Rz. 11
Die Anfechtungsklage dient der Abwehr hoheitlicher Eingriffe durch die Finanzbehörden und ist ihrem Charakter nach eine Gestaltungsklage. Allerdings gewährt die Anfechtungsklage nach § 40 Abs. 1 1. Alt. FGO ihrem Wortlaut nach Rechtsschutz nur in Fällen, in denen die Finanzbehörden durch Verwaltungsakt i. S. des § 118 AO gehandelt haben. Es reicht daher nicht aus, dass der Kläger das Vorliegen eines Verwaltungsakts behauptet. Sofern die Finanzbehörde aber in Gestalt eines Verwaltungsakts gehandelt hat, kommt es für die Zulässigkeit der Anfechtungsklage nicht darauf an, ob sie auch zu Recht durch Verwaltungsakt handeln durfte. Dies ist eine Frage der Begründetheit der Anfechtungsklage. Nach alledem ist die Anfechtungsklage daher unstatthaft, wenn im Zeitpunkt der Klageerhebung ein Verwaltungsakt als anfechtbarer Verfahrensgegenstand (noch) nicht vorliegt. Eine solche Klage wird auch nicht dadurch zulässig, dass nach Klageerhebung die angefochtene Verwaltungsentscheidung nachträglich ergeht. Die verfrüht erhobene Anfechtungsklage ist daher unheilbar unzulässig. Rechtsschutz kann in den Fällen, in denen ein Verwaltungsakt noch nicht ergangen ist, allenfalls nur durch eine allgemeine Leistungsklage i. S. des § 40 Abs. 1 3. Alt. FGO (Rz. 53) oder eine Feststellungsklage i. S. des § 41 Abs. 1 FGO erlangt werden. Ggf. kommt eine Umdeutung der verfrüht erhobenen Anfechtungsklage in Betracht (Rz. 10).
Rz. 12
Eine Anfechtungsklage kann nach dem Primat des nachgängigen Rechtsschutzes deshalb auch nicht vor Erlass des Verwaltungsakts erhoben werden. Allenfalls kommt in dieser Konstellation eine vorbeugende Unterlassungsklage i. S. des § 40 Abs. 1 3. Alt. FGO in Betracht (Rz. 53). Eine Anfechtungsklage scheidet ebenfalls aus, wenn sich der Verwaltungsakt vor Erhebung der Anfechtungsklage erledigt hat. Erledigt sich der angefochtene Verwaltungsakt während des Klageverfahrens, wird die erhobene Anfechtungsklage ebenfalls unzulässig. Um eine Klageabweisung als unzulässig zu vermeiden, kann der Kläger die Klage zurücknahmen, den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklären oder seine ursprünglich auf Aufhebung gerichtete Anfechtungsklage in eine sog. Fortsetzungsfeststellungsklage gem. § 100 Abs. 1 S. 4 FGO ändern.
Rz. 13
Die Anfechtungsklage kann sich gem. § 40 Abs. 1 1. Alt. Unteralt. 1 FGO in Gestalt der sog. Aufhebungsklage i. S. des § 100 Abs. 1 FGO auf Aufhebung (Kassation) des angefochtenen Verwaltungsakts und in den Fällen des § 100 Abs. 2 FGO in Gestalt einer sog. Abänderungsklage gem. § 40 Abs. 1 1. Alt. Unteralt. 2 FGO auch auf die Änderung eines Verwaltungsakts richten. Die Anfechtungsklage in Gestalt der Abänderungsklage ist regelmäßig geboten, wenn die Finanzbehörde abweichend von der Steuererklärung oder einem Antrag des Stpfl. den "Geldbetrag" in anderer Höhe festgesetzt hat und mit dem Klagebegehren eine inhaltliche Änderung erreicht werden soll.
Aufhebungsantrag: Der Kläger beantragt, den Einkommensteuerbescheid ... vom ... in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ... aufzuheben.
Änderungsanträge:
(Antrag auf Festsetzung eines bestimmten Steuerbetrages) Der Kläger beantragt, den Einkommensteuerbescheid ... vom ... in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ... dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer auf ... EUR herabgesetzt wird.
(Antrag auf Änderung einzelner Besteuerungsgrundlagen) Der Kläger beantragt, den Einkommensteuerbescheid ... vom ... in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ... dahingehend zu ändern, dass
a) bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit weitere Werbungskosten in Höhe von ... EUR und
b) weitere Sonderausgaben in Höhe von ... EUR
berücksichtigt werden und die Einkommensteuer ... entsprechend herabgesetzt wird.
2.3.1.1 Anfechtung unwirksamer Verwaltungsakte
Rz. 14
Die Anfechtungsklage erlaubt ausnahmsweise auch die Anfechtung eines nach § 125 AO nichtigen Verwaltungsakts, obwohl ein nichtiger Verwaltungsakt gem. § 124 Abs. 3 AO unwirksam i...