Geltendmachung des Haftungsanspruchs muss demgemäß auch dann ausgeschlossen sein, wenn nach dessen Festsetzung im Haftungsbescheid der Steuererlass ausgesprochen wird.

[1] S. Rz. 6.
[2] Zur Akzessorietät s. Rz. 10; s. aber Rz. 55; Klein/Rüsken, AO, 13. Aufl. 2016, § 191 Rz. 105.
[5] Halaczinsky, Die Haftung im Steuerrecht, 4. Aufl. 2013, Rz. 640.
[6] § 191 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 AO; Klein/Rüsken, AO, 13. Aufl. 2016, § 191 Rz. 105,
[7] S. Rz. 28.
[8] Klein/Rüsken, AO, 13. Aufl. 2016, § 191 Rz. 105; BFH v. 7.11.1995, VII R 26/95, BFH/NV 1996, 379, 382 m. w. N.; s. auch BVerwG v. 8.5.2002, 9 C 7.01, BFH/NV Beilage 2002, 168.
[10] Klein/Rüsken, AO, 13. Aufl. 2016, § 191 Rz. 105; BFH v. 5.11.1992, I R 41/92, BStBl II 1993, 407, 409; BFH v. 11.7.2001, VII R 28/99, BStBl II 2002, 267.
[12] Rüsken, in Klein, AO, § 191 Rz. 106a.
[14] S. Rz. 42.

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