Rz. 137
§ 30 Abs. 8 AO wurde mit Wirkung vom 25.5.2018 in die Regelung zum Steuergeheimnis eingefügt. Damit trug der Gesetzgeber den Anforderungen der DSGVO Rechnung.
Abs. 8 gestattet unter Steuergeheimnisgesichtspunkten den Datenabgleich zwischen Finanzbehörden, soweit die Weiterverarbeitung oder Offenbarung dieser Daten zulässig und dieses Verfahren unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen der betroffenen Person und der Aufgaben der Finanzbehörden angemessen ist. Der Wortlaut des Abs. 8, der den Inhalt einer eigenständigen Zulässigkeitsbegründung zur Errichtung eines und Zuführung zu einem automatisierten Verfahren zum Abgleich geschützter Daten suggeriert, wird noch durch die Gesetzesbegründung gestützt. Danach lehnt sich die Regelung des § 30 Abs. 8 AO an § 10 des BDSG a. F. an und regelt, unter welchen Voraussetzungen die Finanzbehörden ein automatisiertes Verfahren zum Abgleich geschützter Daten einsetzen dürfen. Die Gesetzesbegründung greift im vermeintlichen Regelungsgehalt m. E. allerdings zu weit.
Man wird hier weder einer Auslegung nach dem Wortlaut, noch der Gesetzesbegründung folgen können. Gegenstand der Regelungen des § 30 AO ist allein, wann ein Verhalten das Steuergeheimnis verletzt und wann das nicht der Fall ist. § 30 Abs. 8 AO regelt also nicht, wann die Finanzverwaltung sich eines automatisierten Verfahrens bedienen darf, sondern allein, dass der Amtsträger das Steuergeheimnis nicht verletzt, wenn er in Fällen, in denen ein automatisiertes Verfahren zum Abgleich geschützter Daten durch andere Regelungen zugelassen wurde (s. dazu Rz. 141), geschützte Daten im erlaubten Umfang in dieses Verfahren liefert.
Rz. 138
Die Neuregelung des § 30 Abs. 8 AO dient nicht der Aushöhlung des Steuergeheimnisses. Der Gesetzgeber stand mit der Anpassung des § 30 AO an die Anforderungen der DSGVO vor der Herausforderung, die bisher zulässigen Einschränkungen des Steuergeheimnisses auch unter den besonderen Anforderungen der DSGVO beibehalten zu dürfen. Da unter der Geltung der DSGVO davon auszugehen ist, dass die Weiterverarbeitung personenbezogener Daten außerhalb des Bereichs, für den sie originär erhoben wurden, eine Zweckänderung darstellt, hat der Gesetzgeber die Fälle, in denen dies zulässig ist, gesondert in § 29c AO geregelt. Wenn aber schon die Weiterverarbeitung der erhobenen personenbezogenen Daten einer rechtlichen Grundlage bedarf, dann geht der Gesetzgeber konsequenterweise davon aus, dass es auch eines gesonderten Offenbarungstatbestands bedarf, damit die Weiterverarbeitung – und damit ggf. verbundene Weitergabe – der geschützten Daten nicht am Steuergeheimnis scheitert. Dem folgt konsequent auch § 30 Abs. 8 AO.
Rz. 139
Die Datenweitergabe zum automatisierten Abgleich der vom Steuergeheimnis geschützten Daten ist nach § 30 Abs. 8 AO sowohl innerhalb einer Finanzbehörde, als auch zwischen verschiedenen Finanzbehörden zulässig, soweit nach § 29c AO die Weiterverarbeitung und nach § 30 Abs. 4 AO die Offenbarung dieser Daten zulässig ist.
Darüber hinaus muss das Verfahren unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen der betroffenen Person und der Aufgaben der Finanzbehörde angemessen sein. Diese weitere Voraussetzung für die Einrichtung eines automatisierten Verfahrens ergibt sich m. E. bereits aus dem verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und ist daher eher als deklaratorische Ergänzung, denn als eigenständige Voraussetzung zu verstehen. Zugleich dient die Normierung dieser zusätzlichen Einschränkung aber auch der Bestimmtheit der Norm.
Rz. 140
Bei einer Ermächtigungsnorm zur Zusammenführung geschützter Daten zu Zwecken des Datenabgleichs ist zu beachten, dass wegen konkreter Anhaltspunkte oder aufgrund allgemeiner Erfahrungen ein begründeter Anlass gerade für die Heranziehung der genutzten Daten gegeben sein muss. Dies ist gerade auch bei einer Datenauswahl und Zusammenführung unter dem Entscheidungsgesichtspunkt des Steuergeheimnisses von besonderer Bedeutung. Eine Zusammenführung geschützter Daten auf Vorrat zu unbestimmten oder nicht bestimmten Zwecken ist mit dem den Datenschutz und das Steuergeheimnis tragenden Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht vereinbar. Um zur Zulässigkeit der Einrichtung eines automatisierten Verfahrens zum Datenabgleich und zur diesbezüglichen Zuführung geschützter Daten zu kommen, wird man fordern müssen, dass der jeweils Zuständige im Rahmen einer Prognoseentscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen zu dem Ergebnis gelangt, dass die Heranziehung zu steuerlich erheblichen Tatsachen zu führen vermag. Auch dies ist unter Steuergeheimnisgesichtspunkten im Rahmen des § 30 Abs. 8 AO abzuwägen.
Rz. 141
Zwar betreffen die verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine den Datenabgleich in einem automatisierten Verfahren begründenden Norm neben der Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auch die gebotene Normenbestimmtheit und Normenklarheit. Hier findet aber zum einen eine Ausfüllung des § 30 Ab...