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Voraussetzung eines jeden Schuldvorwurfs ist die Fähigkeit des Tatbeteiligten, sich überhaupt normgerecht zu verhalten, also die "Zurechnungsfähigkeit". Hier ist nach dem Lebensalter des jeweiligen Tatbeteiligten zu differenzieren:

  • Bei Kindern (zur Tatzeit noch nicht 14 Jahre alt) wird – unabhängig von ihrem tatsächlichen Reifegrad – die Schuldunfähigkeit unwiderleglich vermutet[1].
  • Jugendliche[2] sind strafrechtlich nur verantwortlich, wenn sie zzt. der Tat nach ihrer sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug sind, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln.[3]
  • Bei Heranwachsenden[4] und bei Erwachsenen (Personen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben) ist grundsätzlich von der Schuldfähigkeit auszugehen. Ausnahmsweise ist jedoch gem. § 20 StGB ein Tatbeteiligter als schuldunfähig anzusehen, der bei der Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tief greifenden Bewusstseinsstörung, wegen Schwachsinns oder wegen einer schweren anderen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

    Es ist somit in einem ersten (biologisch-psychologischen) Schritt festzustellen, ob eine der vorgenannten Störungen vorliegt. In einem zweiten, dem sog. psychologisch-normativen Prüfungsschritt ist zu klären, ob die Einsichtsfähigkeit in das Unrecht der Tat oder die Steuerungsfähigkeit des Täters infolge der Störung nicht mehr gegeben waren.

[2] Zur Tatzeit mindestens 14, aber noch nicht 18 Jahre alt – § 10 StGB i. V. m. § 1 Abs. 2 JGG.
[4] Zur Tatzeit mindestens 18, aber noch nicht 21 Jahre alt – § 10 StGB i. V. m. § 1 Abs. 2 JGG.

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