Rz. 57
Obwohl die Anschlussrevision in der FGO nicht ausdrücklich vorgesehen ist, ist sie auch im finanzgerichtlichen Verfahren zulässig. Bisher wurde zwischen selbstständiger und unselbstständiger Anschlussrevision unterschieden. Selbstständig war die Anschlussrevision, wenn sie der Revisionsbeklagte innerhalb der Revisionsfrist eingelegt hatte. Sie wurde zur selbstständigen Revision, d. h. zu einer normalen Revision, wenn die Hauptrevision zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wurde, und unterlag nunmehr den allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Revision. Die Anschlussrevision wurde als unselbstständige Anschlussrevision bezeichnet, wenn sie erst nach Ablauf der einmonatigen Revisionsfrist eingelegt wurde. Sie war abhängig von der Revision (Hauptrevision) des Revisionsklägers.
Mit der Neuregelung der Anschlussrevision in § 554 ZPO ab 2002 ist die selbstständige Anschlussrevision entfallen. Für sie besteht kein Bedürfnis. Denn der Revisionsbeklagte kann innerhalb der Revisionsfrist unabhängig von der Hauptrevision unter den gleichen Voraussetzungen ebenfalls Revision einlegen, wenn er durch das FG-Urteil beschwert ist.
Rz. 58
Die Anschlussrevision nach § 155 FGO i. V. m. § 554 ZPO n. F. ist daher stets i. d. S. unselbstständig, d. h. akzessorisch, gegenüber der Hauptrevision, dass sie die Anhängigkeit der Hauptrevision voraussetzt. Sie kann nicht weiter gehen als die Hauptrevision. Sie verliert ihre Wirkung verliert, wenn die Hauptrevision zurückgenommen oder als unzulässig verworfen worden ist.
Wie für die Revision gilt auch für die Anschlussrevision der Vertretungszwang nach § 62 Abs. 4 FGO.
Die Einlegung erfolgt durch eine Revisionsanschlussschrift beim BFH. Die ausdrückliche Bezeichnung als Anschlussrevision ist nicht erforderlich. Es genügt, dass erkennbar wird, dass eine Abänderung der Vorentscheidung begehrt wird.
Die Anschlussrevision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Revisionsbegründung einzulegen und zu begründen. Werden innerhalb der Revisionsbegründungsfrist neue Revisionsgründe vorgetragen, wird mit der Zustellung dieser Revisionsbegründungsschrift die Anschluss- und Begründungsfrist erneut in Lauf gesetzt. Anders als für die Revision ist für die Anschlussrevision die Begründungsfrist nicht verlängerbar.
Ist ungewiss, ob die Frist für die Einlegung einer selbstständigen Anschlussrevision gewahrt ist, kann die unselbstständige Anschlussrevision auch nur hilfsweise eingelegt werden. Rechtsmittel können zwar nicht unter einer Bedingung eingelegt werden (Rz. 10). Die unselbstständige Anschlussrevision stellt indes kein Rechtsmittel dar. Da sie kein selbstständiges Verfahren einleitet, kann sie unter einer innerprozessualen Bedingung eingelegt werden. Im Gegensatz zu einer bedingten Klageerhebung oder bedingten Rechtsmitteleinlegung bleibt der Bestand des Verfahrens nicht in der Schwebe.
Die Anschließung verlangt eine eigene Beschwer des Anschließenden. Eine Beschwer durch die Kostenentscheidung genügt. Die Anschlussrevision kann verfahrensrechtlich auf den Kostenausspruch beschränkt werden. Der Anschlussrevisionsführer muss geltend machen, durch das FG-Urteil beschwert zu sein. Der Antrag, die Revision des Klägers zurückzuweisen, genügt nicht und führt zur Unzulässigkeit der Anschlussrevision. Denn er bringt nicht zum Ausdruck, inwieweit der Anschlussrevisionsführer beschwert ist und er eine Änderung des FG-Urteils zu seinen Gunsten anstrebt.
Im Übrigen muss sie das angefochtene Urteil bezeichnen, die anhängige Hauptrevision und den Antrag, was über die Abweisung der Hauptrevision hinaus begehrt wird, enthalten. Die Anschlussrevision muss nicht ausdrücklich als solche bezeichnet werden. Es genügt, wenn der Wille erkennbar wird, ebenfalls eine Abänderung des FG-Urteils zu erreichen. Wird im Rahmen der Revisionserwiderung beantragt, die Steuer über den vom FG gewährten Betrag hinaus niedriger festzusetzen, ist dieser Antrag als Anschlussrevision auszulegen.
Die Anschlussrevision privilegiert den anschließenden gegenüber dem an die Rechtsmittelfrist gebundenen (Haupt-)Revisionskläger. Die Anschlussrevision ist kein Rechtsmittel, sondern ein Angriffsmittel sui generis; sie ist lediglich ein Antrag innerhalb der (Haupt-)Revision. Sie bedarf daher keiner besonderen Rechtsmittelbelehrung.
Mit der Anschlussrevision kann daher die Nachprüfung des mit der Revision wegen eines bestimmten Streitjahres angefochtenen FG-Urteils nicht auf ein anderes Streitjahr ausgedehnt werden. Umfasste die Klage mehrere Verwaltungsakte (z. B. bei mehreren Streitjahren) und wurde nur wegen eines Streitjahres Revision eingelegt, kann nicht im Wege der Anschlussrevision ein anderes Streitjahr in die Revisionsentscheidung einbezogen werden; diese Anschlussrevision ist unzulässig. Die Zulässigkeit setzt voraus, dass sich die Anschlussrevision auf den Streitgegenstand der Hauptrevision bezieht.
Die Anschlussrevision muss sich gegen einen Bete...