Rz. 19

Als Prozesshandlung ist die Klagerücknahme bedingungsfeindlich und muss eindeutig sein (Rz. 5f.).

 

Rz. 20

Aus der Rücknahmeerklärung muss daher der Wille des Klägers, von der weiteren Durchführung des Verfahrens Abstand nehmen zu wollen, hinreichend klar und widerspruchsfrei erkennbar werden.[1] Die Rücknahme kann daher nur dann angenommen werden, wenn dies in der Prozesserklärung hinreichend deutlich zum Ausdruck gekommen ist.[2] Als prozessuale Willenserklärung ist eine Rücknahmeerklärung und damit der Wille des Erklärenden erforderlichenfalls entsprechend §§ 133, 157 BGB einer Auslegung zugänglich.[3] Der in der Erklärung verkörperte wirkliche Wille ist anhand der erkennbaren Umstände zu ermitteln. Die Rücknahmeerklärung setzt nicht die Verwendung des Wortes "Rücknahme" voraus; es genügt, dass die Absicht zur Rücknahme hinreichend deutlich gemacht wird.[4] Entscheidend ist, wie das Gericht in Kenntnis aller Umstände des Falls den objektiven Erklärungswert der Rücknahmeerklärung verstehen musste.[5] Dabei ist eine unklare Erklärung im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG im Zweifel i. S. einer rechtsschutzgewährenden Auslegung von Verfahrensnormen so auszulegen, dass das Ergebnis dem Willen eines verständigen Beteiligten entspricht.[6]

Bei der Auslegung der Prozesserklärung sind nicht nur die Erklärung selbst, sondern auch andere dem Gericht bekannte Umstände und der Zusammenhang, in dem die Erklärung abgegeben wurde, zu würdigen.[7] Bei eindeutigen Erklärungen von sachkundigen Prozessvertretern werden an eine Auslegung oder gar Umdeutung allerdings strenge Maßstäbe angelegt.[8] Im Zweifel ist beim Kläger nachzufragen, ob er an der Klage festhalten oder diese zurücknehmen will.

 

Rz. 21

Die Äußerung eines Klägers bzw. Rechtsmittelführers, ein Verfahren "solle nicht fortgeführt werden", ist als Rücknahme zu werten.[9] In der wiederholten Erklärung, dass eine erhobene Klage nicht als solche behandelt werden soll und nicht durchgeführt werde, liegt die Erklärung der Rücknahme der Klage.[10] Ebenso soll ein Schreiben des Klägers an das FG, in dem die Bitte geäußert wird, den Einspruch zurückzuziehen, ohne dass es zur Verhandlung und damit zu Kosten komme, als Rücknahme der von einem Prozessbevollmächtigten eingelegten Klage auszulegen sein.[11] Demgegenüber soll allerdings in der Erklärung des Klägers, er sei "nicht in der Lage, irgendwelche Prozesse zu führen" und er wollte "den Prozess verhindert" wissen, wegen der erforderlichen Eindeutigkeit keine Rücknahmeerklärung der Klage gesehen werden.[12]

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