Rz. 8
Die Klage ist nach § 45 FGO ohne Vorverfahren zulässig. Dies bedeutet m. E., dass im Zeitpunkt der Klageerhebung ein Vorverfahren nicht anhängig sein darf. Demgemäß können m. E. das Einspruchsverfahren und die Klage desselben Einspruchsführers bzw. Klägers hinsichtlich desselben Verwaltungsakts nicht nebeneinander anhängig sein. Der Kläger hat das Wahlrecht hinsichtlich der verfahrensmäßigen Gestaltung seines Rechtsschutzes nur alternativ zwischen Sprungklage und Einspruchsverfahren und nicht kumulativ als Rechtsschutzerweiterung.
Die Nichtanhängigkeit des Einspruchsverfahrens ist nach dem Wortlaut des § 45 FGO m. E. eine Zugangsvoraussetzung der Sprungklage.
Rz. 9
Bei diesem Ausgangspunkt (Rz. 8) ist m. E. ein Übergang vom Einspruch zur Sprungklage und umgekehrt von der Sprungklage zum Einspruch ohne Rücknahme des jeweiligen Rechtsbehelfs nicht zulässig. Hier ergibt sich folgende Verfahrenslage:
Rz. 9a
Wird die Sprungklage erhoben, während das Einspruchsverfahren noch anhängig ist, so ist sie m. E. demgemäß von vornherein unzulässig. Während eines anhängigen Einspruchsverfahrens kann die Sache nur über die Untätigkeitsklage nach § 46 Abs. 1 FGO rechtshängig gemacht werden. Die Sprungklage ist demgemäß erst nach Rücknahme des Einspruchs gem. § 362 AO statthaft. Die Klageerhebung selbst kann auch nicht als konkludente Einspruchsrücknahme angesehen werden. Das FG hat die unzulässige Sprungklage durch Urteil zu verwerfen. Eine formlose Abgabe (Rz. 24) kann nicht erfolgen, da hierdurch hinsichtlich desselben Verwaltungsakts unzulässig zwei Einspruchsverfahren anhängig wären (Rz. 24).
Die Zulässigkeit der Sprungklage ist nur davon abhängig, dass kein Einspruch gegen den Verwaltungsakt eingelegt ist (Rz. 8). Unbeachtlich ist, ob ein eingelegter Einspruch selbst zulässig ist (Rz. 13). Die Unzulässigkeit des Einspruchs kann also nicht durch eine zulässige Sprungklage geheilt werden. Liegt ein Einspruchsverzicht nach § 354 AO vor, so bindet die durch den Verzicht eingetretene Bestandskraft das FG auch im Sprungklage-Verfahren und bewirkt deren Unbegründetheit (§ 44 FGO Rz. 21a).
Rz. 9b
Wird nach Erhebung der Sprungklage ein Einspruch eingelegt, so wird die Klage nachträglich unzulässig. Durch die Klageerhebung wird das Wahlrecht hinsichtlich des Rechtsschutzwegs insoweit nicht eingeschränkt, insbesondere stellt die Klageerhebung vor der Einspruchseinlegung keinen Einspruchsverzicht dar, da dies auch der abschließenden und eindeutigen Verzichtsregelung des § 354 AO widersprechen würde. Das Wahlrecht wird nur insofern zeitlich beschränkt, als die Einspruchseinlegung und der damit verbundene Wechsel von der Klage in das Einspruchsverfahren nur innerhalb der Einspruchsfrist erfolgen können. Über die unmittelbare Klagemöglichkeit kann eine Verlängerung der Einspruchsfrist nach § 355 AO nicht erreicht werden. Das FG hat die unzulässige Klage durch Urteil zu verwerfen, ein Zurückweisungsbeschluss (Rz. 25) kommt nicht in Betracht (Rz. 9).
Die Sprungklage wird aber nur dann unzulässig, wenn die nachträgliche Einlegung des Einspruchs in der in § 357 AO vorgesehenen Form erfolgt. Durch eine gegenüber dem FG abgegebene Erklärung, statt der Klage das reguläre Einspruchsverfahren durchführen zu wollen, wird die Klage nicht zum Einspruch. Die Erklärung kann allenfalls als Rücknahmeerklärung hinsichtlich der Klage gewertet werden (§ 72 FGO Rz. 29).
Rz. 10
Demgegenüber hält die h. M. basierend auf der BFH-Rechtsprechung zur früheren Gesetzesfassung des § 45 FGO, einen Übergang vom Einspruch zur Sprungklage innerhalb der Klagefrist und umgekehrt von der Sprungklage zum Einspruch für zulässig, ohne Rücknahme des jeweiligen Rechtsbehelfs. Hier wird eine nicht kodifizierte Übergangsform zwischen den verschiedenen Rechtsbehelfen angenommen, wenn nur einer durchgeführt werden soll.
Rz. 11–12 einstweilen frei