Rz. 35
Bei den Gründen für die Eröffnung des Verfahrens ist danach zu differenzieren, über wessen Vermögen das Verfahren eröffnet werden soll, da nicht alle Antragsgründe auch für alle Schuldner gelten. Insbesondere ist bei dem Insolvenzgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit nur ein Eigenantrag des Schuldners zulässig. Die gesetzlichen Regelungen zu den Insolvenzantragsgründen haben zum 1.1.2021 Änderungen erfahren.
Rz. 36
Allgemeiner, für alle Schuldner geltender Eröffnungsgrund ist nach § 17 Abs. 1 InsO die Zahlungsunfähigkeit. Hiervon ist nach der Legaldefinition des § 17 Abs. 2 InsO auszugehen, wenn der Schuldner nicht mehr in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen, insbesondere wenn er seine Zahlungen bereits eingestellt hat. Allerdings wird man kurzfristige Zahlungsstockungen noch nicht als ausreichend für eine Erfüllung des § 17 InsO anzusehen haben. Das IDW hat in seinen Ausführungen hierzu die Ansicht vertreten, dass ein Zeitraum von einem Monat an Zahlungsstockungen gegeben sein muss, bevor die insolvenzrechtlich beachtliche Zahlungsunfähigkeit vorliegen kann. Kritisch zu sehen ist insbesondere die Einstellung der Zahlung von Löhnen und Sozialversicherungsbeiträgen. Zahlungsunfähigkeit wird nach einer griffigen Formel dann angenommen, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, binnen drei Wochen 90 % seiner fälligen Verbindlichkeiten zu begleichen.
Rz. 37
Bei einer juristischen Person, bei Personengesellschaften ohne eine natürliche Person als persönlich haftenden Gesellschafter, also insbesondere bei der GmbH & Co. KG, und den Fällen der Nachlassinsolvenz ist darüber hinaus grundsätzlich auch die Überschuldung nach § 19 Abs. 1 InsO ein Eröffnungsgrund. Diese liegt grundsätzlich vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Bei der Bewertung des Vermögens sind allerdings Fortführungswerte anzusetzen, sodass nicht etwa bereits jede bilanzielle Überschuldung zu einer Insolvenzantragspflicht führt. Zudem ist eine Fortführungsprognose unter Berücksichtigung von Finanz- und Erfolgsplänen zu erstellen. Die Ermittlung der Überschuldung i. S. d. § 19 InsO kann deshalb im Einzelfall durchaus schwierig sein.
Rz. 37a
Zu beachten ist insbesondere, dass nach der gültigen Rechtslage die Überschuldung für sich allein kein Insolvenzantragsgrund ist, da durch das FMStG v. 17.10.2008 § 19 Abs. 2 InsO zunächst dahin gehend geändert wurde, dass eine Überschuldung nur dann ein Insolvenzantragsgrund ist, wenn die Fortführung des Unternehmens nach den Umständen nicht überwiegend wahrscheinlich ist. Diese Regelung galt zunächstvorerst bis 31.12.2013. Durch das Gesetz zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess v. 5.12.2012 wurde dann die Befristung des Überschuldungsbegriffs aufgehoben. Die derzeitige Rechtslage hat deshalb zur Folge, dass bei einer Überschuldung durch die gesetzlichen Vertreter eine Prognose dahin gehend abzugeben ist, ob trotz der Überschuldung von einer Fortführung des Unternehmens auszugehen ist oder nicht. Nach § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO muss hierbei die Fortführung des Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten überwiegend wahrscheinlich sein.
Rz. 38
Ein weiterer Eröffnungsgrund ist nach § 18 InsO die drohende Zahlungsunfähigkeit. Dieser Eröffnungsgrund kommt für alle insolvenzrechtsfähigen Rechtsträger in Betracht und ist gegeben, wenn der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit wahrscheinlicher ist als der Eintritt des Gegenteils. Er gilt indes nur, wenn es sich um einen Eigenantrag des Schuldners handelt. Damit kann kein Gläubiger einen Schuldner bereits bei drohender Zahlungsunfähigkeit mit einem Insolvenzantrag unter Druck setzen. Zudem besteht bei einer drohenden Zahlungsunfähigkeit im Gegensatz zur Zahlungsunfähigkeit und bei der Überschuldung keine Verpflichtung, einen Antrag zu stellen.